interview: malte conradi
E
gal, wo auf der Welt, egal, ob jung
oder alt: Spricht man mit Google-
Mitarbeitern, dann fällt häufig der
Name Urs. Der Urs, das sei noch einer von
der alten Google-Schule, der nicht rum-
quatscht, sondern so freundlich wie deut-
lich seine Meinung sagt, ohne große Rück-
sicht auf Konzernpolitik. Und so läuft dann
auch das Treffen mit Urs Hölzle in der Zen-
trale von Googles Cloud-Geschäft. Sehr
nett – und gleich zur Sache.
SZ: Urs Hölzle, vor 20 Jahren hatten Sie Ih-
ren Traum wahr gemacht: Nach der Pro-
motion in Stanford gleich eine Professur
an der Uni Santa Barbara. Und dann kom-
men da diese zwei jungen Kerle von der
Uni und werben Sie einfach ab ...
Urs Hölzle: Ganz so war es nicht. Meine
Frau arbeitete damals in Stanford, wir pen-
delten zwischen Santa Barbara und dem Si-
licon Valley. Das wurde uns zu mühsam.
Ihr Vertrag lief noch ein Jahr, also dachte
ich mir, für dieses Jahr suche ich mir jetzt
einen Job, zu dem ich mit dem Fahrrad
komme statt mit dem Flugzeug. Unabhän-
gig voneinander erzählten mir zwei Freun-
de, dass Google jemanden sucht.
Sagte Ihnen die Firma etwas?
Ja, ich nutzte Google schon seit Ende 1998.
Diese neue Suchmaschine breitete sich da-
mals wie ein Virus unter Computer-Exper-
ten an der Westküste aus, weil klar war: Sie
ist einfach besser als alle anderen.
Was hatten Page und Brin als Arbeitgeber
einem Professor wie Ihnen zu bieten?
Geld war es sicher nicht.
Wir befanden uns damals auf dem Höhe-
punkt der Internetblase. Wenn ich mir die
Technik der Firmen ansah, musste ich bei
99 Prozent sagen: Warum in aller Welt tut
ihr das? Bei Google war es ganz anders: Zu-
nächst einmal sprachen die beiden beim
ersten Gespräch nicht von Geld, wie alle
anderen. Während andere von irgendei-
nem Traum, einer Vision redeten, waren
Page und Brin technisch echt kompetent.
Gut, sie hatten keine Ahnung, wie sie Geld
verdienen sollten, aber ich dachte mir, in
einem Jahr hätte ich ihre Netzwerkproble-
me ohnehin gelöst und würde dann mit
meiner Frau entscheiden, ob wir zurück
nach Europa oder nach Santa Barbara ge-
hen.
Warum wurde mehr aus dem Jahr?
Es war mir einfach schnell klar, dass es da
eine Chance gibt, etwas wirklich Wichtiges
zu tun. Obwohl wir auch nach einem Jahr
noch kein Geschäftsmodell hatten, war die
Aufgabe zu spannend, um einfach zu ge-
hen.
Inzwischen war Google in die Phase eines
wahnsinnigen Wachstums eingetreten ...
Es war irre. Unser Ziel war zu dieser Zeit ei-
gentlich nur: Irgendwie den nächsten Mon-
tag überleben.
Wieso Montag?
Montag war damals der Tag mit dem
höchsten Internettraffic. Viele hatten da-
mals noch keinen Internetzugang zu
Hause. Übers Wochenende tauchten Fra-
gen auf, am Montag wurde dann im Büro
gegoogelt. Jeder Montag übertraf den
vorherigen um fünf bis zehn Prozent. Oft
war es ganz knapp, manchmal gab es zwi-
schen zwölf und zwei auch mal Fehlermel-
dungen, weil unsere Systeme nicht stand-
hielten.
Trotzdem erzählen heute viele, es sei ganz
früh klar gewesen: Google wird ein gro-
ßer Erfolg.
Na ja, es war schon klar: Wer Google ein-
mal ausprobierte, nutzte nie wieder eine
andere Suchmaschine. Dass Google ein gro-
ßer Erfolg wird, war mir erst 2003 das ers-
te Mal klar, als wir das Adwords-Auktions-
modell eingeführt haben und sofort Geld
verdienten.
