von kito nedo
R
udolf Zwirner ist eine imposan-
te Erscheinung. Der 86-Jähri-
ge gilt als Grandseigneur des
deutschen Kunsthandels. Als
er in den Räumen der des Berli-
ner Auktionshauses Grisebach seine Erin-
nerungen vorstellte („Ich wollte immer Ge-
genwart“, Wienand Verlag 2019, 25 Euro),
drängte sich das Publikum bis in das Trep-
penhaus der Charlottenburger Stadtvilla.
Zeit für ein Gespräch über den Aufbruch
der Kunststadt Köln in den Sechzigern
und ein Leben als Kunsthändler.
SZ: Herr Zwirner, die Kölner Kunstmesse
gilt als die älteste Messe der Welt. Die
wichtigste Messe aber findet in Basel
statt. Warum?
Rudolf Zwirner:Wir haben bei der Grün-
dung mehrere Fehler gemacht. Es gab ja
zuvor keine Messe. Aber man musste ir-
gendwie anfangen. Bei den achtzehn Gale-
rien, die wir für den ersten Kölner Kunst-
markt im September 1967 zusammenge-
trommelt hatten, waren höchstens zehn
ernst zu nehmende Aussteller dabei. Die
ausländischen Galerien wurden anfangs
nicht eingeladen, weil wir die Konkurrenz
scheuten. Kaufmännisch war das nicht
falsch gedacht, aber trotzdem auch nicht
richtig. Zudem spielten der Ort und die
Zeit eine große Rolle.
Inwiefern?
Ernst Beyeler, einer der Mitinitiatoren der
Art Basel, wusste, wann die amerikani-
schen Kunden nach Europa kamen: im-
mer vor der großen Sommerpause. Da-
mals machten alle in Italien oder Griechen-
land Ferien. Sie fuhren durch Südeuropa.
Aber was ich damals nicht durchschaute:
Basel war nicht einzuholen. Dort fand der
Geldwechsel statt. Alle Händler und alle
Sammler hatten Schweizer Konten. Alle
kamen einmal im Jahr im Juni. Dann hol-
ten sie ihre Dividenden meist in Cash. An-
schließend gingen sie auf die Messe und
kauften sich Bilder.
Seit ein paar Jahren hört man das Wort
der „Messemüdigkeit“. Stimmen Sie zu?
Die Messen sollten wir langsam vergessen
und den Großgalerien überlassen, die im
Jahr dreißig Messen machen. Sie schaffen
das, weil sie auf ungeheure Lager zurück-
greifen können. Anders als noch in der
Frühzeit der Kunstmessen fahren viele Ga-
lerien trotz guter Verkäufe mit Miesen ab.
Die Messen und die damit verbundenen
Kosten sind richtig gefährlich geworden.
Wenn eine Berliner Galerie an einer wichti-
gen Messe teilnimmt, ob in Basel oder
Hongkong, ist sie schnell pleite.
Was hat sich verändert?
Ursprünglich waren Messen zur Förde-
rung der jungen Kunst gedacht. Die Preise
gingen früher bis maximal Hunderttau-
send. Der Schwerpunkt lag jedoch bei
Zehn- oder Zwanzigtausend. Heute kann
man auf diesen Veranstaltungen nur mit
Preisen ab Hunderttausend aufwärts sinn-
voll arbeiten, weil die Wandmiete allein
schon so teuer ist. Das sind Orte gewor-
den, auf denen sich die Milliardäre tref-
fen. Die wollen mit ihren Maschinen ir-
gendwo mal landen. Sie gehen zum selben
Lokal und kaufen dieselbe Kunst. Die
Großgalerien verkaufen am ersten, zwei-
ten Messetag Kunst für vierzig bis fünfzig
Millionen. Und auf derselben Messe, drei
Meter weiter um die Ecke, wird kein einzi-
ges Bild verkauft. Das ist absurd.
Sehen Sie einen Ausweg?
Zunächst sollten sich die Galerien zusam-
mentun und nicht mehr an den Messen
teilnehmen. Der virtuelle Raum bietet ja
zunehmend Möglichkeiten für den Han-
del. Aber wenn statt der Messen der virtu-
elle Kunstmarkt global stärker forciert
wird, müssen die Galerien ihre analogen
Aktivitäten in ihren Räumen verstärken.
Ist das nicht ein Widerspruch?
