Die Spanier kamen morgens um halb elf –
zehn Minutenspäter war Gabriele Kröner
ihren Job los. Bis zum Besuch aus Barcelo-
na agierte Kröner als geschäftsführender
Vorstand der José-Carreras-Leukämie-
Stiftung. Seit dem 11.Oktober ist sie von al-
len ihren Funktionen abberufen bezie-
hungsweise freigestellt. Bei einem ersten
Gerichtstermin in dieser Angelegenheit
am Dienstag vor dem Landgericht wurde
deutlich, wie tief der Graben zwischen den
beiden Seiten und die Verletzungen bei Ga-
briele Kröner sind – aber auch, dass es die
Möglichkeit auf eine einvernehmliche
Trennung gibt.
Der weltberühmte spanische Tenor Jo-
sé Carreras gründete die Stiftung 1988 in
seinem Heimatland, nach dem er selbst ei-
ne Leukämie überwunden hatte. Mitte der
Neunziger Jahre folgte die Gründung in
Deutschland, zunächst als Verein, danach
zusätzlich als Stiftung. Aus den Stiftungs-
mitteln werden nach eigenen Angaben „in-
novative medizinische Forschungsprojek-
te im Kampf gegen Leukämie und ver-
wandte Blutkrankheiten finanziert, wichti-
ge neue Infrastrukturmaßnahmen auf den
Weg gebracht sowie soziale Angebote für
Patienten und deren Angehörige finan-
ziert“. Gabriele Kröner begann ihre Arbeit
in der deutschen Stiftung 2011, seitdem
hat sie, wie sie sagt, 100 Millionen Euro an
Spendengeldern eingesammelt.
Umso unverständlicher, meint Kröner,
sei deshalb die Suspendierung aus heite-
rem Himmel – und die Behandlung, die ihr
an jenem 11.Oktober widerfahren sei:
Nicht nur habe sie sofort alle Schlüssel ab-
geben müssen, es sei ihr auch verwehrt
worden, persönliche Gegenstände aus
dem Büro in der Elisabethstraße mitzuneh-
men, am Ende sollte sogar ihre Handta-
sche durchsucht werden – was die Anwälte
der Stiftung bestreiten. Am Schlimmsten
aber für Kröner: Banken und andere Ge-
schäftspartner der Stiftung seien ohne An-
gabe von Gründen informiert worden,
dass sie nicht mehr Geschäftsführerin sei
- das habe natürlich zu Spekulationen dar-
über geführt, dass sie sich etwas habe zu-
schulden kommen lassen. Zwar schrieben
die Stiftungsanwälte zu Kröners Empö-
rung in Schriftsätzen von Unregelmäßig-
keiten bei der Spesenabrechnung, dieser
Vorwurf kam in der Verhandlung jedoch
nicht mehr zur Sprache, auch eine Strafan-
zeige oder ähnliches gibt es nicht.
So bleiben die Gründe für die Trennung
zunächst im Dunklen – aus anderen Quel-
len ist zu hören, dass es bei der spanischen
Stiftung wohl Begehrlichkeiten finanziel-
ler Art gegen die ungleich erfolgreichere,
rechtlich komplett eigenständige deut-
sche Organisation gab – und dass Kröner
sich mit Verweis auf das deutsche Stif-
tungsrecht dagegen gewehrt habe. In der
Verhandlung am Dienstag legte Kröners
Anwalt den Entwurf eines Aufhebungsver-
trags vor: Dieser beinhaltet eine Zahlung
der Stiftung an Kröner von knapp 260 000
Euro, bestehend aus ausstehenden Spesen-
abrechnungen, Boni und einer Abfindung,
sowie, und das scheint ihr mit am wichtigs-
ten zu sein, eine Ehrenerklärung für sie.
Darüber werden die Anwälte nun verhan-
deln. Ihre Privatsachen aus dem Büro darf
sie am Mittwoch in Anwesenheit der Anwäl-
te abholen, von 17 bis 19.30 Uhr, wenn die
Mitarbeiter schon nach Hause gegangen
sind. stephan handel
Der Fahrer eines Porsche Cayenne hat am
Montagnachmittagauf einer Kreuzung in
der Au drei Schülerinnen angefahren und
teilweise schwer verletzt. Der 58-Jährige
war gegen 17.20 Uhr auf der Falkenstraße
unterwegs und wollte links in die Ohlmül-
lerstraße abbiegen. Laut Polizeibericht
zeigte die Ampel Grün. Der SUV-Fahrer
ließ den Gegenverkehr vorbei und übersah
dann aber offenbar, dass zur gleichen Zeit
die drei Mädchen die Ohlmüllerstraße auf
dem Fußgängerüberweg überquerten.
