Süddeutsche Zeitung - 14.11.2019

(Michael S) #1
EINE PUBLIKATION VON SMART MEDIA

02 EDITORIAL


D


ie Digitalisierung erfasst alle Lebens-
bereiche. Dies gilt zum einen für das
private Leben. Die Kommunikation
mittels Smartphone, über die sozialen Medien
oder via E-Mail ist aus dem Alltag nicht mehr
wegzudenken. Mit dem Blick auf Smart Home
kommen Sprachassistenten und eine Vielzahl
von Annehmlichkeiten hinzu. All dies schafft
Mengen von Daten, und mit der Menge an
Daten steigt das Bewusstsein für die Notwen-
digkeit, sich um die Sicherheit der Informa-
tionen und den Schutz der eigenen Daten zu
kümmern. Mit dem Identitätsdiebstahl errei-
chen uns Formen der Kriminalität, die anonym
sind, die Betroffenen aber in gleicher Weise
auch emotional treffen. Die Flut von Informa-
tionen, die durch die Digitalisierung schnell zur
Verfügung stehen, verändern nicht nur unsere
eigenen Wege der Informationsbeschaffung,
sondern verändern die Meinungsbildung und
fordern auf, sich Gewissheit darüber zu ver-
schaffen, ob die Informationen belastbar sind.

Neben den Annehmlichkeiten der Digitali-
sierung im Privatleben einerseits gehen auch
die beruflichen Veränderungen einher. Ganze
Berufsbilder verschwinden, und andere Be-
rufsbilder entstehen neu. Die Arbeitsabläufe
verändern sich rasant, und die Möglichkeit
zur Kontrolle des eigenen Tuns verändert sich

stetig. Mit der Möglichkeit, das eigenen Ver-
halten zu kontrollieren, kann die Vorstellung
aufkommen, dieses permanent verbessern zu
müssen, effizienter zu sein und erreichbar.

Die Durchdringung aller Lebens- und Ar-
beitsbereiche durch die Digitalisierung führt
in all diesen Bereichen auch zu rechtlichen
Fragestellungen. Wie sieht es aus mit dem
Datenschutz im Privatleben, bei der Freizeit-
gestaltung und im Beruf? Welche Regelungen
sind im Arbeitsverhältnis zu beachten in Be-
zug auf den Gesundheitsschutz, die Kontrolle,
die Fortbildung, den Schutz personenbezo-
gener Daten? Welche Informationen können
mit wem geteilt werden, ohne Urheberrechte
zu verletzten? Muss mir eine Maschine sa-
gen, dass ich mit ihr telefoniere und nicht mit
einem Menschen? Wo sollen die Grenzen
technisch möglicher Überwachungen sein,
wenn diese mit einem wirtschaftlichen Anreiz
verbunden werden?

Diese Veränderungen fordern uns heraus, neu-
gierig zu sein, aber auch kritisch, und uns um
die anstehenden Fragen zu kümmern. Dazu
gehört auch die Lektüre der rechtlichen Verän-
derungen, zu der ich viel Vergnügen wünsche.

IMPRESSUM
SMART RECHTSGUIDE 2020.

VERLAG UND HERAUSGEBER
SMART MEDIA AGENCY AG,
GERBERGASSE 5, 8003 ZÜRICH, SCHWEIZ

REDAKTION (VERANTWORTLICH)
MIRIAM DIBSDALE
SMART MEDIA AGENCY AG,
GERBERGASSE 5, 8003 ZÜRICH, SCHWEIZ
TEL +41 44 258 86 10

LAYOUT (VERANTWORTLICH)
ANJA CAVELTI
SMART MEDIA AGENCY AG,
GERBERGASSE 5, 8003 ZÜRICH, SCHWEIZ
TEL +41 44 258 86 02

ANZEIGEN (VERANTWORTLICH)
KERIM GEHRIG
SMART MEDIA AGENCY AG,
GERBERGASSE 5, 8003 ZÜRICH, SCHWEIZ
TEL +41 44 258 86 21

TITELBILD
ZVG

DRUCK
SÜDDEUTSCHER VERLAG ZEITUNGSDRUCK GMBH,
ZAMDORFER STR. 40, 8 1677 MÜNCHEN

03 Arbeitsrecht

04 Brexit

06 Urheberrecht

08 Interview: Dr. Ulrich Wessels

12 Sanierungs- und Insolvenzrecht

14 Legaltech

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04


12


06


14


Muss mir eine


Maschine sagen,


dass ich mit ihr


telefoniere und nicht


mit einem Menschen?


