ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND
Dienstag, 22. Oktober 2019·Nr. 245/43 R1 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,00€ D 2955 A F. A. Z. im Internet:faz.net
Hauchdünn war die Mehrheit für
denneuen Eschborner Bürgermeis-
ter. Jetzt sieht er sich als „Lehr-
ling“.Rhein-Main-Zeitung, Seite 42
Erstmals seit dem Krieg könnte in
Hannover ein Oberbürgermeister
gewählt werden, der nicht der SPD
angehört.Politik, Seite 3
Saisonstart am Residenztheater
in München: „Die Verlorenen“,
das neue Stück von Ewald
Palmetshofer.Feuilleton, Seite 11
NBA-Star Dennis Schröder von
Oklahoma City Thunder ist dabei,
in der beginnenden Saison ins Mit-
telmaß abzudriften.Sport, Seite 28
Die große Koalition will bald
darüber entscheiden, ob sie weiter-
regieren will. Doch wie genau
soll das geschehen?Politik, Seite 4
In Hongkong wendet sich die Elite
von den Protesten ab – und die
deutsche Wirtschaft droht mit
Abzug.Wirtschaft, Seite 17
Sieg im ersten Wahlgang
Vater der Moderne
F.A.Z.FRANKFURT, 21. Oktober. Wie
erst am Montag bekanntwurde, ist die Ver-
legerin Monika Schoeller vergangenen
Donnerstag kurz nach ihrem achtzigsten
Geburtstag gestorben. Die Tochter des
Verlegers Georg von Holtzbrinck leitete
von 1974 bis 2002 den S. Fischer Verlag,
blieb auch danach Verlegerin und Mit-
glied der Geschäftsführung und gründete
die private S. Fischer Stiftung. Gemein-
sam mit ihrem Bruder war sie Gesellschaf-
terin der Holtzbrinck Publishing Group,
zu der auch die Verlage Rowohlt, Kiepen-
heuer & Witsch und Droemer Knaur ge-
hören. Für ihr verlegerisches und mäzena-
tisches Engagement wurde sie mit zahlrei-
chen Ehrungen bedacht.(Siehe Feuille-
ton, Seite 9 sowie Rhein-Main-Zeitung.)
D
ass es nun auch Chile erwischt,
ist eine bittere Nachricht für Süd-
amerika. Das Land am südlichen Zip-
fel des amerikanischen Kontinents
galt in den vergangenen Jahren stets
als Musterbeispiel für einen gelunge-
nen marktwirtschaftlichen Kurs. Das
Pro-Kopf-Einkommen ist hoch, die
Wirtschaft exportstark; Inflation, Ar-
beitslosigkeit und öffentliche Ver-
schuldung sind niedrig. Nichts davon
ist in den Nachbarländern selbstver-
ständlich. Und trotzdem hat nun gera-
de eine wirtschaftliche Frage zu
schweren Unruhen geführt. Dass zum
ersten Mal seit Ende des Pinochet-Re-
gimes wieder Soldaten in der Haupt-
stadt eingesetzt werden, zeigt, wie dra-
matisch die Lage ist.
In Chile hat der gleiche Tropfen
das Fass zum Überlaufen gebracht
wie in anderen südamerikanischen
Ländern: die gewaltige soziale Un-
gleichheit, die auch in guten Jahren
nicht wesentlich geringer geworden
ist. So wie in Chile jetzt eine Erhö-
hung der Ticketpreise zum Aufstand
führt, so war es in Ecuador kurz zu-
vor die Anhebung der Benzinpreise.
In Argentinien spielt in der aktuellen
Krise, die Präsident Macri bei der
Wahl Ende der Woche das Amt kos-
ten könnte, eine Anhebung von
Strom- und Wasserpreisen eine Rolle.
Und selbst in Bolivien muss ein sozia-
listischer Staatschef, der eigentlich
viele Sozialprogramme aufgelegt hat,
um sein Amt bangen. Die Lage ist
nicht in jedem Land vergleichbar.