Das Adwords-Auktionsmodell, mit dem
Werbekunden auf Suchwörter bieten kön-
nen. Wie sah es denn vorher mit Bezah-
lung der Mitarbeiter aus?
Das war natürlich wenig, ich verdiente ein
Drittel meines Uni-Gehalts. Die Gehälter
beschnitten auch unsere Möglichkeiten
bei Anstellungen. Ich dachte damals aller-
dings, dass wir nie mehr als 100 bis höchs-
tens 200 Mitarbeiter brauchen würden.
Und ein paar Hunde natürlich.
Ja richtig, mein Hund war von Anfang an
dabei. Seitdem ist Google eine Dog Compa-
ny. Sorry, Katzen verboten. Sogar die Cafe-
teria in unserer Zentrale heißt im Anden-
ken an meinen Hund Yoshka Cafe.
Dass bei einem Start-up eine mitreißende
Stimmung herrscht, in der alle an einem
Strang ziehen, ist klar. Ist es zwangsläu-
fig, dass diese Stimmung verschwindet,
wenn aus dem Start-up ein Konzern wird?
Das ist etwas, das mir am Anfang große
Sorgen machte. Die meisten Firmen schei-
tern, weil die Kultur nicht mehr funktio-
niert, weil Abteilungen sich gegenseitig be-
kämpfen und ein interner Wettbewerb ent-
steht. Wichtig ist Zusammenarbeit – wir
helfen uns, auch wenn es vielleicht nicht
unser Job ist. Dann ist da etwas, das wir
schuldlose Autopsie nennen: Wenn ein Feh-
ler passiert, wollen wir daraus lernen,
nicht jemandem die Schuld zuschieben.
War es trotzdem unvermeidlich, dass Goo-
gle sein freundliches und cooles Image
verlor, je größer es wurde?
Ich glaube schon, insbesondere in Europa.
Das war mir schon immer klar. In Europa
gibt es nichts, das groß ist und zugleich
gut. Man kann nicht einfach davon ausge-
hen, dass die Leute einem großen Unter-
nehmen gute Intentionen unterstellen.
Sind die Intentionen denn immer pur?
Meine schon.
Und die von Google?
Wir sind 100000 Leute. Statistisch gese-
hen, können nicht nur gute Intentionen
dabei sein. Aber wir haben nie versucht, ir-
gendetwas zu verheimlichen. Unsere Stan-
dards sind Transparenz und Kontrolle.
Wie wichtig ist Europa mit seinen strenge-
ren Standards? Haben sie Google gehol-
fen, besser zu werden?
Ja und nein. Es kommen viele gute Ideen
aus der EU. Das Recht darauf, vergessen zu
werden, zum Beispiel. Es ist dann immer
die Frage, wie man so etwas ausführt. Wie
stark geht die ursprüngliche Idee in der
Bürokratie verloren? Aber man kann
durchaus sagen, dass die EU führend ist in
der Welt, was Regulierung angeht. Und
Deutschland wiederum ist in Europa Vor-
reiter. Deshalb haben wir unser Daten-
schutz-Zentrum in München.
Heute sind Sie Chef des relativ neuen
Cloud-Geschäfts – ein Bereich, in dem
Google der Konkurrenz hinterhereilt.
Fühlt es sich an wie zu Start-up-Zeiten?
Na ja, denken Sie an Chrome, Gmail oder
Android. Da waren wir auch nicht die ers-
ten. Es ist ähnlich wie damals, aber wir ha-
ben einen besseren Ausgangspunkt. Und
dann steht der Markt weit offen. Etwa
90 Prozent der weltweiten IT-Prozesse
sind noch nicht in der Cloud. Es ist also
kein Nullsummenspiel, bei dem wir nur ge-
winnen können, wenn andere verlieren.
Trotzdem sehen Sie sich mit Amazons
Cloud-Angebot AWS einem mächtigen
Konkurrenten gegenüber.
Sehen Sie, wir verfolgen da einen ganz an-
deren Ansatz als AWS, einen längerfristi-
gen. Viele Firmen zögern derzeit, ihre Da-
ten und Prozesse in die Cloud zu verlagern,
weil sie sich auf diesem jungen Markt
nicht zu früh auf einen Anbieter festlegen
wollen. Wer sich für unser neues System
Anthos entscheidet, der legt sich nicht fest.
Denn Anthos ist offen für alle Anbieter.