Beim Abbiegen erfasste er sie frontal. Ein
elf Jahre altes Mädchen musste mit zwei ge-
brochenen Füßen im Krankenhaus behan-
delt werden, wie die Polizei mitteilt. Ihre
zehn und elf Jahre alten Begleiterinnen er-
litten Prellungen an den Beinen und an der
Hüfte. anh
Diese Figuren hier müssen Pause machen: Denn die Turniergruppe des Glockenspiels im Rathausturm steht seit Sonntag still.
Grund dafürist ein elektrischer Defekt, der gerade untersucht wird, wie die Stadt am Dienstag mitgeteilt hat. Von der Störung nicht-
betroffen sind hingegen die Schäfflergruppe, die wie gewöhnlich tanzt, und das Glockenspiel: Touristen aus aller Welt, die täglich
auf den Marienplatz strömen, müssen sich mit dem halben Spektakel zufrieden geben. FOTO: FLORIAN PELJAK
Was tun gegen den überhitzten Immobili-
enmarkt? In der Stadt gibt es immer mehr
Initiativen, die bezahlbare Wohnungen als
Genossenschaften oder private Bauge-
meinschaften realisieren wollen. In Mün-
chen haben sich in jüngster Zeit bereits
15 solcher Genossenschaften gegründet,
seit 2012 wurden 22 Projekte mit insge-
samt 1400 Wohnungen von Baugenossen-
schaften und 22 Projekte mit 550 Wohnun-
gen von privaten Baugemeinschaften er-
richtet. Das Thema „gemeinschaftsorien-
tiertes Wohnen“ beschäftigt zunehmend
auch die Gemeinden des Umlands. Die
Stadt will auf diesem Gebiet verstärkt mit
den Kommunen zusammenarbeiten.
Seit 2014 berät die von der Stadt finan-
zierte Mitbauzentrale an der Schwindstra-
ße 1 in der Maxvorstadt kostenlos interes-
sierte Bürger aus München. Doch nun sol-
len auch die Bewohner der Landkreise
Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürs-
tenfeldbruck, Landsberg am Lech, Mün-
chen und Starnberg von dem Angebot pro-
fitieren. Dieses soll am 12. November auf
der Regionalen Wohnungsbaukonferenz
in Dachau vorgestellt werden.
Dringend gebraucht werden bezahlbare
Wohnungen für Beschäftigte der jeweili-
gen Kommunen oder der ortsansässigen
Unternehmen. Ältere Bürger sollen so lan-
ge wie möglich in ihren Wohnungen blei-
ben können. Junge Familien, die sich teure
Eigentumswohnungen nicht leisten kön-
nen, finden in gemeinschaftlichen Projek-
ten eine Perspektive, sagt Christian Stup-
ka von der Mitbauzentrale. Zusammenar-
beit und Erfahrungsaustausch zwischen
Stadt und Land bekämen vor diesem Hin-
tergrund eine große Bedeutung, ergänzt
Natalie Schaller, ebenfalls von der Mitbau-
zentrale. Einzelne Gemeinden könnten die
Wohnungsprobleme nicht alleine bewälti-
gen, sagt Münchens Stadtbaurätin Elisa-
beth Merk.
Zum Beispiel Freising, eine Stadt mit
51 000 Einwohnern. „Wir wachsen und
wachsen und es hört nicht auf“, sagt Stadt-
baumeisterin Barbara Schelle. In dem Neu-
baugebiet Steinpark entstehen insgesamt
550 Wohnungen. Dazu kommen eine Schu-
le, ein Hotel und ein Einkaufszentrum.
80 Wohnungen sollen an Genossenschaf-
ten vergeben werden. „Da wir keine Erfah-
rung mit solchen Bauformen haben, ist Be-
ratung wichtig“, sagt Schelle: „Viele Bürger
sind sehr interessiert, wissen aber zum Bei-
spiel nicht wie Genossenschaften funktio-
nieren und wie man Mitglied in einer sol-
chen Initiative wird.“ Das Projekt Stein-
park sei ein gutes Experiment, es fördere
das soziale Miteinander und sollte auch in
den Nachbargemeinden Nachahmer fin-
den, meint die Stadtbaumeisterin.
