Süddeutsche Zeitung - 12.11.2019

(Tuis.) #1
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von thomas kistner

V


ermutlich hat es auch mit der Igno-
ranz von Nike zu tun, dass nun im-
mer schlimmere Details aus dem
Elite-Läuferteam des US-Sportartikel-
konzerns publik werden. Im Oktober wur-
de das Nike Oregon Project (NOP) einge-
stellt; Alberto Salazar, sein Gründer und
Mastermind, war der amerikanischen
Anti-Doping-Agentur Usada ins Netz ge-
gangen und vier Jahre gesperrt worden.
Aber: Verhält sich Nike wirklich nur
ignorant, angesichts erdrückender Zeu-
genberichte und einer überwältigenden
Faktenlage? Oder ist es so, dass der Kon-
zern gar nicht mehr anders kann, weil er
untrennbar an Salazar gekettet ist? Der
hatte sein Treiben ja bis an die Konzern-
spitze referiert. Das verraten Mails an Vor-
standschef Mark Parker, der jüngst eben-
falls zurücktrat. Nike verteidigte Salazar
und dessen Hormondoktor bedingungs-
los, Millionen flossen an Anwälte. Als
trotzdem das Usada-Urteil erging, ver-
fasste der Konzern Statements von Kaba-
rettreife: Salazar, lautete die Pointe, sei
vom Dopingverdacht freigesprochen wor-
den. Nie distanzierte sich Nike vom Guru,
es gab keine Entschuldigung an Athleten
und Whistleblower. Jetzt ist es zu spät.
Nike hat alle Glaubwürdigkeit verspielt.

Dagegen steht die Tapferkeit vieler
NOP-Athleten, etwa der Läuferin Mary
Cain, die gerade bedrückende Details
schilderte. Ihr Leidensdruck muss enorm
sein, sie klagen immerhin eine
Supermacht des Weltsports an. Weit rei-
chen die Tentakel des Konzerns, zumal in
der Leichtathletik, die sogar ihre WM
2021 am Konzernsitz in Oregon austrägt.
Wo nun die Zivilcourage von Topsport-
lern gegen die Marketingmaschinerie ei-
nes Global Players steht, geht es um alles:
Jeder einzelne NOP-Athlet hat nun Stel-
lung zu beziehen. Wer das nicht tut, in
Kenntnis der Aussagen geschundener
Kollegen und der Vorgänge in Salazars
Lauflaboren, der erntet blankes Unver-
ständnis. Im besten Falle.
Auch Konstanze Klosterhalfen war im
Nike-Projekt. Die Deutsche mit den atem-
beraubenden Leistungssprüngen beteu-
erte bisher nur, sie hätte nie mit Salazar
zu tun gehabt und einzig unter dessen Co-
Trainer Pete Julian trainiert. Das ist nicht
nur unzureichend, weil auch Julian laut
Usada der Mitwirkung an typischen Vor-
gängen verdächtigt wird. Es ist schon des-
halb ungenügend, weil kein realitätsna-
her Beobachter glauben kann, dass es im
Laufprojekt eines fast 20 Jahre herrschen-
den Gurus zwei völlig verschiedene Leis-
tungskulturen gab. Eine, die Salazar mit
faustischer Experimentierwut pflegte
und die den missbräuchlichen Umgang
mit Athleten nahelegt, und eine andere,
völlig saubere – die merkwürdigerweise
genauso erfolgreich war. Warum wurde
dann nicht auf die saubere Tour gesetzt?
Das hätte Nike viel Ärger erspart.
Es ist nun an den Athleten, die bisher
schwiegen. Weil die Vorwürfe einen Gene-
ralverdacht begründen, braucht es die
klare Distanzierung von dem Projekt;
und wer wirklich nie mitbekam, was heu-
te so viele berichten, hat die Pflicht, sich
bei den Opfern auf den Stand zu bringen.
Wer aber glaubt, diese Fragen einfach
aussitzen und die Karriere gar mit NOP-
Personal fortsetzen zu können, rennt voll
hinein in das Minenfeld, das für immer
den Namen Nike Oregon Project trägt.