Aber es fällt doch auf, dass viele Ge-
sellschaften der Region immer noch
in eine kleine, sehr reiche Ober-
schicht, eine dünne Mittelklasse und
eine große, in bedrückenden Verhält-
nissen lebende Unterschicht zerfal-
len. Die Diktaturen der Vergangen-
heit sind verschwunden, sieht man
von Kuba und Venezuela ab, aber das
Elend der Armut nicht.
Die Tragödie des Kontinents be-
steht darin, dass bürgerliche Regierun-
gen, die daran etwas mit Wachstum
ändern wollten, nun scheitern. Chile
ist, genauso wie das Nachbarland Ar-
gentinien, ein Beispiel dafür. Dass Prä-
sident Piñera von einem „Krieg“
spricht, ist ein Eingeständnis, dass er
mit seinem Latein offenbar am Ende
ist. Vor ein paar Jahren sah es so aus,
als ob Südamerika den linken Populis-
mus abschütteln könne, der die Mas-
sen mit Staatsgeld ruhigzustellen
pflegt, aber letztlich nur auf Pump
lebt. Kehrt er jetzt zurück?
Verneigung–Den Maler Vincent van Gogh, den Gott
der flammenden Handschrift, liebt alle Welt. Und die
Deutschen lieben ihn ganz besonders. Seine „Häuser von
Auvers“, hier abgebildet, entstanden 1890 im Todesjahr
des Malers und waren bereits in der ersten deutschen
Van-Gogh-Ausstellung vor 118 Jahren im Land. Jetzt zeigt
sie das Frankfurter Städel-Museum in einer großen Schau
neben fünfzig weiteren Bildern des Malers und zusammen
mit mehr als hundert zentralen Werken des deutschen
Expressionismus.Seiten 9 und 29 Foto dpa/VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Verlegerin Monika
Schoeller gestorben
Schwarz-rote Halbzeitbilanz
Aus der Welt gefallen
Stadt mit Schluckauf
Blinde Stellen im Glamour
S
o schrecklich das Attentat von
Halle war, so viel schrecklicher
hätte es werden können. Dass die Er-
mordung von vielen Juden an Jom
Kippur nicht durch Extremismusprä-
vention, Geheimdienstarbeit oder Po-
lizeipräsenz, sondern letztlich nur
durch eine glückliche Fügung vermie-
den wurde, hat das Bewusstsein für
die Gefahren eines Rechtsextremis-
mus geschärft, dessen Mordlust dem
linker oder islamistischer Extremis-
ten in nichts nachsteht. Dass auf die-
se Erkenntnis nun mehr folgt als die
üblichen Betroffenheitsbekundun-
gen, ist erfreulich und überfällig.
Denn auch wenn das Versprechen ei-
nes „Nie wieder“ sich wohl kaum
wird einlösen lassen, so ist ein „Im-
mer seltener“ durchaus im Bereich
des Möglichen, wenn der freigesetzte
politische Gestaltungswille dort an-
setzt, wo er benötigt wird.
Dazu gehört einerseits die am Frei-
tag auf einer Sonderkonferenz der In-
nenminister der Länder und des Bun-
des beschlossene Regelabfrage beim
Verfassungsschutz vor Erteilung ei-
ner Waffenerlaubnis. Natürlich kön-
nen Anschläge auch mit Messern
oder Autos verübt werden, aber kein
zweites Tatmittel ist so leicht einsetz-
bar und hat eine so verlässlich tödli-
che Wirkung wie industriell gefertig-
te Schusswaffen oder Sprengstoff –
das zeigt auch das Attentat von Halle,
bei dem wohl mindestens zwei weite-
re Menschen ums Leben gekommen
wären, wenn die selbstgebauten Waf-
fen des Täters nicht mehrfach versagt
hätten. Das in anderen Zusammen-
hängen zu Recht vorgetragene Argu-
ment, dass politisch randständige Po-
sitionen nicht gleich zum Entzug von
Rechten führen dürften, verliert hier
an Gewicht, denn nicht die Verweige-
rung des Rechts zum Schusswaffenbe-
sitz ist die rechtfertigungsbedürftige
Ausnahme, sondern seine Erteilung.
