BILDUNGSZENTRUM LIMMATTAL
360-Grad-Lernräume
für Jugend liche
Im Bildungszentrum Limmattal in Dietikon (ZH) werden die Lernen-
den durch das Projekt «n47e8» befähigt, selbstverantwortet zu lernen
und zureflektieren. Ein Lern-Management-System führt dieJugend-
lichen durch «Missionen», in denen sie sich individualisiertWissen an-
eignen sowie Lern- und Selbstkompetenz entwickeln. Sie erstellen
Lernprodukte, um eine beschriebene Situation eigenständig meistern
zu können.
«Es geht nicht darum, ausschliesslich auf digitalemWegAufgaben zu
lösen»,sagt Claudia Hug, Rektorin des Bildungszentrums Limmattal.
«Bei uns wird auch mit herkömmlichen Unterrichtsmethoden gearbei-
tet.» AufdiesemWegund in von Lehrpersonen angebotenenWork-
shops eignen sich die Lernenden transversaleKompetenzen an. Ihren
Fortschritt halten sie in einem Logbuch fest,in dem sie ihre Leistungen
selber einschätzen. Gamification und die Benützung von 360-Grad-
Lernräumen eröffnen denJugendlichen neueAspekte des Lernens.
Nach einer kurzenKonzeptphase wurde mit sieben Pilotklassen ge-
startet,im zweitenJahr waren es elf. «Alle Beteiligten bringen ihre Er-
fahrungen ein,was zu laufenden Optimierungen führt», erklärt Denise
Merz,ProjektleiterinundFachlehrerin.Im zweitenJahr haben die Lehr-
personen, denen vermehrt dieRolle eines Lerncoachs zukommt,Fort-
schritte und positive Unterschiede festgestellt.Auch die Schülerinnen
und Schüler melden Erfreuliches zurück.«Wir lernen selbstständig oder
in Teams»,sagt Logistiker-Lernender Cédric (16).
4 NZZ-Verlagsbeilage Spot light Schweiz Donnerstag, 31. Oktober 2019 Donnerstag, 31. Oktober 2019 Spotlight Schweiz NZZ-Verlagsbeilage 5
Bildungsstätten,
Lehrpersonen
und Wissbegierige
mit Vorbildcharakter
Die Initiative Spotlight Schweiz präsentiert ze hn Projekte, die den digitalen
Wandel als Chance wahrnehmen und durch innovative pädagogische
Konzepte das Lehren und Lernen für ihre Schülerinnen und Schüler spannend
gestaltenund wirkungsvoll machen (in alphabetischer Reihenfolge).
Von Marc Bodmer (Text) und Marco Woldt (Bilder, Spotlight Schweiz)
Hinter «n47e8» stecken dieKoordinaten von Dietikon (ZH). Sie be-
zeichnen das Unterrichtskonzept des Bildungszentrums Limmattal,
das auf der Individualisierung und der Digitalisierung aufbaut.
CERCLE SCOLAIRE DE VAL-DE-RUZ
Wenn die Lehrperson
zur Seite steht
Die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler und der digitale Wandel
zählen zu den grossen Herausforderungen unserer Zeit. Der Schulkreis
der GemeindeVal-de-Ruz (NE) umfasstrund2300 Mädchen undJungs
sowie 230 Lehrpersonen an14 Primarschulen und einer Sekundarschule.
«Diese Organisation erlaubt es, kohärent und über die verschiedenen
Stufen derVolksschule – vom ersten bis zum elftenJahr – Projekte zu
entwickeln», sagt Fabrice Sourget,Direktor des SchulkreisesVal-de-Ruz.
