KULTUR KINO
Foto: Willi Weber
102 FOCUS 42/2019
(Heike Makatsch), geflüchtet. Weil sie
sich an nichts mehr erinnern konnte,
außer daran, dass sie noch nie in New
York war. Als Lisa sie mithilfe ihres Mas-
kenbildners Fred (Michael Ostrowski) von
Bord holen will, legt das Schiff gerade ab.
Die drei sind nunmehr als blinde Pas-
sagiere dabei und werden vom Kapitän
zur Arbeit unter und auf Deck verdon-
nert. Unter jeweils kunterbunten Irrun-
gen und Wirrungen freundet sich dabei
Lisa mit Axel (Moritz Bleibtreu) an, der
allein mit seinem kleinen Sohn unterwegs
ist. Mama Maria findet Gefallen an dem
hochstaplerischen Eintänzer Otto (Uwe
Ochsenknecht) und weiß diesen zu läu-
tern, während der schmächtige Fred den
sensiblen Griechen-Macho Costa (Pas-
quale Aleardi) anschmachtet.
Und über allem und vor allem dazwi-
schen die Musik von Udo Jürgens: 20 Hits
des 2014 verstorbenen Entertainers, Kom-
ponisten, Schlagersängers und Chanson-
niers, die „eigentlich jeder im Ohr“ hat,
wie Stölzl betont. „Musikalisch sind die
Lieder ja auch alle toll. Er hat die Untiefen
des Schlagers immer mit so einer Würde
gefüllt – Schunkelseligkeit und Anspruch
in einem.“ Katharina Thalbach sagt: „Als
er ,17 Jahr, blondes Haar‘ gesungen hat,
fühlte ich mich natürlich angesprochen.
Klar hörten wir die Beatles und die Rol-
ling Stones, aber man kam an Udo Jür-
gens nicht vorbei.“ Die Begeisterung für
ihn teilen alle im Filmteam, auch wenn
sie seinen Liedern erst durch das Musical
näherkamen.
Der Zauber des griechischen Weins
Inzwischen ist Costa mit schunkelndem
Gang und Gesang am Kantinentisch
angekommen, er schlägt zwei Flaschen
die Hälse ab und schenkt den Wein aus.
Fred ist dabei die Kinnlade herunterge-
fallen, Maria ist fasziniert, Lisa irritiert.
Stölzl nimmt diesen Auftritt nach der
Parallelfahrt auch noch mal frontal auf,
in einer Rückwärtsfahrt. Um die Szene
rhythmisch unterschneiden zu können.
Da müssen alle Bewegungen, die des
Hauptakteurs und aller anderen, wie-
der genau stimmen, das braucht einige
Takes. „Das dauert halt etwas“, sagt er
fast entschuldigend, „bis die Choreogra-
fie richtig flüssig ist. Aber das ist ja auch
einer der wichtigsten Songs.“
Zentrum des Plots ist eigentlich Lisa,
die mit Mama und Maskenbildner ein
unfreiwilliges (Liebes-)Abenteuer auf
hoher See erlebt. Auch wenn sie hier ver-
schüchtert auf ihrer Matratze im Hinter-
grund bleibt. Heike Makatsch, die bereits
als „Hilde“ (Knef) bewiesen hat, dass sie
singen kann, verkörpert diese komplizier-
te TV-Moderatorin. „Eine Rolle, der man
als öffentliche Person etwas geben kann,
was man selber kennt“, sagt Makatsch.
„Als kompliziert zu gelten liegt ja auch
manchmal daran, dass man sich selbst
schützt. Dass es gar nicht so einfach ist,
mit Leuten umzugehen, die schon ein
festes Bild von einem haben. Diese Art
von Einsamkeit, die dadurch entstehen
kann, ist bei mir nicht sehr ausgeprägt.
Aber ich kann sie schon nachvollziehen
in der überspitzten Form bei Lisa.“
Und so darf sich die schwierige Hyper-
blondine einfach in den Armen von Axel
wiederfinden, Romantik wider Willen,
aber umso unwiderstehlicher. Angespro-
chen auf diverse Filme mit „Liebe“ im Titel,
bei denen sie mitwirkte, muss Makatsch
lachen: „Klar, wenn das auf dem Dreh-
buch steht, sag ich sofort zu. Nein, aber
Liebe ist ja auch ein Antrieb für Kunst
und kommt natürlich in den meisten
Filmen vor. Vielleicht habe ich ja mehr
romantische Filme gemacht als Thriller,
aber ich bin nicht auf irgendein Genre
abonniert.“
Kitsch, voll auf die Zwölf
Jedenfalls zeigt sie hier auch, wie man mit
Bleibtreu auf dem Wasser tanzt vor Glück.
Und wie man unter Wasser küsst. „Es
schaut schöner aus, als es sich anfühlt“,
erzählt die 48-Jährige und lacht. „Man
versucht nicht zu blubbern, kriegt Wasser
in den Mund, muss die Augen aufhalten,
es ist kalt, das Lächeln wird blaulippig –
alles nicht so lustig, man macht das halt
für das Bild. Über Wasser hat es dann
mehr Spaß gemacht.“
Bildermacher Stölzl denkt nicht nur
visuell, sondern überdreht mit seiner
Inszenierung die Künstlichkeit des Gen-
res. Man bekommt die bonbonfarbige
Ästhetik so lange aufs Auge gedrückt,
bis man sich darin heimisch und richtig
kuschelig fühlt. Oder wie es Uwe Ochsen-
knecht ausdrückt: „Ich habe auch nichts
gegen Sonnenuntergänge. Aber dann bit-
te richtig. Nicht so ein bisschen Kitsch.
Wenn, dann voll auf die Zwölf.“
So, wie beim kleinen Finale unter Deck.
Unter die alkoholbeseelten Matrosen und
Smutjes hat sich auch Maria gekämpft.
„Ich tanze wahnsinnig gern, am Morgen
aufzuwachen und zu den Gypsy Kings
herumzuspringen, das ist schon toll“, hat-
te Thalbach zuvor in einer Umbaupause
erzählt. Jetzt, während Fred seinen Costa
antanzt, führt Maria einen entfesselten
Sirtaki auf, der die beiden im Abseits ste-
hen lässt. Stölzl spürt die Dynamik, lässt
die Szene zweimal wiederholen, wobei die
Bewegungen dieser Mamma mia im rosa
Küchenkittel immer furioser und atem-
raubender werden.
Ja, ja, der Wein, das Blut der Erde ...
Apropos, Herr Stölzl, ist das nicht eine
helle Flüssigkeit in den Blechtassen?
„Auweia, erwischt“, sagt der. „Da hab
ich jetzt wirklich nicht dran gedacht.
Wahrscheinlich, weil Rotwein Flecken
macht und Retsina Weißwein ist.“
Ein bisschen Unperfektion halt, wie bei
„Mamma Mia“. Im fertigen Film sieht
man es eh kaum, und Stölzl hat vor allem
geschafft, was wirklich wichtig ist: den
richtigen Bogen reingekriegt.n
Philipp Stölzl
„Der Referenz-
film für ‚Ich war
noch niemals in
New York‘ war
ganz klar
‚Mamma Mia!‘“
Kapitän des Kino-Schiffs
Regisseur Stölzl („Goethe!“, „Nordwand“,
„Der Medicus“, „Winnetou“) mit seinen Stars
Makatsch, Thalbach und Bleibtreu
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