Es wirkt immer spontan, wenn Sportler
wenige Wochen vor dem Start der neuen
Saison ihr Karriereende verkünden. Als
wäre so kurz vor dem ersten Wettkampf ei-
ner langen Wintersaison mit vielen Reisen,
Strapazen und Druck plötzlich klar
geworden, dass im Leben andere Heraus-
forderungen locken. Aber bei Anna
Schaffelhuber, der siebenmaligen Para-
lympics-Siegerin auf dem Monoski, war
das nicht so. Ihr Rückzug ist wohl überlegt.
Sie habe diese Entscheidung lange mit
sich herumgetragen, sagte sie dem Bayeri-
schen Rundfunk, das ganze Jahr über dach-
te sie darüber nach, und schwer sei es dann
nicht gewesen, weniger das Ergebnis einer
Abwägung als Intuition: „Und dieses Ge-
fühl hat sich richtig angefühlt.“ Schaffelhu-
ber hat noch viel vor, sie steht kurz vor dem
Einstieg in den Lehrerberuf, außerdem hat
sie in diesem Sommer geheiratet. Und sie
hat in den vergangenen Monaten auch den
Eindruck gewonnen, dass es nun genug sei
mit der Jagd nach Medaillen, diese Phase
ihres Lebens empfindet sie als „komplett“.
26 Jahre alt ist Anna Schaffelhuber erst,
aber sie hat Medaillen und Siege für drei
erfolgreiche Laufbahnen errungen: Sieben
paralympische Goldmedaillen, elf WM-Ti-
tel, sechs Gesamtweltcup-Siege und 59
Einzelweltcup-Siege waren es, dazu etli-

che weitere Podestplätze; 2015 wurde sie
Welt-Behindertensportlerin. Bei den Spie-
len 2010 in Vancouver holte sie Bronze, da-
nach entfaltete Schaffelhuber ihr vielseiti-
ges Talent. In Sotschi 2014 holte sie fünf-
mal Gold (Abfahrt, Super-G, Riesenslalom,
Slalom und Super-Kombination). Vor zwei
Jahren in Südkorea gelang es ihr dann, die
Paralympics-Siege im Super-G und in der
Abfahrt zu wiederholen. Mehr geht im
Grunde nicht binnen neun Jahren, und vie-
le Sportler kommen da an einen Punkt, an
dem der höhere Sinn für die immer gleiche
Plackerei sich kaum noch erschließt, bei
den Biathletinnen Magdalena Neuner und
Laura Dahlmeier war es ähnlich.
Zumal das Leben nach dem Wettkampf
vielfältiger wird. Schaffelhuber veranstal-
tete in diesem Sommer am Chiemsee ein
Camp, um Jugendliche mit und ohne Han-
dicap zusammenzubringen. Das Treffen
soll im kommenden Jahr dreimal stattfin-
den. Weil im Behindertensport noch vieles
nicht reibungsfrei abläuft, will sie sich dort
einbringen: „Es müssen noch deutlich
mehr Strukturen geschaffen werden“, sagt
sie. Und schließlich hat sie selber weiter
Ambitionen im Sport, sie will neue Techni-
ken lernen, Tennis spielen, Schlittenlang-
lauf betreiben und auch weiter Skifahren –
frei und bei Sonnenschein. sz

Basketball

Männer, Bundesliga, 7. Spieltag
Bayreuth – Braunschweig 95:89 (49:33)
Bruinsma 23, Woodard 15, Seiferth 13, Lin-
hart 11 – Klepeisz 19, Lawson III 19, Releford
14, Jallow 11, Eatherton 11. – Z.: 3203.
Göttingen – Oldenburg 104:87 (56:47)
Anderson 26, Osetkowski 20, Lockhart 17, La-
sisi 17, Allen 13 – Mahalbasic 15, Larson 15,
Schwethelm 10, Boothe 10. – Z.: 2613.
FC Bayern – Berlin 84:80 (41:38)
King 19, Monroe 13, Lucic 13, Nelson 12 – Gie-
draitis 17, Thiemann 16, Hermannsson 13,
Giffey 11. – Zuschauer: 6500.
Bonn – Bamberg 81:106 (28:55)
Breunig 12. – Marei 19, Taylor 18, Weide-
mann 14, Sengfelder 13. – Zuschauer: 5710.
1 FC Bayern 6 531:439 12:0
2 Bamberg 7 638:552 12:2
3 Ludwigsburg 7 636:568 12:2
4 Berlin 6 565:460 10:2
5 Crailsheim 7 659:584 10:4
6 Braunschweig 6 535:509 8:4
7 Würzburg 7 597:596 8:6
8 Oldenburg 7 582:598 8:6
9 Vechta 7 551:575 8:6
10 Frankfurt 7 540:575 6:8
11 Bayreuth 6 496:506 4:8
12 Bonn 5 403:485 2:8
13 Gießen 6 496:527 2:10
14 Ulm 6 481:531 2:10
15 Hamburg 6 437:556 2:10
16 Mitteldt. BC 7 633:658 2:12
17 Göttingen 7 544:605 2:12