Der digitaleWandel bringt es mit sich, dass das Wissen nicht länger
auf eine (Lehr-)Person fokussiert ist, sondern überall und jederzeit ab-
rufbar ist.«Dadurchkommt es zu einemRollenwechsel.Die Lehrperson
soll die Schülerinnen und Schülerauf ihremWeg begleiten, stattWissen
frontal zu vermitteln. Man steht ihnen nicht mehr gegenüber, sondern
zur Seite», erklärtFabrice Sourget. Und Primarlehrerin Joanie Beljean
Favre ergänzt:«Wenn wir online gehen, zeigen wir den Kindern die Zu-
sammenhänge.Wir fo rdern sie auf, kritisch zu sein und sichFragen zu
stellen wie:Warum wird mir das gezeigt?»
Die Integration von digitalen Lernformen bringt einen Organisations-
wechsel mit sich.In Workshops, in denen die Klassen in Gruppen aufge-
teilt werden, kann besser auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schü-
lerinnen und Schüler eingegangen werden.Allekönnen ihrenFähigkei-
ten entsprechend den Stoff angehen und verarbeiten. Sie lernen auch,die
Möglichkeiten der Digitalisierung zu verstehen und richtig einzusetzen.
Um der Heterogenität der heutigen Schulklassen und dem digitalen
Wandel gerecht zuwerden, hat der SchulkreisVal-de-Ruz (NE) die Orga-
nisation angepasst und sichvom frontalen Unterricht verabschiedet.
LYCÉE-COLLÈGE DES CREUSETS SION
Wie Gymnasiasten
zu C.R.A.C. werden
Schülerinnen und Schülerkönnen sich selten Inhalte über eine längere
Zeitspanne merken. Nach dem Prüfungstag ist das meiste vergessen.
«Viele Lehrpersonen müssen deshalb das Gleiche sehr oft wiederholen»,
sagt PatrickPoscio, Physiklehrer am Gymnasium Des Creusets in Sion
(VS). 2015 entwickelte er zusammen mit der EidgenössischenTechni-
schen HochschuleLausanne (EPFL) dieC.R.A.C.-Methode. Sie setzt
sich aus den Elementen zusammen: Mit einerReihe vonFragebogen
werden die Lerngewohnheiten bewusst gemacht – die Analyse erlaubt
individuelles, aber auchFeedback in der ganzen Klasse; eineAusbildung
der Gymnasiasten sowie der Lehrpersonen über einen pädagogischen
Online-Kurs, der die neusten Erkenntnisse aus den Neurowissenschaf-
ten vermittelt;regelmässiger Einsatzvon reflexivenund metakognitiven
Aktivitäten undTools.
Ziel derC.R.A.C.-Methode ist es, dass die Schülerinnen und Schüler
lernen lernen.Dabei stehen vier Punkte imVordergrund: 1. Verstehen;
- Sich erinnern; 3.Das Gelernte anwendenkönnen; 4.Festigen,was ge-
festigt werden muss. PatrickPoscio hat diverseC.R.A.C.-Module ent-
wic kelt. «Sie helfen Schülerinnen und Schülern, ihre Arbeitsmethode
zu verbessern», erklärt ChristianWicky, Rektor des Gymnasiums Des
Creusets.Die C.R.A.C.-Methode zeigtWirkung: Die Erinnerung an die
gelernten Inhalte hat sich verstärkt, die Lernmethoden haben sich zu-
sammenmit den schulischen Leistungen verbessert. Die Gymnasiasten
sind auf dem bestenWeg, Cracks zu werden.
Die C.R.A.C.-Methode verhilft am GymnasiumDes Creusets in Sion
(VS) zu vierFähigkeiten: verstehen (comprendre), sich erinnern (serappe-
ler), anwenden (appliquer) und Gelerntes festigen (consolider).
LYCEUM ALPINUM ZUOZ
Das Lernen
als Laborsituation verstehen
Das LyceumAlpinum in Zuoz (GR) setzte zusammen mit Kickstart
Innovation und Opendata.ch.diesen März den Prototyp eines Digital
LearningLabs (DLL) um.30 Mädchen undJungs sowie15 Lehrperso-
nen der Engadiner Schule erarbeiteten mit 30 Programmierern,Desi-
gnern und Unternehmern an zweiTagen in einem Design-Sprint elf
unterschiedliche Projekte.Die kleinenTeams waren stark durchmischt.