Nicht unbedingt. Künstler wollen ihre
Kunst in Räumen zeigen, nicht auf Mes-
sen. Vernissagen sind dazu da, damit Men-
schen miteinander ins Gespräch kom-
men. Diese Qualitäten des analogen Rau-
mes müssen stärker ins Bewusstsein rü-
cken.
Sie beschreiben sich als Galerist, der
Künstler nicht lebenslang vertreten
mochte. Wie haben Sie es trotzdem ge-
schafft, dass in Ihrer Galerie hochkaräti-
ge Ausstellungen stattfanden?
Der Grund, warum ich eigentlich nie Gale-
rist werden wollte, war, dass ich auch das
schlechte Bild des guten Künstlers erken-
nen konnte. Das ist für einen Künstler
sehr verletzend. Die Freundschaft mit Ger-
hard Richter etwa hat Mitte der Neunziger
einen Knacks gekriegt, als er die Serie
„Mutter und Kind“ malte. Ich bin damals
schweigend durch sein Atelier gegangen.
Für mich war das künstlerisch abgehakt.
Das war kein wesentlicher Beitrag, obwohl
es emotional sehr naheging.
Sie haben sich also das Beste ausgesucht?
Ich habe mir immer erlaubt, die Hauptwer-
ke zu kaufen, zum Beispiel das berühmte
Baselitz-Bild „Die große Nacht im Eimer“,
das heute im Museum Ludwig in Köln
hängt. Warum soll ich mich dem anderen
Kram aussetzen? Ich suche mir die Aus-
tern, die ich will, und die Perlen. Ich habe
nicht wie ein Händler gekauft, sondern
wie ein Sammler. Natürlich musste ich
mich später wieder von der Kunst tren-
nen. Damals habe ich nur kaufen können,
wenn ich auch verkauft habe.
Einige ehemalige Mitarbeiter Ihrer Gale-
rie sind selbst berühmt geworden: der Ku-
rator Kasper König, der Kunsttheoreti-
ker Benjamin Buchloh oder der Galerist
Daniel Buchholz. Welchen Einfluss hat-
ten diese Leute auf Ihr Geschäft?
Ich erinnere mich, dass ich einmal wunder-
bare Landschaftsbilder von Max Ernst aus
der späten Colorado-Zeit mit roten Felsen
hatte. Buchloh sah auf einer Kunstmesse
ein konzeptuelles Wortbild von René Ma-
gritte von 1927 und schlug mir vor, ich sol-
le doch das schreckliche Max-Ernst-Bild
verkaufen und dafür den Magritte erwer-
ben. Ich wusste: Das Max-Ernst-Bild ver-
kaufe ich viel schneller. Aber ich hab’s ge-
macht. Buchstäblich zehn Jahre lang konn-
te ich das Magritte-Bild nicht verkaufen.
Heute hängt es als Meisterwerk in der
Hamburger Kunsthalle. Buchloh war
schon sehr kopflastig.
In einem Kunsthandelsskandal in Berlin
wird einem Galeristen vorgeworfen, er
habe Kunstwerke mit gefälschten Zertifi-
katen für Millionen an Sammler ver-
kauft. Woher kommt diese kriminelle
Energie im Kunsthandel?
Das ist ein bisschen polemisch gefragt.
Der Kunsthandel hat eine hohe Form, frei-
heitlich mit Kunst umzugehen. Bei indus-
triell gefertigten Produkten wie Waschma-
schinen sind Fälschungen weniger ein-
fach. Ein Problem ist der Wertewandel.
Erst plustert man das Geschäft auf, dann
geht man in die Kredite. Um Kredite zu be-
kommen, werden Werke beliehen. So et-
was ist vermutlich hier passiert. Der be-
treffende Galerist war sicherlich sehr er-
folgreich. Er hatte, wie man hört, zwei Fili-
alen in Asien. Da wird ein riesiges Rad ge-
dreht. Die Reisen, die Leute, das große
Geld. Dieser Wertewandel verändert die
Menschen.