Auch in der Gemeinde Wörthsee mit ih-
ren fünftausend Einwohnern gibt es ein sol-
ches Experiment. Ein Bürgerverein starte-
te auf einer ehemals landwirtschaftlich ge-
nutzten Fläche ein Genossenschaftspro-
jekt. „Das sind alles Wörthseer, die nach
neuen Wohnformen suchen, die aber nicht
Genossen heißen wollen“, berichtet Bürger-
meisterin Christel Muggenthal: „Ich konn-
te sie überzeugen, dass sie nicht in die SPD
eintreten müssen.“ Der Verein hat sich mit
der Münchner Wohnungsgenossenschaft
Wogeno zusammengeschlossen. Nun sol-
len 60 Wohnungen in Holzbauweise entste-
hen, gestaltet von einem renommierten
Schweizer Architektenbüro. Sie sei opti-
mistisch, dass alles gut funktioniert, sagt
Muggenthal. Die Münchner Mitbauzentra-
le hat den Prozess begleitet.
Auch in Olching, in Neuried, in Gar-
ching, Gräfelfing oder Feldafing gewinnt
der genossenschaftliche Wohnungsbau an
Bedeutung. Die Beratungsangebote zielen
darauf ab, das bürgerschaftliche Engage-
ment und die Eigenverantwortung beim
Wohnungsbau zu fördern, heißt es bei der
Mitbauzentrale. Die Initiativen könnten
mit ihren Projekten den kommunalen Woh-
nungsbau gut ergänzen. Außerdem leiste-
ten sie wertvolle Beiträge zur Stärkung der
Nachbarschaften oder zur alternativen Mo-
bilität. alfred dürr
Couragierte Bürgerinnen und Bürger ha-
ben amMontag in der Fußgängerzone ei-
nen Hund vor den Schlägen und Tritten ei-
nes Mannes gerettet. Gegen 17.45 Uhr war
Passanten in der Neuhauserstraße aufge-
fallen, dass der Mann einen Golden Retrie-
ver grob behandelte. Er zerrte an der Leine,
schlug das Tier und trat nach ihm. Der
Hund jaulte und winselte. Statt wegzuse-
hen wurden die Zeugen aktiv: Innerhalb
weniger Minuten gingen bei der Polizei
zehn Anrufe ein. Als die Beamten eintra-
fen, waren die Passanten bereits einge-
schritten und hatten den Hund von seinem
Peiniger getrennt. Dieser flüchtete. Die Po-
lizei konnte seine Personalien feststellen
und nahm den Hund zunächst mit auf die
Wache, wo ihn sein Frauchen später abhol-
te. Sein Peiniger war in der Vergangenheit
bereits auffällig geworden. anh
Ein Freundschaftsdienst kam einem Kauf-
mann jetzt teuer zu stehen. Der 33-Jährige
hatte sich beim TÜV-Süd in Garching mit
den Papieren seines Freundes ausgewie-
sen und für ihn die theoretische Führer-
scheinprüfung abgelegt. Mit Erfolg. Doch
der Schwindel flog auf. Wegen Miss-
brauchs von Ausweispapieren verurteilte
eine Strafrichterin am Amtsgericht Mün-
chen den Kaufmann deshalb nun zu einer
empfindlichen Geldstrafe in Höhe von
7200 Euro (180 Tagessätze á 40 Euro).
Bereits dem Prüfer des TÜV-Süd war
aufgefallen, dass der 33-Jährige den Test
Anfang September vergangenen Jahres in
ungewöhnlich kurzer Zeit und mit nur drei
Fehlern (von zehn möglichen) absolviert
hatte. Da es zuvor schon zu Unregelmäßig-
keiten gekommen war, machten Polizisten
Stichprobenkontrollen unter den Prüflin-
gen. Einer von ihnen war der Kaufmann.
Als er gehen wollte, wurde er kontrolliert
und räumte ein, dass er den Test für seinen
Freund abgelegt habe. Der versuchte sich
anfangs aus der Sache herauszureden, als
ihn die Polizei zur Rede stellte, und behaup-
tete, er habe sein Portemonnaie mit allen
Papieren in einem Bus verloren.