«Zusammen mitden Lehrpersonen die Lektionenzu entwickeln und
hochzuladen, war eine tolle Erfahrung», sagt Timofey, dessen Gruppe
an einem Flipped-Class-Room-Projekt arbeitete. Für eine verbesserte
Kommunikation auf einer digitalen Ebene zwischen Schülerinnen und
Schülern mit Lehrpersonen setzten sichDaisy und Shennan mit dem
«Personal LearningData Logbook» auseinander. Das Digital-Balance-
Projekt vonJessica,Daniela und Gioia forderte die Nutzer spielerisch
heraus,ihremedialen Gewohnheiten zu hinterfragen.
Im Rahmen des DLL trat die Schule inKontakt mit dem Umfeld.
Es ist dieserAustausch, denRektor ChristophWittmer interessiert:
«Für uns sind drei Dinge wichtig: Erstens, dass wir eineWertediskus-
sion führen. Zweitens, dass die Schülerinnen und Schüler Lernen als
eine Laborsituation verstehen,die reflektiert werden soll. Und drittens,
dass sie sich vernetzen mit derAussenwelt.» Die positivenReaktio-
nen auf das DLL haben auch gezeigt, dass demWandel begegnet wer-
den kann,wenndie Jungen zuTreibern ihres eigenen Lernens werden.
Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen treffen im Digital Learning
Lab desLyceum Alpinum in Zuoz (GR) auf externe Experten. In zwei
Tagen wird die Grundlage für verschiedenartigste Projekte geschaffen.
PRIMARSCHULE KNONAU
Roboter ziehen
in die Primarschule ein
Die Begeisterung funkelt in denAugen vonLadina und Oliver, wenn
si e über ihre Erfahrung mit den Ozobots erzählen. Sie besuchen die 5./6.
Klasse vonLaura Hess an der Primarschule Knonau (ZH). Die Lehre-
rin warTeil der Projektgruppe, die im Sommer 2017 damit begann,eine
Unterrichtsreihe zumThema «Programmieren undRobotik» auszuarbei-
ten, die über alle Schulstufen hinweg Materialien bieten würde.
Die Projektgruppe suchte in Lehrmitteln und aufWebsitesnach für
sie stimmigen Inhalten, um den digitalenWandel an ihrer Schule zu
unterstützen. «Aus der Sammlung von bestehenden Ideen entstanden
neu e, kreative Ansätze, die in das eigene Lehrmittel einflossen», sagt
SchulleiterJörg Berger. Heraus kam dabei eine Karteibox, die für jede
Stufe und die altersdurchmischten Klassen Inhalte bereithält. Ziel war
es,Programmierenerlebbarzu machen.Dabeistandennicht die techni-
schenFähigkeiten imVordergrund,sondern die Zusammenarbeit auf der
Ebene der Lehrpersonen und auch der Schülerinnen und Schüler sowie
kreative Herangehensweisen an die Problemlösung. Im Kindergarten
und auf den unteren Stufen werden Bee-Bots eingesetzt, die sich sehr
einfach programmieren lassen.Auf der Mittelstufekommen die etwas
komplexeren Ozobots zum Einsatz.
Seit rund einemJahr arbeitetLaura Hess mit ihren Schülerinnen und
Schülern und die«hat’s wirklich gepackt», sagt sie. «Dass wir auf einfache
Weise das Programmieren in die Schule bringenkonnten, ist eine super
Sache», kommt die Lehrerin zum Schluss.
Zum Thema «Programmieren undRobotik» haben Lehrpersonen der
Primarschule Knonau (ZH) eine Unterrichtsreihe für die verschiedenen
Schulstufen ausgearbeitet – für einen spielerischen Zugang zur Informatik.
Augmented Reality: Bild scannen, um Video zu schauen