Focus - 02.11.2019

(Barré) #1

LEBENLEBEN


Fotos: Sebastien Baritussio, David Carlier/CATERS NEWS, Samuel Schalch für FOCUS-Magazin

Und so eine traut sich nicht mit dem Rad
in die Stadt? „Da bin ich verloren, völlig
orientierungslos.“ Stimmt: Zwei Minuten
zuvor ist sie an unserem Treffpunkt vor-
beigelaufen. Im freien Fall fühlt sie sich
wohler. „Da habe ich das
Risiko im Griff.“


Schmetterlinge im Bauch


Wenn Fasnacht in Jeans und
Bluse durch die Stadt geht,
sieht man ihr nicht an, dass
sie zu den wagemutigsten
Frauen des Planeten gehört.
Eine adrenalingesteuerte
Draufgängerin? Eher eine
ganz normale Frau. Eine,
die ihren Schmetterling auf
dem organgefarbenen Na-
gellack herzeigt: „Hab ich
mir gestern erst gemacht.
Schön, gell?“ Tags darauf
wird sie wieder ein Bild pos-
ten, das sie im Sturzflug
über einem Wald zeigt.
Wa rum macht sie das? Und:
Wie wird man so?
Fasnacht wuchs in einem
Dorf bei Lausanne auf, mit
Blick auf die Bergriesen
jenseits des Genfer Sees.
Jedes Wochenende ging es


»
Ich stehe
nicht über den
anderen.
Wir werden
alle sterben,
irgendwie

«


Géraldine Fasnacht
über das Unfallrisiko

nach Verbier, wo die Eltern ein Appar-
tement besaßen: Skifahren im Win-
ter, Wandern im Sommer, Hauptsache
Natur. Als sie acht war, wurde Snow-
boarden populär, also probierte sie das
mit Mama aus. „Der erste
Tag war furchtbar. Erst drei
Wochen später hab ich es
wieder versucht.“ Es folgte:
der Wow-Effekt. „Wie ein
Surfer, der seine erste Welle
erwischt.“ Bald erkannte
sie: Das Snowboard ist nicht
für die Piste gemacht, son-
dern für Tiefschnee, um den
Berg zu erkunden, eigene
Linien zu ziehen.
Mit elf, zwölf brach sie
ins Gelände auf, mal mit
Mama, öfter mit Freunden.
Taschengeld steckte sie in
Ausrüstung: Lawinen-Air-
bag, Verschüttetensuch-
gerät, Schaufel, Sonde.
An Weihnachten stets das
gleiche Geschenk: den Ski-
pass für den Winter. Als
die Familie sich das Ap-
partement nicht mehr leis-
ten konnte, stellte sie im
Skikeller eine Liege auf.
Freunde begannen auszu-

gehen – Géraldine hatte keine Zeit für
einen Freund, dafür Probleme in der
Schule, weil sie mit den Gedanken nur
in den Bergen war.
Als sie 15 war, fand zum ersten Mal
der Xtreme Verbier statt, der Beginn der
Freeride World Tour, heute eine etablierte
Wettkampf-Serie für die besten Skifah-
rer und Snowboarder. Géraldine wollte
unbedingt dabei sein und schrieb dem
Organisator, der ihr aber absagte: „Du
musst 21 sein!“ Sie war stinksauer. Den
Wettkampfberg, den berüchtigten Bec
des Rosses, hatte sie da schon befahren,
mit zwei Freunden. „Mitte der Neunzi-
ger war das nicht so normal, eher eine
Expedition“, erzählt sie, „alle schauten
zu von unten. Schon der Aufstieg war
Furcht einflößend: 55 Grad steil, felsig.“
Beim Wettkampf durfte sie dennoch erst
sechs Jahre später mitmachen. Natürlich
hat sie gleich gewonnen.

Ein Dutzend Fallschirmsprünge am Tag
In diesen fünf, sechs Jahren lebte sie ein
wildes Leben: Schulabschluss mit 16, Job
bei Swiss Air in Genf, fast zum Nulltarif
um die Welt jetten, jeden Freeride-Wett-
kampf mitmachen, fast alle gewinnen.
Erste Sponsoren meldeten sich – und
auch der Xtreme-Verbier-Chef. Sie bean-
tragte Urlaub, um trainieren zu können,

Tiefschnee Am Mont Gelé bei Verbier
(Les 4 Vallées) zieht Fasnacht einsame Spuren


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