In der Verhandlung vor dem Amtsge-
richt sagte der Kaufmann, sein Freund sei
vor der theoretischen Führerscheinprü-
fung gestresst gewesen. Da habe er sich da-
zu überreden lassen, für ihn die Prüfung
abzulegen. Geld hätte er keines bekom-
men sollen, versicherte der Kaufmann und
sagte: „Mir tut die Sache leid.“ Das rechne-
te die Richterin dem 33-Jährigen zwar posi-
tiv an. Zu seinen Lasten wertete sie aber die
Vorstrafen des Kaufmanns, unter ande-
rem wegen Raubes und Freiheitsberau-
bung. Seinen Freund, von dem er sich hat-
te überreden lassen, verurteilte das Ge-
richt ebenfalls wegen Missbrauchs von
Ausweispapieren. Der 24-Jährige erhielt ei-
ne Geldstrafe in Höhe von 2400 Euro
(60 Tagessätze á 40 Euro). Das Urteil gegen
den Kaufmann ist inzwischen rechtskräf-
tig. (Az. 813 Ds255 Js 222231/18) sal
Seit Jahrzehnten ist der Englische Garten
zerschnitten.Zwischen Süd- und Nordteil
schieben sich täglich etwa 125000 Autos
auf dem Isarring. Doch von Mitte 2027 an
könnte der Park wieder vereint sein. So lan-
ge wird es noch mindestens dauern, bis der
vor zwei Jahren beschlossene Ring-Tunnel
fertig gestellt sein wird. Doch die Baustelle
wird nicht die einzige am Isarring bleiben.
Die Stadt will gleichzeitig die über die Isar
führende John-F.-Kennedy-Brücke ertüch-
tigen, die in den Sechzigerjahren erbaut
und zuletzt Ende der Neunzigerjahre sa-
niert wurde. Dem hat der Bauausschuss
des Stadtrats am Dienstag zugestimmt.
Die Brücke soll einen Einfädelstreifen
für Autos bekommen. Der wird einem Gut-
achten zufolge notwendig, da der Isarring
im Bereich des Tunnels sechsspurig ausge-
baut werden soll. Das erhöht die Leistungs-
fähigkeit des Rings, es ist also mit mehr Au-
tos zu rechnen. Und das führt dazu, dass ei-
ne zusätzliche Spur benötigt wird, weil es
gefährlicher wird beim Auffahren von der
Ifflandstraße auf die Brücke. Die Brücke
selbst sieht das Baureferat derzeit nicht in
kritischem Zustand, will aber auf Nummer
sicher gehen und empfiehlt die Arbeiten zu-
sammen mit dem Isarring-Tunnel anzuge-
hen.
Was den Tunnel angeht, so sei man der-
zeit im Zeitplan, teilt die Baubehörde mit.
Die Vorplanungen seien schon seit einiger
Zeit abgeschlossen, aktuell läuft die Geneh-
migungsplanung. Nächstes Jahr soll dann
der Antrag auf Planfeststellung, also auf
Baugenehmigung gestellt werden. Dieses
Verfahren wird etwa anderthalb Jahre dau-
ern. Nach weiteren Planungen und Verga-
ben könnten dann 2023 die auf viereinhalb
Jahre angesetzten Bauarbeiten für den
Tunnel starten. Auf 390 Metern Länge
wird dann der Mittlere Ring unter einem
Deckel verschwinden. Dazu kommen noch
zwei tiefer liegende aber oben offene Trog-
bauwerke, mit einer Länge von 129 Metern
im Westen und 81 Metern im Osten. Weiter
sind unter anderem ein Betriebsgebäude
am Ostportal der Unterführung und ein
Pumpwerk vorgesehen, das an der Südsei-
te geplant ist.
Die neue Unterführung soll direkt an
den Biedersteiner Tunnel angeschlossen
werden, weshalb die Fahrbahn im Ver-
gleich zur heutigen Trasse um zwölf Meter
nach Norden verlegt werden muss. Im Os-
ten endet der Ausbauabschnitt an der Brü-
cke über den Eisbach. Der Verkehr wird
laut Plan in zwei voneinander getrennten
Röhren jeweils dreispurig verlaufen. Der
dritte Fahrstreifen wird dann an den Tun-
nelenden zum Ein-, respektive Ausfädel-
streifen. An den sonstigen Verkehrsbezie-
hungen ändert sich nicht viel. Besucher
des Seehauses können von Westen kom-
mend allerdings die Gaststätte künftig
nicht mehr direkt mit dem Auto anfahren.