Google stellt also die Infrastruktur zur
Verfügung, auch wenn die Kunden das Ge-
schäft dann vielleicht mit der Konkurrenz
machen?
Die Cloud ist eine Chance für Unterneh-
men, wie sie nur alle 20 Jahre vorbei-
kommt. Mich erinnert die Situation an den
Umbruch in der IT in den Neunzigerjahren.
Wir befinden uns gerade, sagen wir, im
Jahr 1995, also noch ziemlich am Anfang
des Umbruchs.
Sie glauben an einen Effizienz-Schub in
der Wirtschaft durch die Cloud-Technik?
Zu Beginn der industriellen Revolution
stellte jedes Unternehmen seine eigene
Elektrizität her. Das Aufkommen der
Cloud ist vergleichbar mit der Einführung
des Stromnetzes, was die Effizienz angeht.
Der noch größere Vorteil wird aber in der
Innovationsrate liegen.
Wie meinen Sie das?
Die Ausstattung in den allermeisten Unter-
nehmen ist mindestens zehn Jahre hinter
der Ausstattung der Konsumenten her. Ob-
wohl die nicht mehr Geld ausgeben als die
Unternehmen.
Warum?
Konsumenten verfügen seit 1995 über eine
einheitliche Plattform, das Internet. Jeder
Konsument hatte die genau gleichen Vor-
aussetzungen. Etwa 2008 passierte das
Gleiche im mobilen Bereich mit Android
und dem iPhone. Als Software-Anbieter
kann ich also ein Update ausspielen oder
ein neues Produkt an eine Milliarde Men-
schen ausgeben, mit minimalem Risiko.
Wen kümmert es, wenn das iPhone über
Nacht ein Update bekommt? In Firmen
aber will keiner ein Update. Denn man
muss davon ausgehen, dass das System da-
nach nicht mehr funktioniert. Jede Firma
ist einzigartig wie eine Schneeflocke.
Und das wollen Sie ändern.
Mit Anthos sind alle Unternehmen wieder
auf derselben Plattform. Für Software-An-
bieter wird das Geschäft mit Unternehmen
dadurch so einfach wie das mit Konsumen-
ten. Das wird die Industrie total verändern.
Apple hat nicht das erste Smart-
phone erfundenund auch nicht
das erste Tablet oder den ersten
digitalen Musikspieler. Aber der
Elektronikkonzern aus Kaliforni-
en hat die ersten dieser Geräte geliefert,
deren Benutzung nicht bloß einfach war,
sondern sogar Spaß machte. Komplizierte
Dinge einfach zu machen, ist eine schwere
Aufgabe, die viele Konkurrenten nicht so
gut hinbekommen.
Das lässt sich nun wieder einmal am Bei-
spiel der Airpods besichtigen. Diese kabel-
losen Bluetooth-Ohrhörer funktionierten
schon mit dem ersten Modell erstaunlich
gut. Nun hat Apple noch einmal kräftig
nachgelegt: Die Airpods pro sind das bis-
her beste Gesamtpaket auf diesem Sektor.
Der wichtigste Unterschied zu den Vorgän-
germodellen ist die aktive Geräuschunter-
drückung. Damit einhergehend änderte
Apple auch die bisher verfolgte Strategie,
nach der die Airpods am Ohr nur auflagen.
Die Pros sitzen nun direkt im Gehörgang:
Anders hätte sich die Geräuschunterdrü-
ckung nicht realisieren lassen.
Wie es der Konzern so gerne macht, er-
zählen Marketingleute bei der Vorstellung
Geschichten darüber, was die Entwick-
lungsingenieure alles Tolles geleistet ha-
ben. In diesem Fall haben sie demnach
Tausende von Ohren dreidimensional ge-
scannt, um den besten Kompromiss für ei-
ne Form zu finden, die möglichst vielen
Nutzern passt.
Entscheidender ist, was dadurch in der
Praxis herauskommt. Auch hier aber hat
Apple geliefert. Die Airpods pro sitzen gut
und drücken auch bei längerem Tragen
nicht unangenehm im Ohr. Noch einen
Tick besser wären nur individuell ange-
passte Ohrstücke aus Silikon, in die die Hö-
rer eingeklickt werden können, so wie das
der deutsche Hersteller Beyerdynamic ein-
mal in Kooperation mit der Hörgeräte-Ket-
te Kind gemacht hat. Vielleicht findet sich
ja ein Anbieter dafür. Immerhin: Die Hörer
halten gut in den Ohren.