Eishockey

Deutschland-Cup in Krefeld, 3. Spieltag
Deutschland – Slowakei n.V. 2:3
(1:0, 1:1, 0:1)
1:0 Eder (6:25), 2:0 Eder (28:35), 2:1 Sukel
(31:57), 2:2 Rosandic (55:52),2:3 Zuzin
(62:08). – Zuschauer: 4633.
Schweiz – Russland n.P. 3:4 (0:1,1:1,2:1)

Endstand: 1. Schweiz 6 Punkte, 2. Deutsch-
land 5, 3. Russland 4, 4. Slowakei 3.

NHL
New York Rangers – Florida Panthers 5:6 n.P.

Fußball

England, 12. Spieltag
FC Liverpool – Manchester City 3:1 (2:0)
Manchester Utd. – Brighton & H. 3:1 (2:0)
Wolverhampton – Aston Villa 2:1 (1:0)
1 FC Liverpool 11 28:10 34
2 Leicester City 12 29:8 26
3 FC Chelsea 12 27:17 26
4 Manchester City 12 35:13 25
5 Sheffield United 12 13:9 17
6 FC Arsenal 12 16:17 17
7 Manchester United 12 16:12 16
8 Wolverhampton 12 16:15 16
9 AFC Bournemouth 12 15:15 16
10 FC Burnley 12 17:18 15
11 Brighton & Hove Albion 12 15:17 15
12 Crystal Palace 12 10:16 15
13 Newcastle United 12 11:18 15
14 Tottenham Hotspur 12 18:17 14
15 FC Everton 12 13:18 14
16 West Ham United 12 14:20 13
17 Aston Villa 12 17:20 11
18 FC Watford 12 8:23 8
19 FC Southampton 12 11:29 8
20 Norwich City 12 11:28 7

Spanien, 13. Spieltag
Atlético Madrid – Esp. Barcelona 3:1 (1:1)
FC Getafe – CA Osasuna 0:0
Real Betis Sevilla – FC Sevilla 1:2 (1:1)

1 FC Barcelona 12 33:15 25
2 Real Madrid 12 25:9 25
3 Atlético Madrid 13 15:8 24
4 FC Sevilla 13 17:14 24
5 Real Sociedad 13 21:14 23
6 Athletic Bilbao 13 13:8 20
7 FC Getafe 13 18:15 20
8 CF Granada 13 19:17 20
9 FC Valencia 13 19:18 20
10 CA Osasuna 13 16:13 19
11 FC Villarreal 13 26:19 18
12 UD Levante 13 16:16 17
13 Real Valladolid 13 14:17 17
14 CD Alaves 13 14:18 15

15 SD Eibar 13 14:21 15
16 RCD Mallorca 13 12:19 14
17 Real Betis Sevilla 13 15:23 13
18 Celta Vigo 13 7:19 9
19 Espanyol Barcelona 13 7:23 8
20 CD Leganes 13 7:22 6