Perlen fischen
Als Miterfinder des Kölner Kunstmarkts schrieb Rudolf Zwirner
Kunstgeschichte. Nun ist seine Autobiografie erschienen
„Der Kunsthandel ist eine
hohe Form, freiheitlich mit
Kunst umzugehen.“
„Die Messen sollten wir
langsam vergessen und den
Großgalerien überlassen.“
Biblische Szenen, ausge-
schmücktwie das Tri-
ptychon mit der Anbe-
tung der Heiligen Drei
Könige des flämischen
Manieristen Jan van
Dornicke, gen. Meister
von 1518, taxiert auf
100000 Euro, setzen
wichtige Akzente in Lempertz’ Auktion
Alter Kunst am 16. November. Eine Anbe-
tung aus der Hand Correggios beispiels-
weise (120 000) oder ein beherzt schrei-
tender Heiliger Christophorus, aus der
Memminger Werkstatt Bernhard Stri-
gels (100 000). Ein Bildnis der Heiligen
Theresa von Avila, um 1614 bei Peter
Paul Rubens (Foto: Lempertz) bestellt,
ist mit 250 000 Euro angesetzt. High-
light beim Kunstgewerbe am Vortag ist
ein Satz von neun toskanischen Scaglio-
la-Paneelen des 18. Jahrhunderts mit
Architekturmotiven (600 000).
Ein Renaissance-Tondo mit der Anbe-
tung des Kindes steht im Mittelpunkt
von Van Hams Angebot am 14. Novem-
ber. Er ist Sebastiono Mainardi zuge-
schrieben, einem Mitarbeiter in der
Florentiner Werkstatt Domenico Ghir-
landaios (30 000 Euro). Wiederentdeckt
wurde ein kleines Gemälde des flämi-
schen Malers David Teniers d.J., eine
Gitarre spielende Frau, war fast ein Jahr-
hundert lang im Besitz der Herzöge von
Orléans und soll 60 000 Euro kosten. Im
- Jahrhundert wird ein Kinderbild des
Russen Konstantin E. Makovsky für
280000 aufgerufen.
Ein Angebotsspektrum, das Werke aus
Afrika, Ozeanien, aber auch aus dem
asiatischen Raum umfasst, bietet Zema-
nek-Münster am 16. November. Der
seltene Typus einer Tanzmaske „ke-
pong“ aus Papua-Neuguinea, vor 1921
gesammelt, soll mindestens 8000 Euro
bringen. Die afrikanische Figur eines 64
Zentimeter großen Hermaphroditen der
Dogon (Mali) mindestens 10 000 Euro.
Mehr als zwei Dutzend Jugendstil- und
Art Déco-Figurinen von Ferdinand
Preiss, Otto Poertzel und Demètre H.
Chiparus unter anderen bietet bei Taxen
bis 30 000 Euro Quittenbaums Offerte
am 13. November.dorothea baumer
DEFGH Nr. 253, Samstag/Sonntag, 2./3. November 2019 HF2 FEUILLETON KUNSTMARKT 21
Frau und
Gitarre
RudolfZwirner (rechts) und Peter Ludwig in einem New Yorker Coffeeshop 1969. FOTO: GUIDO MANGOLD, ZADIK
RADAR
Wenn die Zeit sich neigt,
wenn das Leben schweigt;
und Du fühlstganz sacht
Das Nahen der Nacht.
Sei nicht zu traurig,
Blickdoch zurück
Auf manchen glücklichen
Augenblick.
Von Freud und Leid
Erfüllt war die Zeit.
Das Leid warviel mehr,
Das Glücknicht so sehr.
Doch eins istgeblieben,
Die Schönheit hiernieden
Der Wald und die Flur
Betrachte sie nur.
Die Wolke dort oben
Im Blau ganzverwoben
Dein Himmel das Meer
Von weit kamstDu her
Aus göttlichem Sein
Dorthin kehrstDu heim
Wenn die Zeit auchverflücht
mit dem strahlenden Licht.
Das alles umfacht,
den Tag und die Nacht,
Das Glückund das Leid
in Ewigkeit.
Klotilde Fritzsche.
Mein Kind ist gestorben
http://www.verwaiste-eltern-muenchen.de
Ein Trauerfall stellt Hin terbliebene vor schwere Aufgaben.
Wir gehen gern gemeinsam mit Ihnen die ersten Schritte
in dieser schwersten Zeit.
Wir helfen Ihnen weiter.
089 - 620 10 50
http://www.trauerhilfe-denk.de
„Vielen Dank,
dass Sie mir in dieser
schweren Zeit geholfen haben.“
Am 16. Oktober 2019 verstarb im Alter von 64 Jahren unsere Mitarbeiterin
Yvonne Felchnerowski
Frau Felchnerowski war 27 Jahre für die Versicherungskammer Bayern,
zuletzt im Bereich Vertriebsbetreuung Makler und Geschäfts-
stellenvertrieb, tätig. Während dieser Zeit hat sie sich mit ihrer ganzen Kraft,
ihrem Wissen und Können für das Unternehmen eingesetzt.