Bei der Geräuschunterdrückung kombi-
niert Apple zwei Verfahren. Mikrofone
messen, welcher Schall von außen kommt.
Ein weiteres Mikro erfasst innen, was am
Ohr ankommt. Aus beiden Daten wird eine
Mischung errechnet und 200-mal pro Se-
kunde überprüft. Das Ergebnis ist zumin-
dest für In-Ears verblüffend gut. Draußen
sollte man damit daher mit Bedacht umge-
hen, um etwa eine herannahende Straßen-
bahn nicht zu überhören.
Für diesen und andere Zwecke, bei de-
nen man die Außenwelt nicht ausschlie-
ßen will, hat Apple einen Durchzugsmodus
eingebaut, der sowohl elektronisch über
die Mikros als auch rein akustisch über ei-
nen Kanal in den Hörern funktioniert. Letz-
terer sorgt auch dafür, dass das Gefühl von
Druck auf den Ohren durch die Geräusch-
unterdrückung völlig ausbleibt. Es wird
einfach nur leiser. In der S-Bahn etwa be-
kommt man vom Fahrgeräusch kaum
mehr etwas mit. Prinzipbedingt kann die
Geräuschunterdrückung besser mit gleich-
mäßigen, tieferen Frequenzen umgehen
als mit impulsartigen hohen.
Bei der Einrichtung helfen die Airpods
pro dabei, die besten unter den drei ver-
schiedenen Passstücken aus Silikon zu fin-
den. Dazu wird eine kurze Testsequenz
abgespielt und verglichen, was im Ohr an-
kommt. Vor allem geht es dabei um den
Bass. Wird das Ohr nicht ausreichend abge-
dichtet, wird der Bass sofort dünner. Schlie-
ßen die Stöpsel zu dicht, sind sie unbe-
quem zu tragen.
Die Verbindung mit dem Smartphone
ist überaus einfach, auch mit Android-Han-
dys klappt es problemlos und schnell. Ein-
facher ist es allerdings mit einem Gerät
von Apple, die erste Einrichtung geht dann
mit einem einzigen Fingertipp. Die drei ver-
schiedenen Modi – Geräuschunterdrü-
ckung, Durchzug oder gar nichts – lassen
sich sowohl am Handy, als auch an den Hö-
rern selbst einstellen, dazu drückt man in
eine kleine Vertiefung.
Die wichtigste Frage bei Hörern, der
Klang: Die Airpods 2 waren ja schon recht
ordentlich, die neue Variante ist aber
deutlich besser. Mit der Wucht guter Over-
Ear-Kopfhörer wie dem Beyerdynamic
Lagoon oder dem Sennheiser Momen-
tum3 können sie zwar nicht ganz mithal-
ten; bei der Geräuschunterdrückung spie-
len sie dagegen mindestens in der gleichen
Liga. Für die Airpods pro verlangt Apple
stolze 279 Euro. helmut martin-jung
Berlin– Viele bräuchten sie, wenige tra-
gen sie und viele nicht gerne: Hörgeräte ha-
ben nicht unbedingt den besten Ruf, was
wohl vor allem an einer zu hohen Erwar-
tungshaltung liegt, denn: „Das Ohr nachzu-
bauen, wird wohl nie ganz gelingen“, sagt
Martin Schaarschmidt. Schaarschmidt be-
treibt eine PR-Agentur, die für den däni-
schen Hörgeräte-Hersteller GN arbeitet, ei-
nen der vier großen Player auf dem Markt
für diese Produkte.
Er steht also nicht im Verdacht, gegen
die kleinen Helfer zu argumentieren. So
viel Ehrlichkeit ist aber auch geboten,
denn es sind nahezu unmögliche Wün-
sche, die da auf kleinstem Raum vereint
werden sollen: Möglichst natürliches Hö-
ren bei geringem Energieverbrauch und
höchstem Tragekomfort. Da bleiben Kom-
promisse nicht aus.
Schaut man sich die Entwicklung der
elektronischen Hörhilfen über die Jahre
an, hat sich allerdings eine ganze Menge ge-
tan. Getrieben wurde der Fortschritt vor al-
lem von der Digitalisierung. Diese mit ih-
rem rasend schnellen Fortschritt ermög-
lichte es erst, die Geräte immer kleiner,
gleichzeitig aber leistungsfähiger und ener-
gieeffizienter zu bauen, und seit einigen
Jahren auch immer schlauer.
