deutschen Automobilindustrie“, sagte Wirtschafts-
minister Bernd Althusmann trotzig. Der CDU-Politi-
ker hatte auf einen Zuschlag für Emden gehofft, wo
VW demnächst Elektroautos bauen will.
Kampfansage von Musk
Brandenburg und Berlin hatten nicht viele auf der
Rechnung, anders als München oder Stuttgart gilt
die Hauptstadt nicht als Zentrum der Autoindus-
trie. Tatsächlich überrascht die Standortwahl nur
auf den zweiten Blick. „Das ist ein sehr kluger
Schachzug, dieses neue Werk in der Heimat der
deutschen Premiumhersteller zu errichten“, sagt
Arndt Ellinghorst, Automobilanalyst beim Invest-
menthaus Evercore ISI. Zudem habe sich die deut-
sche Regierung dazu entschieden, die Elektromobi-
lität massiv zu fördern.
Das sieht man auch in den USA so. „Tesla betritt
die Höhle des Löwen“ titelte CNN am Mittwoch.
„Die Ankündigung, nach Brandenburg zu gehen, ist
der Fehdehandschuh im Gesicht der deutschen Au-
tobauer“, sagt Jan Burgard, Gründungspartner von
Berylls Strategy Advisors in München. „Musk
macht damit klar, dass er den Wettbewerb mit ih-
nen nicht scheut, ihn sogar im Heimatland sucht –
eine Kampfansage“, so Burgard. Arbeitskräfte und
Spezialisten finde Tesla auch in Berlin, glaubt der
Berater. So fertigt Bosch in Berlin Lenksysteme und
Komponenten für verschiedene Mobilitätsbereiche,
auch Conti hat in der Hauptstadt drei Standorte,
BMW baut mit 2 000 Mitarbeitern Motorräder in
Berlin. „Auch das Auto-Cluster rund um Wolfsburg
mit den zahllosen Zulieferer- und Ingenieursdienst-
leister-Standorten ist in beinahe greifbarer Nähe.“
Doch auch die Nachbarschaft zum geplanten
neuen Großflughafen ist für Tesla ein Argument.
Der künftig viel stärker globalisierte Tesla-Konzern
wird seine Manager deutlich leichter für eine Aus-
landsstation in Deutschland begeistern können,
wenn die Mitarbeiter aus den USA problemlos di-
rekt zum Werk fliegen. Zudem bietet der Berliner
Arbeitsmarkt sowohl Zugang zu den umworbenen
Top-ITlern. BMW und Daimler steuern von hier aus
ihre frisch zusammengelegten Now-Unternehmen
wie Free Now (MyTaxi) und Share Now (Car2Go,
Drive Now). Volkswagen lässt die Software für sei-
nen Ridesharing-Versuch ebenfalls in Berlin entwi-
ckeln. Der Kartendienst Here, auf den die deut-
schen Autohersteller setzen, hat ebenfalls sein
Hauptquartier in Berlin.
Während sich die Tesla-Hauptkonkurrenten
Daimler und BMW eine Stellungnahme verkneifen,
sieht die Zulieferindustrie die Chancen für neue
Aufträge. „ZF sieht die Entscheidung von Elon
Musk zur Investition in eine Zukunftstechnologie in
Deutschland positiv“, sagte ein Sprecher des dritt-
größten deutschen Autozulieferers. ZF beliefert
Tesla ebenso wie Bosch mit Fahrwerkskomponen-
ten, Antriebstechnik und Elektronik. Auch Siemens
dürfte sich Hoffnungen machen, bei der Giga-
Factory als Ausrüster zum Zuge zu kommen. Das
Unternehmen ist stark daran interessiert, die Bat-
teriefabriken mit seiner Automatisierungssoftware
auszustatten, wo Siemens Weltmarktführer ist.
Intern hat das Thema hohe Priorität. Der Techno-
logiekonzern ist bei der EU-Initiative „Battery Alli-
ance“ und diversen anderen Projekten dabei.
Unter anderem als Partner bei der Northvolt-Batte-
riefabrik. Beide Unternehmen wollen eine Techno-
logie zur Produktion hochwertiger Lithium-Ionen-
Batterien entwickeln.
Konzernvize Roland Busch betonte vor wenigen
Tagen am Rande der Bilanzpressekonferenz, dass
Siemens bereits in Tesla-Fabriken in den USA und
China vertreten sei. Kurz zuvor hatte er Musk in
den USA getroffen. Der Tesla-Gründer sei „ein wah-
rer Visionär unserer Zeit“, schwärmte Busch auf
Twitter.