Sie werden deshalb über die südliche Ram-
pe auf die Ifflandstraße geführt und kön-
nen dann über eine Wendemöglichkeit auf
die nördliche Rampe der Ifflandstraße mit
Anbindung an die Gyßlingstraße gelan-
gen. Wer von Osten kommt, kann die Ab-
fahrt zur Ifflandstraße nehmen und eben-
so zur Gyßlingstraße umdrehen.
Radler und Passanten haben es da einfa-
cher. Sie kommen einfach durch den Park
direkt zum Seehaus. Künftig eben auch
von Norden, ohne eine Brücke überqueren
zu müssen. andreas schubert
von jakob wetzel
D
ie Stadt hat schon viel versucht. Sie
hat zum Beispiel das Gehalt ihrer
Erzieherinnen und Kinderpflege-
rinnen seit 2006 um mehr als die Hälfte er-
höht. Sie wirbt in mehreren Ländern um
Personal, und sie erprobt auch neue Ausbil-
dungswege, um mehr Menschen für die Ar-
beit in einer Kindertagesstätte zu begeis-
tern, zum Beispiel „Optiprax“, eine verkürz-
te Ausbildung, oder die erst 2019 eingeführ-
te Schulung zur „Fachkraft für Grund-
schulkindbetreuung“. Doch es reicht nicht.
München wächst und wächst. Die Zahl der
Krippen- und Kindergartenkinder ist seit
2006 um 30 Prozent auf etwa 100000 ange-
stiegen. Am Dienstag haben mehrere Aus-
schüsse des Stadtrats beschlossen, 39 Ki-
tas in München neu zu errichten oder zu er-
weitern. Doch um diese auch zu betreiben,
braucht es Personal. Der Bedarf wird zu-
sätzlich steigen, wenn 2025 der Rechtsan-
spruch auf einen Ganztagsplatz kommt,
den die Bundesregierung plant. Und die La-
ge hat sich trotz allem Bemühen der Stadt
noch verschärft.
Der Personalmangel sei „eklatant gestie-
gen“, heißt es in einer Vorlage des Bildungs-
referats, über die der Kinder- und Jugend-
hilfeausschuss des Stadtrats am Dienstag-
nachmittag beraten hat. Derzeit seien in
den städtischen Kindertagesstätten sowie
Grund- und Förderschulen jeweils mehr
als elf Prozent der Vollzeitstellen für Erzie-
herinnen und Kinderpflegerinnen unbe-
setzt. Insgesamt gibt es laut Bildungsrefe-
rat 3063 Stellen für Erzieherinnen, davon
sind 350 offen; außerdem bietet die Stadt
1653Vollzeitstellen für Kinderpflegerin-
nen an, 191 davon sind nicht besetzt. Dem
Sozialreferat ergeht es noch schlimmer:
Von 182 Vollzeitstellen für Erzieherinnen
sind 30 Prozent offen. Im Münchner Kindl-
Heim, dem Waisenhaus, dem Marie-Matt-
feld-Haus und dem Jugendhilfeverbund
„Just M“, in denen Erzieherinnen im
Schichtdienst arbeiten, sind sogar 36 Pro-
zent der Stellen nicht besetzt.
Abhilfe schaffen soll ein ganzes Bündel
an Maßnahmen, unter anderem sollen Ein-
stellungen künftig schneller ablaufen. Vor
allem aber soll eine neue Werbekampagne
helfen. Die Stadt hat damit gute Erfahrun-
gen gemacht: Schon 2013 begann das Bil-
dungsreferat, mit Anzeigen, Plakaten und
anderem gezielt um Erzieherinnen zu wer-
ben, und das brachte Erfolg. Bis einschließ-
lich 2016 stiegen die Bewerberzahlen an.
Mittlerweile aber gehen sie wieder zurück.
Eine neue Kampagne soll jetzt für neuen
Schwung sorgen und sich nicht mehr nur
an Erzieherinnen richten, sondern auch an
Kinderpfleger sowie an Heil-, Kindheits-
und Sozialpädagogen – und zudem glei-
chermaßen an Frauen und Männer; so las-
se sich zusätzlich der Männeranteil in den
städtischen Kitas erhöhen. Dieser liegt der-
zeit bei nur sieben Prozent.