Das Hauptproblem eines Hörgerätes:
Sie müssen in den Bereich, den der Träger
eines Hörgerätes überhaupt noch gut hö-
ren kann, all das hineinquetschen, was er
nicht mehr hört. Das verändert natürlich
den Klang, aber es geht hier nicht darum,
wieder zu hören wie ein Kind, sondern am
Leben teilnehmen zu können. Wer in gesel-
ligen Runden oder bei Meetings im Büro
bloß noch dabeisitzt und nichts mehr mit-
kriegt, fühlt sich ausgeschlossen; wer
kaum noch etwas hört, bei dem steigt auch
das Demenzrisiko.
Womit die Knöpfe im Ohr am meisten
Probleme haben, ist, Wichtiges von Un-
wichtigem zu unterscheiden. Denn wenn
Menschen bei einer Party sich mit einem
anderen unterhalten, treffen aufs Ohr
auch alle möglichen Nebengeräusche. Die
werden vom Gehirn aber zu einem Teil her-
ausgefiltert, weil das Denkorgan, das viele
Informationen parallel verarbeiten kann,
es möglich macht, zum Beispiel die Stim-
me des einen Menschen von der eines ande-
ren zu unterscheiden. Der in diesem Fall
unwichtige Sprecher und Nebengeräusche
werden von dem Filter im Hirn sozusagen
heruntergedimmt.
An solchen Fähigkeiten wird bei Hörge-
räten gearbeitet. Die besseren (und natür-
lich auch teureren) unter ihnen können bei-
spielsweise ihre Mikrofone auf einen Spre-
cher ausrichten, was Störgeräusche eben-
falls verringert. Die unvergleichlichen Fä-
higkeiten des Gehirns aber ersetzt das
nicht völlig. Auch mit Musik tun sich Hörge-
räte schwer. Das liegt vor allem daran, dass
ihr Frequenzgang nicht ausreicht, um den
Klang von Instrumenten einigermaßen un-
verfälscht zu erfassen.
Dass eine Geige anders klingt als eine
Flöte oder eine Oboe, liegt ja vor allem an
den Obertönen. Wenn aber alles gleich
klingt, sinkt das Hörvergnügen drastisch.
Auch hier gibt es allerdings Fortschritte
bei den Spitzenmodellen. Während Stan-
dardmodelle nur etwa bis 6000 Hertz über-
tragen können, schaffen die teuersten
Knöpfe nun bereits 9500 Hertz. Wer mag,
kann sich Musik, Hörbücher etc. vom
Smartphone über die Hörgeräte anhören.
Das funktioniert nun auch mit Googles An-
droid, aber nur mit der derzeit jüngsten
Version 10.
Die wohl spürbarsten Entwicklungen
gibt es jedoch bei der Vernetzung. Mehr
und mehr Hörgeräte lassen sich per Blue-
tooth mit einem Smartphone koppeln und
über Apps der Hersteller auch genauer an
die jeweilige Situation anpassen als durch
Schalter direkt am Gerät. Auch Cochlea-
Implantate lassen sich inzwischen per
Smartphone steuern.
Die Verbindung zum Smartphone, sagt
PR-Mann Schaarschmidt, sei den Trägern
inzwischen wichtiger als die Größe der Hör-
geräte. Die freilich ist auch ein wichtiges
Kriterium. Auch leistungsstarke Hörhilfen
sind mittlerweile nahezu unsichtbar, es
gibt sogar welche, die direkt in den Gehör-
gang eingesetzt werden.
Zur Energieversorgung von Hörgeräten
dienen in den meisten Fällen noch Zink-
Luft-Batterien, einige Hörgeräte werden al-
lerdings auch schon von Lithium-Ionen-
Akkus gespeist. Aufgeladen werden sie in-
duktiv, drei Stunden Ladezeit ermöglichen
etwa 30 Stunden Nutzung.