Bedauerlicherweise ebenfalls nötig
ist die verstärkte Bewachung von Syn-
agogen und jüdischen Gemeinde-
einrichtungen. Angesichts notorisch
knapper personeller Polizeiressour-
cen ist das zwar ein kostspieliges Un-
terfangen. Doch wenn es einen Ver-
wendungszweck öffentlicher Mittel
gibt, der wirklich keiner Debatte be-
dürfen sollte, dann ist es der Schutz jü-
dischen Lebens in Deutschland. Die
Bereitschaft der Politik, sich der histo-
rischen deutschen Verantwortung zu
stellen, zeigt sich nicht in beliebig pro-
duzierbaren Sonntagsreden oder bei
wohlfeilen öffentlichen Verbrüderun-
gen mit selbsterklärten „Antifaschis-
ten“, sondern genau hier: bei der
ganz konkreten Verwendung begrenz-
ter Ressourcen zum Schutz einer Be-
völkerungsgruppe, der wir weit mehr
schuldig sind als die Gewährung ihrer
täglichen Sicherheit, aber doch zual-
lermindest diese.
Begrenzt sind freilich auch die Res-
sourcen der Staatsanwaltschaften,
wenn es um das Netz geht. Sie sollen
laut dem Beschluss der Innenminister
künftig bei im Internet begangenen
Beleidigungen auch ohne vorherigen
Strafantrag des Betroffenen tätig wer-
den. Der grundsätzliche Einwand ge-
gen diesen Vorschlag fußt auf der Na-
tur des Strafrechts als Ultima Ratio:
Die Verfolgung jedes pampigen oder
verletzenden Facebook-Kommentars,
der an dem Betroffenen selbst wo-
möglich spurlos abperlt, trägt sprach-
polizeiliche Züge, die einer freiheitli-
chen Gesellschaft schlecht zu Gesicht
stehen.
Der praktische Einwand besteht im
Verweis auf die rund 80 Prozent aller
Ermittlungsverfahren, die schon heu-
te abgegeben oder eingestellt werden,
was neben anderen Gründen auch an
der Auslastung der Strafverfolger
liegt. Wie es künftig möglich sein
soll, ohne massive personelle Aufsto-
ckungen oder Umverteilungen zu Las-
ten von eigentlich schwerer wiegen-
den Deliktsformen sämtliche Fälle di-
gitaler Beleidigung zu verfolgen,
wenn dies schon heute bei den weni-
gen zur Anzeige gebrachten Fällen
nicht gelingt, bleibt Geheimnis der
Politiker. Sie wollen damit zwar aus
sehr nachvollziehbaren Gründen ge-
gen „Hate-Speech“ vorgehen. Nicht,
dass sich dahinter kein reales Pro-
blem verbergen würde, doch dieses
Problem ist dort am größten und
schlägt am ehesten in reale Gewalt
um, wo Männer wie der Attentäter
von Halle sich herumtreiben – in radi-
kalen Foren und verschlüsselten Chat-
gruppen also, die die notwendige Ko-
operation mit den Staatsanwaltschaf-
ten ohnehin verweigern werden.
Diese Foren, die mit der vom Bun-
desinnenminister reichlich pauschal
erwähnten „Gamerszene“ trotz gewis-
ser Schnittmengen bei weitem nicht
identisch sind, gilt es in den Blick zu
nehmen – gerade auch durch den Ver-
fassungsschutz. Ob es dazu neuer Be-
fugnisse, etwa zum Einsatz des soge-
nannten Staatstrojaners, bedarf, lässt
sich aufgrund der Undurchsichtigkeit
des Verfahrens kaum beurteilen.
