Focus - 12.10.2019

(Ron) #1
KULTUR

Fotos: Universal Pictures

100 FOCUS 42/2019

D


adadadadam ... Vom
Playback-Band lau-
fen die in Deutsch-
land wohl bekann-
testen Sirtaki-Takte.
„Griechischer Wein
ist so wie das Blut der
Erde.“ Costa, der bärtige Bordzauberer,
steigt im Unterhemd die Treppe zum
dampfigen Mannschaftsquartier hinab,
auf seinen muskulösen Schultern schau-
kelt eine Kiste mit Flaschen. Dadadada-
dam ... Er bewegt sich rhythmisch zur
Musik durch den engen Gang zwischen
den metallenen Stockbetten, die für einen
Hauch von Privatsphäre mit Tüchern abge -
hängt sind. Dadadadadam ... Inmitten der
Schar viriler Matrosen, irgendwo zwischen
Gaultier-Parfüm-Ikone und Popeye ange -
siedelt, finden sich drei Fremde: Lisa,
eine etwas überspannte TV-Moderatorin,
ihr Maskenbildner Fred und ihre Mut -
ter Maria hat es als blinde Passagiere
auf die „MS Maximiliane“ verschlagen,
einen Dampfer mit Ziel New York. Dada -
dadadam ... Und alle sind fasziniert vom
tänzerischen Spektakel: „Es war schon
dunkel, als ich durch die Vorstadtstraßen
heimwärts ging“, stimmt Costa die ersten
Zeilen an.
„Cut!“, ruft Philipp Stölzl. „Das war
schon viel besser.“ Der Regisseur der Ver -
filmung des Udo-Jürgens-Hitmusicals „Ich
war noch niemals in New York“ möch-
te aber noch einen weiteren Take. Die
Kamera, die Costa in einer Parallelfahrt
folgt, soll sich etwas langsamer bewegen,
damit sie den Sänger auch noch im Blick
hat, wenn dieser einen leicht beschwing-
ten Schritt zurück macht. „Dann ist das
Schunkeln mit drin“, erklärt Stölzl. „Und
da vorn muss noch jemand vom Bett sprin -
gen, wenn er vorbeikommt.“
Anfang Juni 2018, in der kleinen Halle
der Kölner MMC-Studios steht das Unter -
deck des Ozeanriesen, der nebenan in
der großen Halle erbaut worden ist. Hier
entsteht die aufwendigste und sicher
auch gewagteste deutsche Großproduk-
tion des Jahres, die nun ins Kino kommt.
Ein Film-Musical, das ist quasi Neuland
für die deutsche Branche. Sicher, auf den
Leinwänden der sechziger Jahre liefen
diese Revuefilme und Schlagerparaden.
Aber eine echte filmische Verbindung von
Tanz, Gesang und Schauspiel? Das hat
sich bislang noch keiner getraut.
Entsprechend groß war die Skepsis.
Das schlagende Argument, dieses Projekt
überhaupt in Angriff zu nehmen, war die

Resonanz auf das Bühnen-Musical, das
2007 Premiere feierte. Rund sechs Mil-
lionen Besucher machten „Ich war noch
niemals in New York“ zur bisher erfolg -
reichsten heimischen Originalproduktion.
Lange wurde die Kinoadaption entwi -
ckelt, nach Markus Goller („25 km/h“)
stieß mit Philipp Stölzl 2016 ein Regisseur
zu dem Projekt, der nicht nur weiß, wie
man große Stoffe für ein großes Publikum
realisiert („Der Medicus“). Er hat auch
Videoclips für Rammstein und Madonna
gedreht – und ist zugleich ein gefragter
Operninszenierer.
Aber trotz seiner eindrucksvollen Kar-
rieremomente, dem Millionenerfolg der
Vorlage und einem Star-Ensemble, zu
dem Heike Makatsch, Katharina Thal -
bach, Moritz Bleibtreu und Uwe Och-
senknecht gehören, musste Stölzl sei -
ne Vision noch bei der amerikanischen
Führungsspitze von Universal pitchen


  • dem Verleih, der bei dieser Ufa-Pro-
    duktion mit eingestiegen ist. Stölzl weiß
    natürlich, dass man „in einem halben
    Jahr aus einem deutschen Schauspie-
    ler keinen Gene Kelly“ macht. Aber er
    weiß auch, dass ein Welthit wie „Mamma
    Mia!“ oft „die Unperfektion ausstellt“.
    Und die Referenz für alle Beteiligten war
    hier logischerweise „Mamma Mia!“, jene
    Giga-Erfolgskomödie von 2008, in der
    die grandiose Meryl Streep als singen-
    de Aussteigerin auf der fiktiven griechi-
    schen Insel Kalokairi ihre Ex-Lover an die
    Wand tanzt.^ Der erfolgsverwöhnte Stölzl
    war also ziemlich nervös, so eine richtige
    Komödie hat er noch nie gemacht, schon
    gar nicht diese Mischung aus Musical,
    Komödie und Drama.


Sechs Hauptfiguren, drei Romanzen
Die große Herausforderung: „Da den
richtigen Bogen reinzukriegen.“ Oder,
wie es Stölzl pragmatisch herunterbricht:
„Wir haben gut zwei Stunden. Du hast ja
schon eine Stunde mit den Songs, dann
bleibt dir für das Storytelling gerade noch
eine – und das bei sechs Hauptfiguren und
drei Liebesgeschichten.“ Sein Mittel zum
Zweck ist „Tempo und Rhythmus – etwas,
das bei deutschen Komödien eher außen
vor ist“. Wie in einer Screwball-Come-
dy, langsam geschnitten, schnell gespielt:
„Das ist der Witz daran.“
Wir sind also bei diesem furiosen Lust-
spiel auf einem Dampfer gen New York


  • auf den hatte sich Maria (Katharina
    Thalbach), die nach einem Unfall verwirr -
    te Mutter von TV-Moderatorin Lisa


Oberdeck
So schaut sie aus, die Musical-Version von „Eine
Seefahrt, die ist lustig“. Sogar der Kapitän feiert mit

Heike Makatsch

Zwischendrin
Lisa (Heike Makatsch) und Fred (Michael
Ostrowski, l.) werden als blinde Passagiere
enttarnt. Axel (Moritz Bleibtreu) ist irritiert

Unterdeck
Bordzauberer Costa (Pasquale Aleardi) entfesselt
in der Kantine ein Weinfest. Bald wird auch
Maria (Katharina Thalbach) dazustoßen

„Liebe ist ja


auch ein Antrieb


für Kunst“


ERHÄLTLICH IN 900 MEPHISTO-SHOPS WELTWEIT SOWIE IM GUT SORTIERTEN
SCHUHFACHHANDEL. WWW.MEPHISTO.COM

MIT DER EINZIGARTIGEN


SOFT-AIR TECHNOLOGIE


Für moosweiches und
ermüdungsfreies Gehen.

BENSON

BENSON (5 ½ – 12 ½)

BENSONBENSON

BENSON

WiN_MARKETING_DE___1___19HW___ANZEIGE-2___MEPHISTO___DE___ID_4932.indd 1 05.09.19 12:59
Free download pdf