Italien, 12. Spieltag
Juventus Turin – AC Mailand 1:0 (0:0)
Lazio Rom – US Lecce 4:2 (1:1)
Sampdoria Genua – A. Bergamo 0:0
Udinese Calcio – SPAL Ferrara 0:0
FC Parma – AS Rom 2:0 (0:0)
1 Juventus Turin 12 20:9 32
2 Inter Mailand 12 26:12 31
3 Lazio Rom 12 28:13 24
4 Cagliari Calcio 12 23:12 24
5 Atalanta Bergamo 12 30:18 22
6 AS Rom 12 20:14 22
7 SSC Neapel 12 21:15 19
8 FC Parma 12 18:15 17
9 AC Florenz 12 18:19 16
10 Hellas Verona 12 10:11 15
11 FC Turin 12 15:17 14
12 Udinese Calcio 12 8:18 14
13 Sassuolo Calcio 11 21:21 13
14 AC Mailand 12 11:16 13
15 FC Bologna 12 16:20 12
16 US Lecce 12 15:25 10
17 CFC Genua 12 14:26 9
18 Sampdoria Genua 12 7:19 9
19 SPAL Ferrara 12 7:18 8
20 Brescia Calcio 11 10:20 7

Frankreich, 13. Spieltag
Olymp. Marseille – Olymp. Lyon 2:1 (2:0)
1 Paris St. Germain 13 28:8 30
2 Olympique Marseille 13 16:17 22
3 SCO Angers 13 17:16 21
4 AS St. Etienne 13 15:17 21
5 OSC Lille 13 18:13 19
6 Montpellier HSC 13 14:10 19
7 Girondins Bordeaux 13 18:15 19
8 Stade Reims 13 9:6 19
9 FC Nantes 13 11:12 19
10 Stade Rennes 12 16:13 18
11 AS Monaco 13 20:22 18
12 Stade Brest 13 14:16 17
13 OGC Nizza 13 16:19 17

14 Olympique Lyon 13 20:13 16
15 SC Amiens 13 17:20 16
16 RC Strasbourg 13 11:14 15
17 FC Metz 13 11:18 13
18 Dijon FCO 13 7:14 12
19 FC Toulouse 13 15:25 12
20 Olympique Nimes 12 11:16 11

U17-WM in Brasilien, Viertelfinale
Niederlande – Paraguay 4:1 (2:1)
Südkorea – Mexiko 0:1 (0:0)
Spanien – Frankreich
Außerdem: Italien – Brasilien

Handball

Männer, Bundesliga, 12. Spieltag
Flensburg – Göppingen 28:22 (17:9)
Sogard 5, Gottfridsson 4, Jondas 3/1, Röd 3,
Svan 3 – Schiller 4/1, Zelenovic 4, Kozina 3. –
Zuschauer: 5823.
Lemgo – Ludwigshafen 27:19 (15:6)
Elisson 13, Klimek 4, Guardiola 3, Theuerkauf
3 – Remmlinger 3. – Zuschauer: 3687.
Wetzlar – H.-Burgdorf 25:25 (12:15)
Holst 8/6, Forsell Schefvert 3, Mirkulovski 3 –
Kastening 6/3, Martinovic 4. – Z.: 4064.
Magdeburg – Minden 31:29 (15:11)
Damgaard 9, Musa 5, O'Sullivan 4 – Rambo 8,
Gullerud 4, Gulliksen 4, Michalczik 4. – Zu-
schauer: 6600.
1 Hannover-Burg. 12 351:314 20:4
2 Flensburg-Hand. 12 315:284 18:6
3 SC Magdeburg 13 406:361 18:8
4 THW Kiel 10 308:264 16:4
5 Füchse Berlin 12 339:301 16:8
6 Rhein-N. Löwen 12 340:311 16:8
7 DHfK Leipzig 12 340:341 16:8
8 MT Melsungen 12 332:336 15:9
9 F.a. Göppingen 12 312:311 11:13
10 Bergischer HC 12 319:330 11:13
11 HSG Wetzlar 11 316:320 10:12
12 HC Erlangen 12 310:318 10:14
13 TSV Minden 12 320:329 10:14
14 Balingen-Weilst. 11 311:330 8:14
15 TVB Stuttgart 11 277:309 6:16
16 TBV Lemgo 12 327:355 6:18
17 Ludwigshafen 12 286:334 3:21
18 Nordhorn-Lingen 12 298:359 2:22