Aber selbst wenn die Überwachung
sich auf diese extremistischen Grup-
pen im Netz beschränkt, werden weit
mehr digital kompetente Beamte als
bisher benötigt. Denn es braucht Spe-
zialisten, die die Codes und Usancen
der dunklen Ecken des Internets be-
herrschen – und die begriffen haben,
dass rechtsextreme Gewalt inzwi-
schen auch von Tätertypen ausgeht,
die mit den altbekannten Stiefelnazis
außer der Menschenverachtung we-
nig gemein haben.
tjb.LA PAZ, 21. Oktober. In Chile haben
Unruhen und Plünderungen auch nach
der Verhängung des Ausnahmezustands
in der Hauptstadt Santiago sowie in allen
größeren Städten durch die Regierung
große Teile des Landes lahmgelegt. Am
Montag blieben Schulen, Banken und öf-
fentliche Einrichtungen in Santiago de
Chile weiter geschlossen. Busse und
U-Bahnen fuhren nur auf wenigen Stre-
cken.
Ungeachtet nächtlicher Ausgangssper-
ren war es in der Nacht zum Montag in
Santiago und anderen Städten abermals
zu gewaltsamen Zusammenstößen zwi-
schen Demonstranten und Sicherheits-
kräften gekommen. Demonstranten er-
richteten wieder Straßenblockaden und
setzten diese in Brand, die Polizei setzte
Tränengas und Gummigeschosse ein. Seit
Donnerstag kamen im Verlauf der Unru-
hen mindestens elf Personen ums Leben,
Dutzende wurden verletzt. Die Sicher-
heitskräfte nahmen 1550 Personen fest.
Die Sachschäden werden auf mehrere
hundert Millionen Euro geschätzt. Die Re-
gierung hat erstmals seit dem Ende der
Diktatur von Augusto Pinochet im Jahre
1990 Soldaten zur Unterstützung der Poli-
zei eingesetzt.
Chile befinde sich „im Krieg gegen ei-
nen mächtigen Feind“, sagte der chileni-
sche Präsident Sebastián Piñera am Sonn-
tagabend. Dieser Feind respektiere
nichts und niemanden und sei gewillt, un-
begrenzt Gewalt anzuwenden, auch
wenn dies Menschenleben fordere. Die
Aufrufe Piñeras, den Dialog über die For-
derungen der Demonstranten aufzuneh-
men, blieben bislang wirkungslos. Der
Präsident schlug vor, die Verhandlungen
über eine Reform der Verfassung wieder-
aufzunehmen, die noch aus der Zeit der
Pinochet-Diktatur stammt. Auslöser der
Proteste war eine drastische Erhöhung
der Fahrpreise für die U-Bahn in Santia-
go. Schon am Wochenende hatte Piñera
die Maßnahme allerdings wieder zurück-
gezogen. Doch die Proteste gingen den-
noch weiter.
Die Opposition sieht die Demonstratio-
nen als Ausdruck aufgestauter Frustrati-
on. Die Lebenshaltungskosten für arme
und mittelständische Familien seien in
den vergangenen Jahren gestiegen, wäh-
rend die Löhne stagniert hätten.(Siehe
Wirtschaft, Seite 17.)
loe. BERLIN, 21. Oktober. Die geplanten
Mietobergrenzen in Berlin sollen, je nach
Baujahr und Ausstattung der Wohnung,
zwischen 3,92 und 9,80 Euro Kaltmiete je
Quadratmeter liegen. Das geht aus einer
Tabelle hervor, die der Senat an diesem
Dienstag mit dem Gesetz zum Mietende-
ckel beschließen will. Zieht jemand aus
seiner Wohnung aus, soll der Nachmieter
nicht mehr zahlen müssen als in der Ta-
belle angegeben. Das gilt auch, wenn die
Vormiete höher war. Bestandsmieter sol-
len eine Senkung verlangen dürfen, wenn
sie mehr als 120 Prozent der Obergrenze
bezahlen. Der Mietendeckel von SPD, Lin-
ken und Grünen umfasst alle Wohnun-
gen, die vor 2014 gebaut wurden.(Siehe
Wirtschaft, Seite 16.)