 EDITH KINDERMANN
RECHTSANWÄLTIN UND NOTARIN
PRÄSIDENTIN DES DEUTSCHEN
ANWALTVEREINS (DAV)

TEXT EDITH KINDERMANN

Welchen Einfluss hat die Digitalisierung


auf unser Recht?


Die Vorstandsvergütung – neue Vorgaben aus Brüssel


S


pätestens seit der Finanzmarktkrise
2007/2008 haben der deutsche und der
europäische Gesetzgeber falsche Vergü-
tungsanreize als Systemrisiko identifiziert und
sind seither fortlaufend aktiv. Aktuell wird um
die Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtli-
nie (ARUG II) in deutsches Recht gerungen.
Auch der Deutsche Corporate Governance Ko-
dex (DCGK) wurde im Zuge dessen neugefasst.
Daraus ergeben sich für die Vorstandsvergütung
wesentliche Neuerungen:

Der aktuelle Gesetzesentwurf verpflichtet den
Aufsichtsrat von börsennotierten (nicht Frei-
verkehr wie der »Entry Standard«) Aktienge-
sellschaften, für ihre Vorstände ein klares und
verständliches Vergütungssystem zu beschlie-
ßen und dieses auch auf der Internetseite der
Gesellschaft jedem zugänglich zu machen. Das
betrifft vorrangig die variable Vergütung von
Vorständen (Boni, aktienbasierte Vergütung
etc.). Der Aufsichtsrat bindet sich durch sein

Vergütungssystem selbst und kann davon nur
unter bestimmten Voraussetzungen vorüberge-
hend abweichen oder muss es insgesamt ändern.

Neu ist auch, dass der Aufsichtsrat das Ve rgü-
tungssystem der Hauptversammlung mindestens
alle vier Jahre sowie stets nach wesentlichen Än-
derungen zur Billigung vorlegen muss (sog. »say
on pay«). Bisher bestand dazu lediglich die Mög-
lichkeit. Verantwortlich für das Ve rgütungssystem

bleibt nach dem aktuellen Gesetzesentwurf
dennoch allein der Aufsichtsrat. Der Aufsichts-
rat kann sich also über die Missbilligung der
Aktionäre hinwegsetzen. In der Gesetzesbegrün-
dung wird unterstellt, dass der Aufsichtsrat in der
Regel auf ein deutliches Votum der Aktionäre
hören wird. Die Neuregelung erfasst Hauptver-
sammlungen, die fünf Monate nach Inkrafttreten
des Umsetzungsgesetzes stattfinden.

Die Neufassung des DCGK vom 9. Mai 2019
soll nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes
veröffentlicht werden. In Bezug auf die langfristig
variable Ve rgütung von Vorständen sind einige
neue Empfehlungen von besonderem Interesse:
Sie soll die kurzfristig variable Ve rgütung sum-
menmäßig übersteigen, überwiegend in Aktien
angelegt bzw. aktienbasiert gewährt werden und
einer Sperrfrist von vier Jahren unterliegen.

Der neugefasste DCGK spricht sich zudem
generell gegen bisher übliche Zahlungen im

Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendi-
gung des Vorstandsamtes bei Kontrollwechseln
aus. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine
sog. Anregung, sodass Abweichungen nicht be-
gründet werden müssen.

Auf die Ve rgütung von GmbH-Geschäftsführern
sind diese Vorgaben selbst in der mitbestimmten
GmbH nicht entsprechend anzuwenden. Denk-
bar ist allerdings eine tatsächliche Ausstrahlung:
Etwa wenn die börsennotierte Konzernmutter
auch für die GmbH-Töchter Ve rgütungssysteme
nach diesen Maßstäben vorgibt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die
Regelungsdichte der Vorstandsvergütung weiter-
hin zunimmt.

BRANDREPORT KLIEMT.ARBEITSRECHT


Dr. Benjamin Schmittlein
Rechtsanwalt
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