Die Welt - 09.11.2019

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GETTY IMAGES/ BAAC3NES

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09.11.19 Samstag, 9. November 2019DWBE-HP


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22 WISSEN DIE WELT SAMSTAG, 9. NOVEMBER 2019


diziner Malek Bajbouj hat es bei Patienten als
Infusion eingesetzt. „Wir haben bei etwa 150
Patienten gesehen, dass grob ein Drittel auf die
antidepressive Behandlung anspricht, ein Drit-
tel teilweise und ein Drittel überhaupt nicht.“
Das Besondere an Ketamin ist, dass Patienten,
wenn sie ansprechen, innerhalb von Tagen
oder sogar schon Stunden ansprechen. Das
hebt es von anderen antidepressiven Medika-
menten ab. Der Haken ist allerdings: „Die Wir-
kung hält oft nur Tage an.“
Ketamin wird schon lange als Narkosemittel
eingesetzt. Von daher wissen Ärzte, dass Pa-
tienten am häufigsten von Dissoziationen als
Nebenwirkung berichten: Sie erleben sich vom
Leben wie durch eine Nebelwand getrennt. Ke-
tamin steigert zudem die Herzfrequenz und
den Blutdruck und kann bei dafür anfälligen
Menschen auch eine Psychose auslösen.
Bei ihren Patienten mit Depressionen hat-
ten die Ärzte um Bajbouj Psychosen und Hor-
rortrips befürchtet. Doch das Ketamin sei ins-
gesamt überraschend verträglich gewesen.
„Manche Patienten erlebten Dissoziationen,
einige empfanden das als angenehm, andere
als unangenehm.“ In der EU läuft gerade ein
Antrag auf eine Zulassung. „Ich kann mir vor-
stellen, dass diese Substanz unter bestimmten
Sicherheitsbedingungen zugelassen wird.“ Auf
Webseiten von großen Kliniken sehe man, dass
Ketamin bereits heute „off label“ zur Therapie
von Depressionen genutzt werde. „Wir setzen
Ketamin ja auch ein, sowohl in Studien als
auch als individuellen Heilversuch.“
Es gibt einen Grund, warum Ketamin so vie-
le Hoffnungen weckt. Ein Teil der depressiv
Erkrankten spricht nicht auf die üblichen Me-
thoden der psychiatrischen Behandlung – Psy-
chotherapie und Antidepressiva – an. Die Me-
thode der letzten Wahl ist dann die Elektro-
konvulsionstherapie. Bei dieser Behandlung
werden dem Gehirn der Patienten unter Nar-
kose krampfauslösende Stromstöße verab-
reicht, – ein massiver Eingriff. „In solchen Fäl-
len kann man meines Erachtens eine soge-
nannte psycholytische Therapie erwägen“,
sagt der Suchtmediziner Rainer Thomasius
vom UKE Hamburg. Hierbei werde eine Psy-
chotherapie durch die Gabe psychoaktiver
Substanzen unterstützt.
Es gibt noch einen weiteren Anlass für die
Hoffnungen, die auf der „psychedelischen“