Heute
sat./Lt. WASHINGTON/BERLIN, 21.
Oktober. Die amerikanische Regierung er-
wägt, ein kleineres Truppenkontingent in
Syrien zu belassen. Präsident Donald
Trump sagte am Montagabend, man wer-
de eine kleine Gruppe im Land behalten,
um das Öl zu sichern und eine weitere an
der jordanischen Grenze, unweit von Isra-
el. Darüber hinaus werde man sich aber
vollkommen aus den gefährlichen Gebie-
ten zurückziehen. Noch vergangene Wo-
che hatte Trump von einem Rückzug aller
Soldaten aus Syrien gesprochen.
Verteidigungsminister Mark Esper hat-
te zuvor Berichte bestätigt, wonach im Pen-
tagon darüber nachgedacht werde, „einige
Soldaten“ im Nordosten Syriens statio-
niert zu lassen. Man wolle verhindern,
dass Ölanlagen in der derzeit von Kurden
kontrollierten Region in die Hände der Ter-
rormiliz „Islamischer Staat“ fallen. Im Ge-
spräch seien etwa 200 Soldaten, hatte zu-
vor die „New York Times“ berichtet. Unter-
dessen begann der Abzug der amerikani-
schen Truppen. Nachrichtenagenturen be-
richteten, Militärfahrzeuge hätten die
Grenze in den Irak überquert. Laut dem
Sender CNN handelte es sich um nahezu
500 Soldaten sowie Hunderte Fahrzeuge.
Insgesamt sollen in dem Land etwa 1000
amerikanischen Soldaten stationiert gewe-
sen sein. Ein Video der kurdischen Nach-
richtenseite Hawar News zeigte, wie Perso-
nen in der syrischen Stadt Kamischli die
Streitkräfte beschimpften.
Der Sprecher und außenpolitische Bera-
ter des türkischen Präsidenten, Ibrahim
Kalin, sagte dieser Zeitung, die militäri-
sche Operation der türkischen Armee wer-
de an diesem Dienstag enden, sofern die
kurdische YPG-Miliz die Region vollstän-
dig verlassen habe. Die Streitkräfte wür-
den vorübergehend weiter die Sicherheits-
zone südlich der syrischen Grenze si-
chern, sollten aber nicht dauerhaft dort
bleiben. Zu einer Rückführung von syri-
schen Flüchtlingen aus der Türkei gegen
deren Willen werde es nicht kommen.
Verteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer (CDU) forderte am
Montag eine international kontrollierte Si-
cherheitszone im syrischen Grenzgebiet.
Einen entsprechenden Vorschlag habe sie
mit der Bundeskanzlerin abgestimmt und
westlichen Verbündeten unterbreitet, sag-
te sie der Deutschen Presse-Agentur.(Sie-
he Seite 2; Kommentar Seite 8.)
Ende des roten
Hannovers?
pik.FRANKFURT, 21. Oktober. Die
Deutsche Bundesbank hat sich in ih-
rem aktuellen Monatsbericht für eine
Anpassung des Rentenalters an die stei-
gende Lebenserwartung ausgespro-
chen. Durch die zunehmende Alterung
der Bevölkerung habe sich das Verhält-
nis von Arbeits- und Rentenzeit seit
Anfang der sechziger Jahre deutlich
verschoben. Damals hatte die Ruhe-
standsphase einen Anteil von 30 Pro-
zent an der Arbeitszeit. Bis die Rente
mit 67 in diesem Jahrzehnt wirksam
wurde, stieg der Anteil auf 42 Prozent.