Kommentar Seite 23
Elektromobilität in Deutschland
HANDELSBLATT Quelle: KBA
Pkw-Neuzulassungen, absolut und anteilig
Anteil
Benzin
Diesel
Hybrid
Plug-In-
Elektro
Sonstige
Hybrid
164 322
88 042
19 435
6 947
4 979
868
1 795 019
973 898
189 734
35 434
52 882
13 218
56
30
9
2
1
0
% % % % % %
58,
31,
,
1,
1,
0,
% % % % % %
Neuzulassungen E-Autos und Plug-In-Hybride
Reine E-Autos Plug-In-Hybride
Jan. bis Okt. ’19 Okt. ’
88 316
Jan. bis Okt..
5 2 882
35 434
2009 2019
100 000
75 000
50 000
25 000
0
Gigafactory
Feuerprobe in
Schanghai
E
s läuft gut für Elon Musk. Just einen Tag,
nachdem er den Bau einer Gigafactory in
Berlin ankündigte, hat der Tesla-Chef von
Chinas Industrieministerium die Genehmigung
für den Produktionsstart seiner Gigafactory 3 in
Schanghai bekommen. Nach nur zehn Monaten
Bauzeit waren bereits im Oktober die ersten
Fahrzeuge in einem Testlauf hergestellt worden.
Die Fabrik ist die erste in China, die in alleiniger
Hand eines ausländischen Investors ist. Zuvor
mussten Autobauer stets mit einem chinesischen
Partner zusammenarbeiten. Die Fabrik ist gleich-
zeitig die erste Gigafactory außerhalb der USA.
Umso genauer schauen die Investoren hin, ob
Musk die internationale Expansion gelingt. Bis-
lang hat der Tesla-Gründer in Schanghai vor al-
lem Erfolgsmeldungen vorzuweisen. Er bekam in
Rekordzeit Genehmigungen, die Fabrik wurde in
Rekordzeit gebaut – und dazu sogar noch günsti-
ger als die Fabriken zuvor, wie das Unternehmen
selbst sagt. Erst im Januar hatte Tesla den Grund-
stein für das Werk gelegt.
Im Schanghaier Werk soll zunächst das Modell
3 des Autobauers hergestellt werden. Musk setzt
auf China als den weltgrößten Absatzmarkt für
Elektrofahrzeuge. Schon heute sieht man regel-
mäßig Teslas Fahrzeuge vor allem auf den Stra-
ßen in Mega städten wie Peking oder Schanghai.
Laut den Plänen von Musk soll das Werk in
Schanghai eine Kapazität von 500 000 Fahrzeu-
gen pro Jahr erreichen. Neben dem Modell 3 soll
auch das Modell Y dort gebaut werden. Beides
sind vergleichsweise günstige Modelle in Teslas
Baureihen.
China gilt als einer der wichtigsten Wachstums-
märkte für E-Autos. Grund dafür ist neben der
großen Zahl potenzieller Käufer auch, dass die
chinesische Regierung die Elektrifizierung der
Fahrzeugflotten vorantreibt und etwa mit Sub-
ventionen unterstützt. Peking will so unter ande-
rem die Luftverschmutzung bekämpfen, die vie-
lerorts unerträglich geworden ist. Der chinesi-
sche Verband der Automobilhersteller schätzt,
dass bereits 3,5 Millionen E-Autos auf Chinas
Straßen fahren.
Auf der einen Seite kommt der Start der Pro-
duktion in der Volksrepublik mit Blick auf den
anhaltenden Handelsstreit zwischen China und
den USA und die damit verbundenen Strafzölle
Tesla gelegen. Andererseits ist es nicht der opti-
male Zeitpunkt für den Autobauer, in China seine
Produktion zu starten. Denn der Markt für Elek-
trofahrzeuge ist in den vergangenen Monaten
stark eingebrochen. Allein im September ging
der Verkauf von sogenannten New Energy Vehi-
cles (NEV), unter die in China sowohl rein batte-
riegetriebene Wagen als auch Hybridfahrzeuge
fallen, um 34,2 Prozent zurück. Für den Ein-
bruch werden neben dem erlahmenden Wirt-
schaftswachstum auch die Kürzungen von Sub-
ventionen verantwortlich gemacht. Zudem tritt
Tesla ein in den Wettbewerb mit zahlreichen an-
deren lokalen Herstellern wie Nio, Byton und
XPeng Motors, aber auch mit Volkswagen und
BMW. Dana Heide
Tesla-Chef Elon Musk
(2.v.l.) in Schanghai:
Die chinesische Fabrik
wurde in Rekordzeit
gebaut.
Bloomberg
Tesla Model Y: Ende
20 21 könnte das
Elektroauto in Berlin
vom Band rollen.
Tesla (2)
Unternehmen & Märkte
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DONNERSTAG, 14. NOVEMBER 2019, NR. 220
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