Die neue Werbestrategie des Bildungsre-
ferats soll für 250000 Euro entwickelt wer-
den; der Start der Kampagne 2020 soll wei-
tere 100000 Euro kosten. Von 2020 an will
das Referat dann jährlich 100 000 Euro in-
vestieren. Es setzt so große Hoffnung auf
die Werbung, dass es sich auch von Vorga-
ben des Stadtrats nicht bremsen lässt: Der
hatte im Juli nur 100000 Euro im Jahr frei-
gegeben. Die darüber hinaus anfallenden
250000 Euro will das Referat jetzt einfach
selbst bezahlen. Das Bildungsreferat habe
keine schwarze Kassen, sagte Stadtschulrä-
tin Beatrix Zurek am Dienstag im Rathaus.
Die Kampagne sei aber so wichtig, dass
man eben anderswo spare, etwa bei Dienst-
reisen und Fortbildungen, erklärte Susan-
ne Herrmann, Leiterin des Geschäftsbe-
reichs Kita im Bildungsreferat.
Und dabei bleibt es nicht, denn parallel
plant nun auch das Sozialreferat eine eige-
ne Kampagne. Bisher hätten die Einrich-
tungen des Stadtjugendamts nicht von der
Werbekampagne des Bildungsreferats pro-
fitiert, heißt es in einer Vorlage des Sozial-
referats. Für 50 000 Euro will das Referat
daher 2020 selber Werbung machen.
Der Sozial- sowie der Kinder- und Ju-
gendhilfe-Ausschuss des Stadtrats haben
den Plänen der zwei Referate am Dienstag
zugestimmt. Nur Sebastian Weißenburger
(Grüne) mahnte, die Stadt müsse aufpas-
sen, dass sie damit nicht einfach den freien
Trägern die Fachkräfte ausspanne. Das
Ziel müsse sein, dass es in München insge-
samt mehr Erzieherinnen gebe.
Die kirchlichen und gemeinnützigen So-
zialverbände kritisierten das Vorhaben der
Stadt scharf. Sie sei verwundert, sagte An-
drea Betz, die Sprecherin der sechs großen
Münchner Verbände. „Es geht doch um die
Betreuung von allen Münchner Kindern!“
2016 habe der Stadtrat beschlossen, eine
trägerübergreifende Werbekampagne zu
konzipieren. Es seien bereits Vorschläge ge-
sammelt und Ideen formuliert worden.
2018 aber sei dieses Projekt gestoppt wor-
den – und nun plane die Stadt eine Werbe-
kampagne nur für sich selbst. Wenn der
Stadtverwaltung nicht an einer Zusam-
menarbeit mit den freien Trägern gelegen
sei, würden diese beantragen, eine eigene
Werbekampagne ins Leben zu rufen.
Heute teilt der Mittlere Ring den Englischen Garten (links), von 2027 an sollen die
Autosdurch einen Tunnel fahren. FOTO: GRUB-LEJEUNE/DPA
Auszeit
Gerade junge Familien
finden in gemeinschaftlichen
Projekten eine Perspektive
Miteinander planen
Stadtund Umland arbeiten beim Wohnungsbau zusammen
Passanten retten Hund
vor seinem Peiniger
Aus heiterem Himmel
Jose-Carreras-Stiftung suspendiert Geschäftsführerin
Gabriele Kröner fordert eine Ehrenerklä-
rung des Ex-Arbeitgebers. FOTO: ROBERT HAAS.
SUV fährt
drei Mädchen an
Aufgeflogen
Mann legt Führerscheinprüfung für einen Freund ab
Zwei Baustellen am Englischen Garten
Wennder neue Ring-Tunnel kommt, wird gleichzeitig auch die John-F.-Kennedy-Brücke ertüchtigt
Werbekampagne für mehr Erzieherinnen
Der Personalmangel in Kitas und Heimen ist eklatant. Deshalb will das Bildungsreferat Hundertausende Euro
investieren – für Werbung. Kirchliche und gemeinnützige Sozialverbände kritisieren das Vorhaben der Stadt
Die Kampagne sei so wichtig,
dass lieber woanders gespart
wird, etwa bei Fortbildungen
DEFGH Nr. 256, Mittwoch, 6. November 2019 (^) MÜNCHEN – R3