Wolle man diese Relation bei 40 Pro-
zent stabil halten, müsse man das Ren-
teneintrittsalter im kommenden hal-
ben Jahrhundert auf 69,3 Jahre stei-
gern, empfiehlt die Bundesbank. Auch
die Auswirkungen niedrigerer Gebur-
tenraten seien noch nicht ausreichend
im Rentensystem erfasst. Im Jahr 2025
laufen die von der früheren Bundesre-
gierung beschlossenen Regeln zu Hal-
telinien für das Versorgungsniveau
und den Beitragssatz aus. Der Reform-
bedarf ist sichtbar: Wenn die Rechtsla-
ge so bliebe wie bisher, würde das Ver-
sorgungsniveau von 2025 an von 48
Prozent des Durchschnittsgehalts in-
nerhalb von vier Jahrzehnten unter 40
Prozent fallen. Gleichzeitig würde das
Beitragsniveau von 18,6 auf mehr als
26 Prozent steigen; auch der Anteil der
Bundesmittel als Rentenzuschuss wür-
de steigen.(Siehe Wirtschaft, Seite 16.)
F.A.Z.FRANKFURT, 21. Oktober. Der
britische Parlamentspräsident John Ber-
cow hat eine abermalige Abstimmung
über den Brexit-Vertrag am Montag abge-
lehnt. „Über den Antrag wird heute nicht
debattiert, da dies eine Wiederholung
und ordnungswidrig wäre“, sagte Bercow
im Unterhaus. Premierminister Boris
Johnson wollte das modifizierte Abkom-
men in einem weiteren Anlauf durch das
Unterhaus bringen, nachdem die Parla-
mentarier am Samstag eine Vertagung
der Abstimmung erwirkt hatten.
Höchstmiete in Berlin
soll 9,80 Euro betragen
F.A.Z.FRANKFURT, 21. Oktober. Isra-
els Ministerpräsident Benjamin Netanja-
hu ist nach der Parlamentswahl Ende Sep-
tember mit der Regierungsbildung ge-
scheitert. Er gab ein entsprechendes Man-
dat am Montag an Präsident Reuven Riv-
lin zurück. Rivlin kündigte am Montag-
abend nach Medienberichten an, er wol-
le nun den ehemaligen Militärchef Ben-
ny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß
den Auftrag zur Regierungsbildung ertei-
len. Dieses war aus der Abstimmung am
- September als Sieger hervorgegan-
gen. Allerdings zeichnete sich für Gantz
zunächst keine Mehrheit ab. Netanjahu
war bereits nach der vergangenen Wahl
im April mit der Regierungsbildung ge-
scheitert.
Extremismus im Chat
Von Constantin van Lijnden
Pentagon will Truppen in Syrien belassen
„Schutz der Ölanlagen im Nordosten“ / Abzug der Amerikaner hat begonnen
Bercow lehnt
Brexit-Abstimmung ab
Briefe an die Herausgeber Seite 6
Netanjahu scheitert mit
Regierungsbildung
Bundesbank rät
zu Rente mit
69 Jahren
Blutige Unruhen und Plünderungen
legen weite Teile Chiles lahm
Präsident Piñera: Befinden uns im Krieg gegen einen mächtigen Feind / Mehrere Tote
Der Kampf gegen
Rechtsterror sollte sich
auch im Netz auf radikale
Gruppen konzentrieren.
Das Elend der Armut
Von Nikolas Busse
4<BUACUQ=fadaag>:X;l;V;p;o
Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH;Kundenservice: (0 69) 75 91 - 10 00, Telefax: (0 69) 75 91 - 21 80 oder http://www.faz.net/meinabo. Briefe an die Herausgeber: [email protected]
Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 3,80 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 3,90 € / Dänemark 29dkr / Großbritannien 3,70 £ / Schweiz 5,10 sfrs / Ungarn 1050 Ft