Unterhaltung und Informationen versorgen, Autos
autonom fahren lassen, Uber und Lyft ihre Fahr-
dienste ermöglichen oder die Deutsche Bahn wis-
sen lassen, wo Bäume ihre Gleise blockieren.
Deutschland hat keinen Musk und keinen Bezos.
Doch auch für die Bundesrepublik bietet die Raum-
fahrt-Bonanza vielfältige Chancen. Die deutsche In-
genieurs- und Tüftlerexpertise ist wie geschaffen
für den Weltraummarkt. Zuverlässigkeit und Inno-
vation sind lebenswichtig im Weltraum, die Ver-
schmelzung von Software und IT mit mechani-
scher Meisterschaft dringende Voraussetzung – al-
les bekannte Stärken deutscher Firmen, Industrie
4.0 in Reinform.
Musk ist der Antreiber bei Space X, aber angelei-
tet werden die Ingenieure und Experten von einem
Deutschen, Hans Koenigsmann. „Wer nicht wagt,
der nicht gewinnt“, sagt Koenigsmann, Chefinge-
nieur bei Space X, im Interview mit dem Handels-
blatt (siehe Seite 57).
Europäisch-deutsche Firmen wie Airbus oder
OHB in Bremen setzten bereits viele Milliarden Euro
in der Raumfahrt um. Airbus beispielsweise liefert
das Servicemodul für die bemannte Nasa-Raumkap-
sel Orion. Zahlreiche Start-ups vor allem um Bre-
men und München arbeiten zudem an kleinen,
aber wichtigen Projekten für die Weltraumwirt-
schaft. „Das halbe Orion-Raumschiff wird in Bre-
men gebaut. Wir liefern den Amerika-
nern damit den Weg zum Mond“,
sagt Thomas Jarzombek stolz,
der Raumfahrtkoordinator
der Bundesregierung.
Im Bundeswirtschafts -
ministerium von Peter
Altmaier kämpft Jar-
zombek für die Aus-
weitung der Raum-
fahrtprogramme. 855
Millionen Euro für die
Programme der euro-
päischen Raumfahrtbe-
hörde European Space
Agency (ESA) sieht der
Bundeshaushalt 2020 vor –
Jarzombek hätte sich eine
Milliarde gewünscht. Das natio-
nale deutsche Programm enthält
zusätzlich 297 Millionen Euro.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder
kündigte an, in den nächsten Jahren 700 Millio-
nen Euro für ein bayerisches Luft- und Raumfahrt-
Zukunftsmarkt Weltraum
WOCHENENDE 7./8./9. NOVEMBER 2019, NR. 216^51
Umsatz
400
MILLIARDEN
Dollar pro Jahr – so hoch ist der
jährliche Umsatz in der
Weltraumwirtschaft. Bis 2030 soll
sich der Wert verdoppeln.
Quelle: UBS
Viertel der Umsätze entfällt auf staatliche Raum-
fahrtprojekte, drei Viertel auf Privatwirtschaft.
Neben Musk sind es vor allem zwei weitere illus-
tre Unternehmer, die diesen Trend erkannt und ge-
nutzt haben: Amazon-Gründer Jeff Bezos gründete
das Raumfahrtunternehmen Blue Origin. Der briti-
sche Multiunternehmer Richard Branson brachte
vor wenigen Tagen seine Raumfahrtsparte Virgin
Galactic an die Börse. Was alle drei antreibt, ist ne-
ben der ewigen Faszination des Alls vor allem die
Aussicht auf stetig sinkende Grenzkosten. Welt-
raumtechnik werde durch Erfindungen und Unter-
nehmertum schon bald 100-mal weniger kosten als
derzeit, ist Bezos überzeugt, und das werde eine
„völlig neue Welt“ eröffnen. „Kreativität, Dynamik,
ihr werdet die gleichen Dinge im Weltraum sehen,
die ich in den vergangenen 20 Jahren im Internet
erlebt habe.“
Der entscheidende Unterschied: Bezos und Bran-
son setzten auf Touristenflüge ins All. Ein Zukunfts-
markt, der die in ihn gesetzten Hoffnungen erst
noch erfüllen muss. Auch Musk ist nie um eine
hochfliegende Vision verlegen. Doch zugleich steckt
er tief drin im momentanen Brot-und-Butter-Ge-
schäft der Raumfahrt: zu möglichst geringen Kosten
Satelliten im Weltraum zu platzieren, die uns mit
Profit
im Orbit
Der Weltraum – unendliche Umsatzweiten: Rund
um die Raumfahrt ist ein Milliardenmarkt entstanden.
Die Kosten für Satellitenstarts sinken rasant und
ermöglichen neue Geschäftsmodelle, bei denen auch
deutsche Unternehmen vorn mitspielen.