- (2) Jean Ziegler
Was ist so schlimm am
Kapitalismus?
C. Bertelsmann,
München 2019,
128 Seiten, 15 Euro - (3) Dirk Müller
Machtbeben
Heyne, München 2018,
352 Seiten, 22 Euro - (5) Brigitte
Wallstabe-Watermann,
Antonie Klotz,
Gisela Baur,
Hans G. Linder
Anlegen mit ETF
Stiftung Warentest,
Berlin 2018,
176 Seiten, 19,90 Euro - (4) Ray Dalio
Die Prinzipien des Erfolgs
Finanzbuch, München 2019,
688 Seiten, 29,99 Euro - (6) Peter Frankopan
Die neue Seidenstraße
Rowohlt, Berlin 2019,
352 Seiten, 19,99 Euro - (8) Ashlee Vance
Elon Musk
Finanzbuch, München 2015,
368 Seiten, 19,99 Euro - (9) Gerd Kommer
Souverän investieren mit
Indexfonds und ETFs
Campus, Frankfurt 2018,
416 Seiten, 32 Euro - (1) Ulrike Herrmann
Deutschland, ein
Wirtschaftsmärchen
Westend, Frankfurt 2019,
256 Seiten, 17,99 Euro - (10) Beate Sander
Der Aktien- und Börsen-
führerschein
Finanzbuch, München 2018,
336 Seiten, 29,99 Euro - (-) Dirk Rossmann
Peter Käfferlein,
Olaf Köhne
„... dann bin ich auf den
Baum geklettert!“
Ariston, München 2018,
240 Seiten, 20 Euro
Meistverkaufte
Wirtschafts -
bücher in
Deutschland
BESTSELLER
Literatur
(^60) WOCHENENDE 7./8./9. NOVEMBER 2019, NR. 216
Eastblockworld.com
Sie bekamen
keine Chance,
ein Leben
jenseits
staatlicher
Alimentierung
zu entfalten.
Ilko Sascha Kowalczuk
Historiker
Das Land,
das man
Zone nannte
Drei Ostdeutsche schreiben
über Ostdeutschland:
Von der Einheit keine Spur.
Hans-Jürgen Jakobs München
Z
u den wirklich großen Ereignissen
der Welt stellt sich eine simple Fra-
ge: „Und wo warst du?“ Und dann
erinnert sich der Befragte, was er
oder sie am 11. September 2001 ge-
macht hat, damals, als die Zwillingstürme in New
York fielen, und natürlich auch, wie das am
- November 1989 war, als in Berlin die Mauer
fiel. Das ist sozusagen die Schokoladenschicht,
die manchmal über der Zeitgeschichte liegt.
Wenn es um die deutsche Einheit geht, ist die-
se Schicht dahingeschmolzen. Heute, 30 Jahre
nach dem Anfang vom Ende der Deutschen De-
mokratischen Republik (DDR), nach Öffnung der
Grenzstation „Bornholmer Straße“, drängt sich
der Eindruck von „Westalgie“ auf, vom einseiti-
gen Beschwören eines historischen Moments der
Freude, der aber eben nur für einen Teil der
Deutschen – diejenigen in der alten Bundesrepu-
blik – das Glück verlängert hat, auf der Sonnen-
seite der Geschichte zu leben.
Auf der Mauer in den Novembertagen 1989
standen ja vor allem Westdeutsche und angereis-
te Zeitzeugentouristen. Die soeben freigelassenen
Brüder und Schwestern waren noch mit den Er-
kundungen der kapitalistischen Konsumland-
schaft beschäftigt.
Unter den vielen Büchern zur deutschen Ein-
heit fallen jene auf, die das Großereignis aus
Sicht der Befreiten, Beitretenden, Übernomme-
nen, Angeschlossenen reflektieren. Alles aus dem
Selbstverständnis heraus, was die DDR einmal
war und was aus ihr wurde, was das große Pro-
jekt mit den Ostdeutschen machte. Solche Gri-
saillen zu einem anhaltenden Post-Merger-Syn-
drom leisten der Historiker Ilko Sascha Ko-
walczuk (in ruhiger, akademischer Manier), der
Soziologe Steffen Mau (ebenfalls getragen im
Ton, konzentriert auf seine Geburtsstadt Rostock
und den Neubaustadtteil Lütten Klein) sowie der
Journalist Matthias Krauß, der im Grunde eine
höchst emotionale Trauerrede hinlegt.
Die vielen Heldensagen zum 30. Geburtstag,
die Erzählungen von neuen Autobahnen und Te-
lefonkabeln und der Eiserne-Vorhang-fällt-Süß-
stoff werden hier konterkariert durch Befindlich-
keits-Testate aus der einstigen „Zone“ selbst, vor-
gelegt von drei ostdeutschen Autoren, die
teilhaben lassen: an ihren Hoffnungen und Ent-
täuschungen, an Lust und Frust. Aus dieser Art
Einheitsliteratur lässt sich schließen, dass etwas
gewaltig schiefgelaufen ist, dass die vielen Milliar-
den an Transferleistungen keinen Zusammenhalt
brachten, dass die Störfälle der AfD im Osten nur
das klarste Symptom für eine fehlende nicht-mo-
netäre Aufbauarbeit ist. „Ich hänge nicht an die-
sem Land, aber es ist verdammt schwer, es loszu-
werden“, hat der Schriftsteller Eugen Ruge ein-
mal formuliert.
Tief gespalten und zerrissen
Er habe nach 1989 zunächst in einer Blase gelebt,
schreibt der Historiker Kowalczuk in „Die Über-
nahme“, es zählte nur „Freiheit, Freiheit, Frei-
heit“. Dann aber kam die Finanzkrise 2008, und
er merkte, dass ihm das in der DDR erworbene
Vokabular, das sich so kontaminiert angefühlt
hatte, plötzlich „immer nützlicher und treffender
erschien“.
Bei seinen Landsleuten konstatiert er, dass vie-
le tief enttäuscht wurden, „nicht nur weil sie
überspannte Erwartungen hatten, sondern weil
sie gar keine Chance bekamen, ein Leben jen-
seits staatlicher Alimentierungen zu entfalten“.
Ostdeutschland erscheine wie vor 1989 „als eine
stark fragmentierte, tief gespaltene, in sich zerris-
sene und zerstrittene Gesellschaft“. Sicher, Hel-
mut Kohls „blühende Landschaften“, ein Klassi-
ker der Wahlpropaganda, hat sich in Gestalt
schönerer Dörfer und Städte sowie geputzter
Landschaften dem Wortsinn nach vielleicht er-
füllt, nicht aber im Wiederaufblühen von Indus-
trie und Wirtschaft. Und damit fehlen auch Bür-
gersinn und Bürgerstolz.
Die Bestsellerliste wird für das
Handelsblatt monatlich vom
Campo-Data erhoben. Aus-
gewertet werden die Zahlen
von Buchhandlungen, Ver-
lagen und Internetverkäufen.
Die aktuelle Liste berück-
sichtigt den Verkauf vom 1. bis
zum 29. Oktober 2019.
Erfolgsge-
schichte
Die Biografie
des Rossmann-
Erfinders
schafft es ein
Jahr nach der
Erstveröffent-
lichung wieder
in die Bestsel-
lerliste.