tur und dem Leben stehen in einem statisti-
schen Zusammenhang mit dem langfristigen
Therapieerfolg. „Gerade depressive Patienten,
die am Wert der eigenen Existenz zweifeln,
können durch die paradoxe Erfahrung profitie-
ren, ein zwar unbedeutendes, aber dennoch
wertvolles Lebewesen in einem großen Uni-
versum zu sein.“
Die Wirkung von Psilocybin untersuchten
Forscher zudem vor allem bei Menschen, die
unter starken Ängsten angesichts von lebens-
bedrohlichen Ereignissen wie Krebs oder trau-
matischen Erlebnissen leiden. Eine Studievon
Forschern um den Psychiater Roland Griffiths
von der Johns Hopkins University zeigte: Ver-
abreichte man Patienten mit einer lebensbe-
drohlichen Krebsdiagnose unter unterstützen-
den Bedingungen eine einzelne Dosis Psilocy-
bin, waren die Betroffenen dauerhaft erheblich
weniger ängstlich und depressiv. „Besonders
bei diesen Patienten kann Psilocybin dazu füh-
ren, die Endlichkeit ihres Lebens zu akzeptie-
ren und entspannter mit der Erkrankung um-
zugehen“, sagt Jungaberle.
Ängste zu verringern, vermag auch MDMA,
besser bekannt als Ecstasy, die Lieblingsdroge
der Techno-Fraktion. Patienten können durch
die Droge in die Lage versetzt werden, im Rah-
men einer Psychotherapie stark negativ emoti-
onsbesetzte Erlebnissewie Vergewaltigungen
oder Kriegstraumata anzugehen.
Der Hamburger Suchtforscher Rainer Tho-
masius warnt allerdings vor möglichen Folgen.
„Botanische oder synthetische Halluzinogene
sowie die Substanzen aus der Ecstasy-Gruppe
haben schwere Nebenwirkungen.“ Sie können
Psychosen auslösen und zu Gedächtnis- und
Aufmerksamkeitsstörungen beitragen. Und:
„Es können Hirninfarkte auftreten.“
Jungaberle hält dagegen: „Nach dem, was
wir derzeit wissen, führt es zu keinerlei Schä-
den, wenn man MDMA zwei, drei Mal im Rah-
men einer Therapie einnimmt. Schäden wer-
den aber hervorgerufen, wenn man die Droge
50 Mal und öfters einnimmt oder in Kombina-
tion mit viel Alkohol.“
Sollten nun psychedelische Drogen eines
Tages als Medikament zugelassen werden,
könnten Ärzte sie auch „off label“ gesunden
Menschen verschreiben. Eine Nachfrage gäbe
es sicherlich. Immerhin existieren einige Hin-
weise, dass etwa MDMA für ein Gefühl der
Verbundenheit sorgt und Empathie und proso-
ziales Verhalten fördert– wobei sich in Studi-

en die Empathie und ein prosoziales Verhalten
nur bei Männern verstärkten. Und nach der
kontrollierten Einnahme von Psilocybin be-
richteten Testpersonenvon einem gesteiger-
ten Wohlbefinden und einer erhöhten Lebens-
zufriedenheit, auch noch mehr als ein Jahr
nach der Einnahme.
„Psychedelische Substanzen können auch
auf gesunde Menschen eine persönlichkeits-
verändernde Wirkung haben“, sagt Jungaberle
mit Blick auf eine eigene Übersichtsarbeitzu
dem Thema. Allerdings müsse sich die Erfah-
rung mit entsprechender Motivation und in ei-
nem Umfeld vollziehen, das existenzielle Er-
fahrungen fördere. „Dann werden Menschen
offener, das heißt flexibler im Denken, anpas-
sungsfähiger gegenüber Stressfaktoren und
verändern erstarrte oder sogar zwanghafte
Strukturen.“
Den nicht medizinischen Gebrauch und
auch möglichen Missbrauch müsse man bei
den psychoaktiven Substanzen auf jeden Fall
mitbedenken, sagt Bajbouj. Im Falle von Keta-
min, der in den USA zugelassenen Substanz
bei therapieresistenten Depressionen, hat die
amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Vor-
kehrungen gegen den Missbrauch getroffen.
„Ketamin darf nicht zu Hause, sondern nur in
ausgewählten Praxen eingenommen werden“,
sagt Bajbouj. Und in den ersten 40 Minuten
nach der Einnahme müssen die Patienten dort
überwacht werden. „Meine Erwartung ist, dass
man auch bei einer Zulassung in Europa die
psychoaktiven Substanzen nicht einfach in der
Apotheke erhalten wird.“

Heilsamer


Trip


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Ob Ecstasy bei traumatischen Erlebnissen oder der Wirkstoff von psychedelischen Pilzen bei Depressionen –


Ärzte wollen mit bewusstseinsverändernden Drogen psychische Störungen heilen


I


m Jahr 1960 ging Timothy Leary auf einen
Trip, der sein Leben verändern sollte. Bei
einer Reise nach Mexiko nahm der Psy-
chologe und Harvard-Professor zum ers-
ten Mal psychedelische Pilze. Beeindruckt
vom psychedelischen Rausch, startete er, zu-
rück in den USA, Experimente mit Psilocybin,
dem Inhaltsstoff der „magischen Pilze“.