Gelegentlich gibt es Kritik daran, dass
Hörgeräte überteuert seien. Schaar-
schmidt entgegnet, dass es sich um ein Me-
dizinprodukt handle. Dessen Preis enthal-
te auch den Service durch einen Hörgeräte-
akustiker. Der passt die Geräte nicht bloß
einmalig an, das erfordert meist mehrere
Sitzungen. Es beginnt bei der Maßanferti-
gung der Ohrstücke und reicht bis zu den
Einstellungen gemäß dem Hörvermögen
des jeweiligen Kunden. In den spezialisier-
ten Geschäften werden sie bei Bedarf aber
auch nachjustiert, gereinigt und gewartet.
helmut martin-jung
„Übers Wochenende
tauchtenFragen auf,
am Montag wurde dann
im Büro gegoogelt.“
„Die Cloud ist eine
Chance für Unternehmen,
wie sie nur
alle 20 Jahre vorbeikommt.“
Urs Hölzle, 54, kam
1999 zu Google, als
das Unternehmen
noch kaum mehr als
eine Studenten-Fir-
ma war. Zuvor hatte
der Schweizer als
Professor an der Uni
Santa Barbara gear-
beitet.FOTO: AFP
Schock aus der Luft:Defibrillatoren
können Leben retten, aber nur, wenn
sie schnell genug beim Patienten sind.
Das ist auf dem Land oft ein Problem.
In Mecklenburg-Vorpommern läuft
daher jetzt ein Test an, bei dem die
Schockgeber per Drohne gebracht wer-
den sollen. Die Uniklinik Greifswald
arbeitet dazu mit Testpersonen, die bei
der Simulation als Ersthelfer fungieren.
Die auf ein halbes Jahr angelegte Studie
wird vom Bundesgesundheitsministeri-
um unterstützt.
Befehle aus der Luft:Dem Sicherheits-
forscher Takeshi Sugawara ist es mit
einem Team der Uni Michigan gelun-
gen, vernetzte Lautsprecher für Men-
schen unhörbar zu steuern. Das Team
regte dazu mit einem Laserstrahl die
Membran der Mikrofone von Geräten
wie Googles Home oder Amazons Echo
an. Das funktionierte über Entfernun-
gen von bis zu 110 Metern und sogar
durch Fensterscheiben hindurch.
Stimme aus der Musik:Produzenten
hassen es, Musiker bräuchten es manch-
mal: Die Gesangsstimme aus einem
Musikstück herauszufiltern, um den
Part einzuüben. Das geht nun mithilfe
künstlicher Intelligenz einfacher. Der
französische Streamingdienst Deezer
hat eine Software, die zu Forschungs-
zwecken entwickelt worden war, zur
freien Verfügung gestellt. Die Spleeter
genannte Software kann über das Por-
tal Github heruntergeladen werden.
Etwas Erfahrung mit Software wie Py-
thon ist aber schon erforderlich. ma
Die Geräuschunterdrückung
arbeitet so gut, dass im Straßen-
verkehr Vorsicht geboten ist
(^22) WIRTSCHAFT & TECHNIK Mittwoch, 6. November 2019, Nr. 256 DEFGH
Kompakter als die Vorgänger,
und dennochein gutes Stück besser:
Apples Airpods pro.FOTO: PR
Wichtiger als die Größe des Geräts ist
mittlerweile vielen, dass die Hörhilfe ver-
netzt ist. FOTO: IMAGO/WESTEND61
Blick auf die imposante Zentrale von Google in Mountain View. Die Anfänge der Firma waren eher bescheiden. FOTO: IMAGO / ZUMA PRESS
BRAUCHT MAN DAS?
Apple Airpodspro mit
Geräuschreduzierung
Hinweis der Redaktion:Ein Teil der auf dieser Seite
vorgestellten Produkte wurde der Redaktion von
den Herstellern zu Testzwecken zur Verfügung ge-
stellt und/oder auf Reisen präsentiert, zu denen
Journalisten eingeladen wurden.
THEMEN & TRENDS
„Es war irre“
UrsHölzle, Technikchef des Internetkonzerns Google und Mitarbeiter Nummer acht, über die Anfänge des Unternehmens,
Hunde im Büro und darüber, warum die Cloudtechnologie eine epochale Chance für die Wirtschaft ist
Hört, hört!
ModerneHörgeräte haben natürliche Grenzen, aber sie werden trotzdem immer ausgefeilter – dank der Digitalisierung
Neue Apparate übertragen eine
höhere Frequenz und sind
mit dem Smartphone verbunden