Handelsblatt - 30.10.2019

(Barry) #1

Sandra Louven Lissabon


V


on außen ist die Tech-
Welt grau. Ein unschein-
barer Hauseingang
führt in das ehemalige
Telekom-Gebäude im
Lissabonner Stadtviertel Saldanha.
Doch auf den acht Etagen dahinter
existiert ein komplettes Ökosystem
aus Start-ups, Risikokapitalgebern,
Fonds und Personalvermittlung.
Die oberen drei Stockwerke samt
Terrasse mit Stadtblick belegt beta-i,
das Herzstück des Gebildes. Ur-
sprünglich als ein Accelerator gestar-
tet, stellt das Unternehmen heute
den Kontakt zwischen Start-ups und
Konzernen her. „In Portugal hat sich
unheimlich viel getan in den vergan-
genen Jahren“, sagt beta-i-Mitgründer
Ricardo Marvão. „2011 haben die
etablierten Unternehmen Start-ups
noch angeguckt, als wären sie aus
dem Zoo. Heute suchen sie ihre Nä-
he, um von ihnen zu lernen.“
Portugal ist im Start-up-Rausch.
Das Land, das 2011 noch vor dem
Staatsbankrott gerettet werden muss-
te, hat seine tiefe Wirtschaftskrise
überwunden und setzt nun auf dem
Zukunftsmarkt IT zur Aufholjagd an.
Eine gut ausgebildete Jugend, eine
enge Kooperation zwischen Universi-
täten und Unternehmen sowie das
mediterrane Klima machen das Land
zum attraktiven Standort für Grün-
der und Investoren. Die Branchen-
Messe „Web-Summit“, die seit 2016 in
Lissabon stattfindet und am kom-
menden Montag wieder beginnt, holt
Jahr für Jahr Tech-Experten aus aller
Welt in die Stadt und macht damit
zusätzlich Marketing für den Stand-
ort. „Portugal ist ein kleines Land,
und viele Investoren wären ohne den
Web-Summit vermutlich nie hierher-
gekommen“, bestätigt Pedro Falcão,
Managing Partner des portugiesi-
schen Risikokapitalgebers LC Ven -
tures.

Lernen von Start-ups
Marvão hat beta-i schon 2010 mit
Freunden gegründet. „Wir wollten
damals die junge Generation inspirie-
ren, das Unternehmertum als Weg
aus der Krise zu betrachten“, sagt er.
Inzwischen liegt der Fokus darauf,
etablierte Unternehmen mit Start-
ups zusammenzubringen. „Viele
Großkonzerne engagieren heute
Start-ups, um technische Lösungen
für Aufgaben zu finden, die sie selbst
so schnell nicht lösen könnten“, er-
klärt Marvão. Er sitzt in einem Be-
sprechungsraum, in dem eine Wand
komplett aus einer Tafel besteht. Sie
ist frisch geputzt, aber der weiße Be-
lag zeigt, dass hier schon viel Kreide
verbraucht wurde – ein bisschen Re-
tro in der Zukunftswelt.
80 bis 85 Prozent der Gründer, die
zu beta-i kommen, sind Ausländer.
„Sie suchen bei uns die Nähe zu den
großen Konzernen“, erklärt Marvão.
Auch die sind in der Regel internatio-
nal. Ende September brachte beta-i
in Lissabon Gründer mit führenden
Energieanbietern zusammen, darun-
ter die deutsche Innogy und die japa-
nische Tepco und die australische
AusNet. Die Start-ups lernen dabei
auf einen Schlag zehn Großkonzerne
kennen und arbeiten eine Woche mit
ihnen an einem Pilotprojekt. Dann
entscheiden beide Seiten, ob sie mit
einem gemeinsamen Projekt fortfah-
ren.
Die Akquise der Multis ist für Mar-
vão nicht immer einfach. „Am An-
fang kamen auf zehn Zusagen 1000
Absagen“, erzählt er. Doch er klopfte
jedes Jahr wieder bei den Konzernen
an, lud sie nach Lissabon ein, damit

sie Stadt und beta-i kennen lernen.
„Bei einigen hat es fünf Jahre gedau-
ert, bis sie unsere Kunden wurden,
aber jetzt bleiben sie bei uns“, sagt
er. Die portugiesische Regierung
lockt ausländische Investoren, Grün-
der und Spezialisten mit eigenen Vi-
sa-Programmen und Steuererleichte-
rungen.

Ab Tag eins ins Ausland


Das Start-up-Ökosystem hat im ver-
gangenen Jahr 1,1 Prozent der portu-
giesischen Wirtschaftsleistung ausge-
macht – zwei Jahre zuvor lag der An-
teil noch bei 0,7 Prozent, so die
Denkfabrik Start-up Portugal. Und
die Innovatoren sind keineswegs nur
Ausländer, auch die Zahl der portu-
giesischen Gründer steigt, versichert
Marvão.

Deren Erfolg kann sich sehen las-
sen: Drei der von Portugiesen ge-
gründeten Start-ups sind heute mit
über einer Milliarde Dollar bewertet
und damit Einhörner. Allerdings ha-
ben sie inzwischen ihren Hauptsitz
jenseits der portugiesischen Gren-
zen, auch wenn sie zum Teil noch
viel Personal im Heimatland beschäf-
tigen. „Die Investoren, die sich in der
Wachstumsphase bei einem Start-up
engagieren, sitzen vor allem in den
USA oder in London“, erklärt Risiko-
kapital-Geber Falcão. In einem klei-
nen Land wie Portugal orientieren
sich Start-ups deshalb vom ersten
Tag an Richtung Ausland – sowohl
was die Suche nach Kunden betrifft
als auch die nach Geldgebern.
Dabei hat sich auch in Portugal ei-
niges getan. Die Zahl der privaten Be-
teiligungsfonds hat sich in den ver-
gangenen acht Jahren mehr als ver-
doppelt, auf 115. Ähnlich sieht es bei
den Business-Angels aus. „Vor 20 Jah-
ren gab es hier fast keine, jetzt sind
es über 400“, sagt Falcão.
Die portugiesische Regierung
schiebt die Entwicklung unter ande-
rem mit einem staatlichen Risikoka-
pitalfonds über 200 Millionen Euro
an, der bei jeder privaten Investition
denselben Betrag noch einmal dazu-
schießt. „Das hilft, aber andere Re-
gionen in Europa haben ähnliche
Fonds, etwa Valencia in Spanien“,
sagt Falcão. „In Portugal gibt es seit
einigen Jahren eine erhebliche Dyna-
mik, aber im europäischen Vergleich
hinkt das Land noch arg hinterher.“

IT-Branche


Portugal startet die


digitale Aufholjagd


Das Land entwickelt sich zum Start-up-Standort und


lockt inzwischen bei der Tech-Messe „Web-Summit“


auch internationale Gründer und Investoren an.


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Lissabon: Der Web-Summit
lockt Investoren.

Web-Summit: Junge
Gründer ziehen die
Aufmerksamkeit von
Investoren vor allem
aus den USA auf sich.

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MITTWOCH, 30. OKTOBER 2019, NR. 209

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