Champions League, Gruppe B, 7. Spieltag
THW Kiel – FC Porto 27:28 (14:13)
HC Saporoschje – Montpellier 25:26 (17:12)
HC Brest – Telek. Veszprem 30:37 (17:20)
Vardar Skopje – Vive Kielce 28:28 (17:16)
1 THW Kiel 7 5 1 1 219:189 11
2 Montpellier HB 7 4 1 2 189:184 9
3 Vardar Skopje 7 4 1 2 210:217 9
4 Tel. Veszprem 7 4 0 3 236:210 8
5 KS Kielce 7 3 2 2 213:206 8
6 FC Porto 7 3 2 2 201:210 8
7 HC Brest 7 1 0 6 194:220 2
8 HC Saporoschje 7 0 1 6 202:228 1

Tennis

Männer, ATP-Finals in London (9 Mio. $)

1. Spieltag, Gruppe B
Djokovic (Serbien/2) – Berrettini (Italien/8)
6:2, 6:1, Thiem (Österreich/5) – Federer
(Schweiz/3) 7:5, 7:5. – 2. Spieltag der Grup-
pe B am Dienstag.
Doppel, Gruppe B, 1. Spieltag
Klaasen/Venus (Südafrika/Australien) –
Ram/Salisbury (USA/Großbritannien) 6:3, 6:4,
Kubot/Melo (Polen/Brasilien) – Dodig/Pola-
sek (Kroatien/Slowakei) 4:6, 6:4, 10:5.


Volleyball

Männer, Bundesliga, 5. Spieltag
Haching – Eltmann 3:0 (31:29, 25:15, 25:22).
1 Berlin Volleys 6 18:3 17
2 VfB Friedrichshafen 5 15:4 15
3 UV Frankfurt 5 13:6 12
4 AlpenVolleys Haching 5 12:9 9
11 VC Eltmann 6 5:15 3
12 TV Rottenburg 5 5:15 2

Live im Free-TV

Dienstag, 12. November
13.45 – 0 Uhr, Eurosport: Snooker, World
Main Tour, Northern Ireland Open.
17 – 22 Uhr, Sport1: Eishockey, Champions
Hockey League, Achtelfinale, Hinspiel: Minsk


  • München; danach: Augsburg – Biel-Bienne.


Von der Piste ans Pult:


Goldgewinnerin Anna Schaffelhuber hört auf


Höflich, aber doch auch spürbar ernüchtert beantwortete Roger Federer, 38, die Fragen zu sei-
ner 5:7, 5:7-Niederlage gegen den Österreicher Dominic Thiem bei den ATP-Finals in London.
Dem Publikumsliebling droht damit bereits in der Vorrunde das Aus. Das ist ihm vor seiner ins-
gesamt 17. Teilnahme am traditionellen Jahresabschluss der acht Saisonbesten erst ein einziges
Mal passiert. Vor elf Jahren war er bei dem damals noch als Tennis Masters Cup in China ausge-
tragenen Event ebenfalls in der Gruppenphase hängengeblieben. Ein Szenario, das sich durch
seine fünfte Niederlage im siebten Duell mit Thiem nun abzeichnet. Federer sprach von „norma-
lem Erstrunden-Schluckauf“, der seinen Auftritt an diesem Tag in den entscheidenden Momen-
ten beeinträchtigt habe. „Mein Spiel war heute einfach nicht gut genug“, kommentierte er. Es
muss nun gegen Matteo Berrettini und vor allem gegen Novak Djokovic deutlich besser werden,
damit er das Halbfinale am Wochenende doch noch erreicht. sid FOTO: JUSTIN SETTERFIELD / GETTY