VON CHRISTIAN WOLF

Unter anderem untersuchte Leary, ob die
Einnahme von Psilocybin in Kombination mit
einer Psychotherapie die Resozialisierung von
Gefangenen vorantreiben kann. Zu diesem
Zweck leitete er die Häftlinge durch die psy-
chedelische Erfahrung, mit deren Hilfe sie ih-
ren antisozialen Lebensstil aufgeben sollten.
Doch Leary und seine Experimente gerieten in
Verruf, nicht zuletzt, weil die spätere Ikone
der Hippiekultur bei den Versuchen selbst high
war. Er wurde gefeuert. Auch anderen For-
schungsvorhaben mit psychedelischen Drogen
wie LSD zur Schmerztherapie wurde spätes-
tens 1970 mit dem neuen US-Betäubungsmit-
telgesetz, dem Controlled Substances Act, die
Grundlage entzogen.
Doch seit einigen Jahren kommt es zu einer
Renaissance der Forschung mit psychoaktiven
Substanzen. Forscher wollen aus illegalen Dro-
gen legale Medizin machen. Ketamin, Ecstasy
und psychedelische Pilze sollen psychisch
kranken Menschen helfen – wenn die gängigen
Psychopharmaka versagen.
Zumindest in einem Fall ist der Wandel von
der Partydroge zum Medikament bereits gut
gelungen: Ketamin wird in den USA gegen the-
rapieresistente Depressionen eingesetzt: An-
fang des Jahres hat die US-Arzneimittelbehör-
de FDA die ketaminähnliche Substanz Esketa-
min als Nasenspray zugelassen.
Auch an der Berliner Charité wird Ketamin
als Mittel für Depressive untersucht. Der Me-

Forschung beruhen: In den letzten Jahrzehn-
ten hat es an der Psychopharmakafront wenig
wirkliche Innovationen gegeben. Deshalb rich-
ten Wissenschaftler ihren Fokus auf bereits
bekannte psychoaktive Substanzen. Sie unter-
suchen, ob sich mit ihnen psychische Erkran-
kungen mildern lassen.
Zu diesen Substanzen gehört auch das Psilo-
cybin, durch das Timothy Leary in den 60er-
Jahren auf die Idee zur möglichen Therapie-
wirkung kam. „Die Forschung zu Psilocybin
steht noch am Anfang“, sagt Henrik Jungaber-
le, Gesundheitswissenschaftler, Psychothera-
peut und Direktor der Wissenschaftsorganisa-
tion MIND – European Foundation for Psyche-
delic Science. „Nach dem derzeitigen Stand
scheint das therapeutische Potenzial aber groß
zu sein.“ Das Erstaunliche sei, dass die Wir-
kung selbst bei einer einmaligen Gabe bis zu
einem halben Jahr anhalten könne.
Das subjektive Erleben ist hier besonders
wichtig. Denn anders als bei der herkömmli-
chen Behandlung mit Psychopharmaka und
Psychotherapie dreht es sich nicht darum, et-
waige Defizite wie einen Mangel bestimmter
Botenstoffe im Gehirn oder problematische
Denkmuster bei den Patienten auszugleichen.
„Vielmehr geht es um eine existenzielle Be-
wusstseinsänderung“, sagt Jungaberle. Dabei
könne der Patient sein eingefahrenes Selbst-
bild verändern sowie seine Werte und Ziele
überdenken. Subjektive Erfahrungen wie Ver-
bundenheitserlebnisse, Ehrfurcht vor der Na-

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