Die Welt - 02.11.2019

(Brent) #1

E


ine Art Heiligenschein umgibt die Kanzle-
rin. Neu-Delhi schmeichelt Angela Merkel,
mit auffallend verbreiterten Schultern, mit
tiefroten Lippen und einem filmstargleichen Lä-
cheln. Der gesamte Weg vom Flughafen zu ihrem
Hotel ist im Abstand von wenigen Dutzend Me-
tern mit großen Merkel-Plakaten geschmückt.
„„„Willkommen“ steht darauf in Deutsch und Hindi.Willkommen“ steht darauf in Deutsch und Hindi.
AAAber auch in der Stadt, an allen Straßen, die dieber auch in der Stadt, an allen Straßen, die die
Kanzlerin bei ihrem zweitägigen Besuch anläss-
lich der fünften deutsch-indischen Regierungs-
konsultationen auch nur streift, finden sich die
großen Tafeln. Als stünde Merkel hier bald zur
WWWahl.ahl.

VON THOMAS VITZTHUM
AUS NEU-DELHI

AAAuf einigen Plakaten teilt sie sich den Platz mituf einigen Plakaten teilt sie sich den Platz mit
Narendra Modi, dem indischen Premier. Merkels
Besuch ist für ihn innenpolitisch ein echtes Pfund.
Dass Merkel nur mit drei Ministern angereist ist,
den Ressortchefs für Landwirtschaft, Forschung

und Außenpolitik, quittieren die Inder mit Gleich-
mut. In anderen Ländern würde da genauer
durchgezählt, in China etwa. Nicht so hier, hier
kommt es allein auf Merkel an. Demonstriert wird
dies auch beim Empfang mit militärischen Ehren
am Rashtrapati Bhavan, dem Amtssitz des Präsi-
denten. Während der Premier ohne Pomp mit

dem Auto vorfährt, aussteigt und sich gleich zu
den übrigen Delegationsteilnehmern stellt, muss
Merkel allein zur Mitte des gewaltigen Vorplatzes
gehen, um die Hymnen abzunehmen. Modi bleibt
indes, wo er ist. Das ist Tradition in Indien, und
doch gibt es diesmal einen Unterschied. Merkel
im roten Blazer sitzt wie zuletzt üblich bei der Ze-

remonie. Und die Inder haben ihr fast einen
Thron unter den dunkelroten Baldachin auf das
Podium gestellt. Merkel als Monarchin. Später, bei
der Pressekonferenz mit Modi, steht sie wieder
aaauf einem Podest, dabei ist der Gastgeber genausouf einem Podest, dabei ist der Gastgeber genauso
groß wie sie.
Bei diesem Besuch wird der arge Kontrast of-
fffensichtlich zwischen der Debatte um die Kanzle-ensichtlich zwischen der Debatte um die Kanzle-
rin in Deutschland und ihrer internationalen Re-
putation. Mancher zu Hause wirft ihr vor, abge-
taucht, entrückt zu sein, die Dinge nur noch lau-
fffen zu lassen. In Indien käme niemand auf dieen zu lassen. In Indien käme niemand auf die
Idee, Merkels Regierung als „grottenschlecht“
aaauch nur wahrzunehmen, geschweige denn sie souch nur wahrzunehmen, geschweige denn sie so
zu bezeichnen, wie es Ex-Unionsfraktionschef
Friedrich Merz getan hat. Als „eine der Führungs-
persönlichkeiten in der Welt, eine Freundin In-
diens, eine persönliche Freundin für mich“, rühmt
sie Modi.
Am Donnerstag, als die Kanzlerin nach Indien
aaaufbrach, fühlten sich dagegen 15 CDU-Abgeord-ufbrach, fühlten sich dagegen 15 CDU-Abgeord-
nete aus dem Bundestag sogar bemüßigt, der
Kanzlerin per Aufruf zu Hause beizuspringen. Sie

ffforderten ein Ende der Debatten in der CDU überorderten ein Ende der Debatten in der CDU über
die Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer,
aaaber auch über die Leistung der Bundeskanzlerin.ber auch über die Leistung der Bundeskanzlerin.
Eine solch konzertierte Aktion ist auch deshalb
selten, weil Parlamentarier damit als Verteidiger
der Regierung auftreten. Das entspricht nun
wirklich nicht ihrer Berufsbeschreibung. Doch es
zeigt, wie aufgewühlt die CDU derzeit ist. Dieje-
nige, die neben Kramp-Karrenbauer im Zentrum
der Kritik steht, scheint von all dem in keiner
WWWeise angefochten. „Ich freue mich, dass ich füreise angefochten. „Ich freue mich, dass ich für
meine Arbeit auch sehr viel Unterstützung habe.
Wir leben in Demokratien, da müssen wir mit
Kritik umgehen“, sagt sie in Delhi. Mehr lässt sie
sich nicht entlocken.
Merkel hat wohl einfach eine ganz andere Vor-
stellung davon, was das Tagesgeschäft einer Kanz-
lerin im Jahr 2019 zu sein hat. Parteiinterne Schar-
mützel oder das Parieren einer Merz’schen Suada
gehören nicht (mehr) dazu. Sehr wohl aber die
Pflege und der Erhalt von internationalen Allian-
zen, die Unterstützung von Partnern, die wie In-
dien noch an den Multilateralismus und an ein re-

„Zu glauben, die Frage des Antisemitismus könne nur durch gut gemeinte Reden oder einen Beschluss im Bundestag gelöst werden, ist naiv“: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak (l.) und Rabbiner Yehuda Teichtal

MARTIN U. K. LENGEMANN/WELT

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02.11.19 Samstag, 2. November 2019DWBE-HP


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6 POLITIK *DIE WELT SAMSTAG,2.NOVEMBER


„„„Wir sollten mehrWir sollten mehr


Selbstbewusstsein


verbreiten,


mehr


Liebe“


Der Angriff in Halle hat auch eine verunsicherte deutsche Gesellschaft getroffen. Wie gefährlich ist der Antisemitismus in Deutschland?


Was ist neu daran, was alt? Und vor allem: Was ist zu tun? Wir haben Rabbiner Yehuda Teichtal und CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak gefragt


Merkel taucht wieder auf –


in Indien


Die Debatte um ihre Person und Regierung lässt die


Bundeskanzlerin beim Staatsbesuch in Neu-Delhi völlig kalt.


Ihre Reise nach Südasien nutzt sie dazu, die Bürger wieder


einmal daran zu erinnern, worauf es in der Politik auch und


vielleicht wirklich ankommt


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