von joachim mölter

München – Es gibt Ereignisse, da schießt
einem als Erstes in den Sinn: Ausgerechnet
der! Und auch das Spitzenspiel der Basket-
ball-Bundesliga (BBL) zwischen dem FC
Bayern München und Alba Berlin war so
eins, wo man nachher nicht umhin kam zu
denken: Ausgerechnet Alex King!
Alex King war der beste Mann auf dem
Parkett gewesen beim 84:80 (41:38) der
Münchner, mit dem sie am Sonntag die Ta-
bellenführung von ihren Gästen übernah-
men mit nun 12:0 Punkten. Ausgerechnet
King, der einst Kapitän bei Alba Berlin ge-
wesen war, bis er im Sommer 2016 nach
München zurückkehrte. Ausgerechnet
King, der als 15-Jähriger in der Jugend des
FC Bayern das Basketballspielen gelernt
hatte, ehe er durch die Republik tourte.
Ausgerechnet King, der mittlerweile mit
weitem Abstand die meisten Bundesliga-
spiele aller Profis in den Beinen hat, 562
seit Sonntag. Ausgerechnet King, der mit
seinen 34 Jahren im Grunde nur noch da-
für vorgesehen war, für ein paar Minuten
Entlastung zu sorgen, falls mal Not am
Mann sein sollte.
Nun herrscht bei den FC-Bayern-Basket-
ballern freilich seit Saisonbeginn Not im
Kader: Die Zugänge T.J. Bray (Fußoperati-
on) und Josh Huestis (Knieprobleme) ha-
ben noch kein Pflichtspiel bestritten, der
ebenfalls neu verpflichtete Mathias Les-
sort setzt schon seit einiger Zeit mit einer
Bänderblessur aus, und seit voriger Woche
fällt auch noch Nihad Djedovic wegen ei-
ner Kniereizung aus. Trotz der vier Ausfäl-

le den Rivalen Alba Berlin bezwungen zu
haben, sei eine „herausragende Leistung
gewesen“, fand FC-Bayern-Geschäftsfüh-
rer Marko Pesic. Er lobte dafür speziell die
vermeintlichen Ersatzspieler, die alle zum
Erfolg beigetragen hatten – DeMarcus Nel-
son, Diego Flaccadori, Leon Radosevic.
„Vor allem Alex“, hob Pesic hervor.
Alex King hatte nicht nur die meisten
Punkte erzielt von allen Spielern (19), er hat-
te vor allem die wichtigsten Körbe gewor-
fen. Zwei Dreier, mit denen er die Berliner
wieder einfing, als diese in der Anfangspha-
se drohten, mit mehr als zehn Punkten Vor-

sprung davonzuziehen. Zwei Dreier in der
Schlussphase, mit denen er seine Münch-
ner auf mehr als zehn Punkte nach vorne
brachte, wovon sie letztlich zehrten. Dazu
zwei Rebounds da, drei Vorlagen dort, ein
Ballgewinn zwischendurch sowie ein ver-
hinderter Pass zu einem freistehenden Ber-
liner – was zu tun war, hat Alex King getan.
„Er ist jeden Tag bereit, fürs Training
und für die Spiele“, sagt FC-Bayern-Coach
Dejan Radonjic, der ansonsten ungern ein
individuelles Lob verteilt. „So einen Spie-
ler brauchst du, und von dieser Sorte Team-
player gibt es nicht sehr viele“, hatte Mün-
chens Sportdirektor Daniele Baiesi bereits
im Sommer erklärt, warum der Klub den
ausgelaufenen Vertrag des 34-Jährigen
verlängerte, sogar um drei Jahre. „Alex
war in den vergangenen beiden Jahren im-
mer da, wenn er gebraucht wurde. Und er
ist außerdem jemand, der in der Umkleide-
kabine immens wichtig für die Atmosphä-
re eines Teams ist.“ Wie sehr die FC-Bayern-
Basketballer Alex King schätzen, erkennt
man auch daran, dass sie ihm während der
Vertragslaufzeit auch den Wechsel ins Ma-
nagement ermöglichen.
In dieser Saison brauchen die Münch-
ner Alex King freilich noch als Spieler. Weil
der FC Bayern ja auch in der Euroleague ak-
tiv ist und deshalb vermutlich mehr als 75
Partien in dieser Saison bestreiten muss,
hat er seinen Kader qualitativ wie quantita-
tiv verstärkt – aber wenn gleich vier Leute
auf einmal ausfallen, wird das Personal
eben selbst bei einer Spitzenmannschaft
knapp. Diese Erfahrung haben am Sonn-
tag im Übrigen auch die ebenfalls in der Eu-

roleague beschäftigten Berliner gemacht,
bei den kurzfristig Spielmacher Peyton Si-
va (Muskelverletzung) und Forward Tyler
Cavanaugh (Sprunggelenk) ausgefallen wa-
ren; auf Marcus Eriksson und Stefan Peno
müssen sie sowieso schon seit längerer
Zeit verzichten. Der junge Berliner Jonas
Mattisseck urteilte deshalb nicht zu Un-
recht über das Spitzenspiel: „Zwei Teams
auf hohem Niveau, aber wegen der vielen
verletzten Spieler noch nicht auf ihrem Hö-
hepunkt. Beide werden im Lauf der Saison
sicher noch stärker.“