Wir sind dankbar für die engagierte Mitarbeit und werden
Frau Felchnerowski ein ehrendes Andenken bewahren.
Versicherungskammer Bayern
Vorstand · Betriebsrat · Mitarbeiter
INGE URSEL KAREL
1940 – 2019
Urnentrauerfeier am 5. November 2019,
11.15 Uhr, Westfriedhof.
Jürgen
Gabriele Ritter
* 13. 6. 1935 † 30. 10. 2019
Der Requiem-Gottesdienst ist am Mittwoch, den 13. November 2019,
um 17.30 Uhr in St. Stephan, am Stephansplatz 2.
In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von unserer Tante
Familie Ritter
Familie Böhmer
Die Beerdigung fndet am Mittwoch, den 6. November 2019,
um 10.30 Uhr im Waldfriedhof München, Neuer Teil, Lorettoplatz 3, statt.
Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20b)
Im Glauben an die Auferstehung der Toten
nehmen wir Abschied von unserer ehemaligen Mitarbeiterin
Elisabeth Unkel
die am 19. Oktober 2019 verstorben ist.
Frau Unkel war als Religionslehrerin im Kirchendienst tätig.
Wir danken ihr für ihre langjährige wertvolle Arbeit und werden ihr stets ein
ehrendes Andenken bewahren. Gott möge ihr die ewige Freude schenken.
Für die Erzdiözese München und Freising
Peter Beer, Generalvikar
Für die Kolleginnen und Kollegen
Richard Mittermaier
Vorsitzender der Mitarbeitervertretung
Mathilde Schafranek
* 20. 2. 1940 † 25. 10.
Gottesdienst: Freitag, den 8. November 2019,
um 11.00 Uhr in Hechendorf, St. Michael.
Anschließend Urnenbeisetzung im Friedhof Lindenallee.
In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von
Du wirst uns fehlen:
Daniela und Anna Schäfer
Andrea und Hans Thierer mit
Matthias, Laura und Marie
Mariele und Wig Dobler
Ilka Höge
* 10. April 1977 † 18. Oktober
Die Trauerfeier fndet am Freitag, den 8. November 2019,
um 14.00 Uhr auf dem Waldfriedhof Freising statt.
Das Leben ist ein einmaliger, rätselhafter Tanz
zwischen Geburt und Tod.
Glaube • Liebe • Hoffnung
In Liebe und Dankbarkeit:
Ehemann Jürgen, Mama, Heiko, Kora
Angehörige und Freunde
Dr. Jakob Derbolowsky
- 1947 † 24. 10. 2019
Die Trauerfeier mit anschließender Beerdigung ist am Mittwoch,
dem 6. November 2019, um 10.00 Uhr im Friedhof St. Martin, Germering.
Wir nehmen Abschied in tief empfundener
Trauer, Liebe und Respekt von
Jesus spricht: Himmel und Erde werden vergehen,
aber meine Worte werden nicht vergehen.
Matthäus 24,
Renate Derbolowsky
mit Daniel, Julia und Nahla
in Namen aller Angehörigen,
Verwandten und Freunde
Germering
Dr. med.
Jakob Derbolowsky
* 28. 2. 1947 † 24. 10.
Wir nehmen Abschied von unserem herausragenden Lehrer,
Mentor und großherzigen Freund.
Dr. Jakob Derbolowsky verhalf mit seinem Wirken als Arzt,
Psychotherapeut, Psychopäde und TrophoTraining®-Trainer
unzähligen Menschen ihr Leben positiv zu verändern, um ein
sinnerfülltes, bejahendes Leben zu führen. Sein Lebenswerk ist die
Weiterentwicklung der Psychopädie nach Dr. Udo Derbolowsky®
sowie die Entwicklung des TrophoTrainings®. Er bleibt uns allen
ein Vorbild. Sein wacher und brillanter Geist, seine bewegende
Art zu lehren und seine Freundschaft werden uns sehr fehlen.
Wir verneigen uns dankbar vor ihm und seinem Lebenswerk!
Dagmar Amling, Simone Damschek, Anja Drießle, Maren Fiebig-Lohmer,
Manuela Haas, Markus Passer, Reinhard Preimesser, Katrin Sachse,
Linda Tamme und Lorenz Wohanka im Namen der Organisationen,
die Jakob Derbolowskys Lebenswerk weitertragen:
Deutsche Gesellschaft für TrophoTraining® und Psychopädie e. V.
Akademie für Psychopädie
TrophoTraining® Institute Deutschland und Österreich