Wenn die verletzten Münchner zurück-
kommen, wird Alex King sicher ohne Mur-
ren wieder in die zweite oder dritte Reihe
zurücktreten. Dass er tatsächlich ein Team-
player ist, hat er nach dem Erfolg über Ber-
lin bestätigt, als der Mann vonMagenta-
sport, der übertragenden Internetplatt-
form, ihn fragte, was ihm an diesem Tag ge-
fehlt habe? „Wasunsgefehlt hat?“, fragte
King unsicher zurück. Nein, nein, beharrte
der Reporter: Wasihmgefehlt habe. Und
weil Alex King von selbst nicht draufkam,
verriet es der Reporter: ein Punkt. Ein
Punkt hatte dem Flügelspieler gefehlt, um
seinen Karriere-Höchstwert von 20 Zäh-
lern einzustellen. Der war ihm vor fünf Jah-
ren gelungen, damals noch im Trikot von
Alba Berlin. Ausgerechnet Alba, möchte
man da sagen.

Oklahoma City – Basketball-Nationalspie-
ler Dennis Schröder hat trotz einer
25-Punkte-Vorstellung für Oklahoma City
Thunder in der nordamerikanischen Profi-
liga NBA eine Niederlage kassiert. Oklaho-
ma City verlor am Sonntag gegen die Mil-
waukee Bucks 119:121 (56:50) und rutschte
dadurch in der Western Division der NBA
mit einer Bilanz von vier Siegen und sechs
Niederlagen auf den elften Rang (von 15
Teams) ab. Der 26 Jahre alte Schröder war
zum zweiten Mal in dieser Saison bester
Werfer seines Teams, zudem kam er auf
sechs Rebounds und fünf Assists. Im letz-
ten Viertel glich Oklahoma City zunächst
nach einem 87:100-Rückstand noch zum
114:114 aus, ging am Ende aber doch leer
aus. Bei den Gästen überzeuge Giannis An-
tetokounmpo, der MVP der Vorsaison, mit
35 Punkten und 16 Rebounds. dpa, sid

Köln – Der ehemalige Halbmarathon-Welt-
rekordler Abraham Kiptum aus Kenia ist
wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-
Bestimmungen für vier Jahre gesperrt wor-
den. Das teilte die unabhängige Integritäts-
kommission AIU des Leichtathletik-Welt-
verbandes IAAF mit. Kiptum wurde an-
hand von Unregelmäßigkeiten im Blutpass
überführt. Der 30-Jährige hatte 2018 in Va-
lencia in 58:18 Minuten einen Weltrekord
aufgestellt. Mitte September 2019 verbes-
serte sein Landsmann Geoffrey Kamworor
diese Marke um 17 Sekunden. Kiptum war
im April unmittelbar vor seinem geplanten
Start beim London-Marathon suspendiert
worden. sid

AKTUELLES IN ZAHLEN


Roger Federers „Erstrunden-Schluckauf“


Helfer in der Not


Ursprünglich war Alex King, 34, nur als Ersatzmann vorgesehen, doch beim Gipfeltreffen gegen Alba Berlin
entpuppt er sich als wichtigster Mann der FC-Bayern-Basketballer – und führt sein Team an die Tabellenspitze

Dass er ein Teamplayer ist,
bestätigt Alex King
erst recht nach dem Spiel

NIKE UND DOPING

Die Tentakel


der Supermacht


Die Athleten müssen sich klar
distanzieren – auch die Deutsche
Konstanze Klosterhalfen

25 Zähler reichen nicht
Dennis Schröder verliert mit Oklahoma City

Kiptum gesperrt
Läufer mit Unregelmäßigkeiten im Blutpass

(^24) SPORT Dienstag, 12. November 2019, Nr. 261 DEFGH
Immer bereit: Alex King war mit 19 Punk-
ten bester Münchner im Spitzenspiel ge-
gen Berlin. FOTO: PHILIPPE RUIZ / IMAGO
FOTO: JAN WOITAS / DPA
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