KULTUR DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT FREITAG,18.OKTOBER2019 SEITE 20
ALBUM DER WOCHE
E
s gibt dieser Tage etwas
zu sehen in der School
of Cinematic Arts auf
dem Gelände der Uni-
versity of Southern California in
Los Angeles. Um zu der neuen
Attraktion zu gelangen, nähern
wir uns dem Campus auf dem Jef-
ferson Boulevard, benannt nach
dem US-Präsidenten, der im Lau-
fe seines Lebens 600 Sklaven be-
saß und fest daran glaubte, dass
die schwarze Rasse der weißen
unterlegen sei.
VON HANNS-GEORG RODEK
Wir passieren das Ray Stark
Family Theatre, benannt nach
dem Multimillionär und Filmpro-
duzenten, der gerade von der
Schauspielerin Jane Seymour be-
schuldigt wurde, sie sexuell be-
lästigt zu haben; wir passieren die
Frank-Sinatra-Halle, benannt
nach dem Sänger, der Geldkoffer
für Mafia-Bosse transportierte
und auf deren Geburtstagspartys
sang. Und uns fällt eine Statue
des Filmvorläufers Eadweard
Muybridge auf, der als erster Fo-
tos zu einem Bewegungsablauf
kombinierte – nachdem er den
Liebhaber seiner Frau erschossen
hatte, wofür er von Geschwore-
nen freigesprochen worden war.
Nun endlich, vor dem George
Lucas Building, müsste uns Eric
Plant auffallen. Eric Plant ist
Filmstudent, und zusammen mit
Kommilitonen verlangt er die
Entfernung dessen, was im zwei-
ten Stock des Lucas Building be-
heimatet ist: der John-Wayne-
Ausstellung. Dessen Westernhut
findet man dort, sein Winches-
ter-Gewehr, die Beinschützer des
Reiters, Drehbücher, Plakate, ei-
ne kleine Statue. Wayne studierte
in den Zwanzigern an der USC,
spielte Football für die Uni-
Mannschaft, und deren Trainer
verschaffte ihm den ersten Job
bei Twentieth Century Fox. Die
Ausstellung in seiner alten Alma
Mater ist die Hauptpilgerstätte
für die Anhänger des Duke, abge-
sehen von dem Museum an sei-
nem Geburtsort in Iowa.
Eric Plant hat angekündigt, je-
den Tag mit seinem Protestplakat
hier stehen zu wollen, „bis die
Ausstellung geschlossen oder ih-
re Schließung angekündigt wird“.
Er ist sozusagen Gründer einer
„Alldays against Duke“-Bewe-
gung, und er und seine Getreuen
stehen da wie die frühe Greta,
aber aus deren Bewegung ist ja
auch etwas geworden, und in
Amerika hätte ein Wayne-Denk-
malsturz erhebliche Sprengkraft
- es wäre eine Wiederholung der
heftigen Debatte über Statuen
für die Konföderierten.
Eric Plant hatte Auszüge aus
einem 48 Jahre alten Interview
mit dem „Playboy“ gelesen. Nun
ist es nicht so, dass das ein wohl-
gehütetes Geheimnis gewesen
wäre, auch nicht in jüngerer Zeit.
Das Interview zirkulierte wäh-
rend des letzten Präsident-
schaftswahlkampfs, als Waynes
Tochter sich als Trump-Anhän-
gerin outete. Es wurde im glei-
chen Jahr während der Debatte
im Regionalparlament von Way-
nes altem Wohnort Orange
County zitiert, als die Republika-
ner einen „John Wayne Day“ ein-
führen wollten (erfolglos). Aber
erst, nachdem jetzt Interview-
Schnipsel auf Twitter auftauch-
ten, wurden die USC-Studenten
aufmerksam.
Es war ein Pulverfass, das auf
die Lunte der Korrektheitsem-
pörung gewartet hat. Und es ist
nicht nur ein Satz, es ist das hal-
be Interview. Lesen wir, was
Wayne über die schwarze Bür-
gerrechtsbewegung im Allgemei-
nen und deren Aktivistin Angela
Davis sagte:
„Wir (Weiße) können nicht
plötzlich auf die Knie fallen und
alles einer schwarzen Führer-
schaft überreichen. Ich glaube so
lange an die weiße Vorherrschaft,
bis die Erziehung der Schwarzen
so weit fortgeschritten ist, dass
sie verantwortungsvoll handeln.“
Der Interviewer fragt nach:
„Fühlen Sie sich in der Lage, zu
beurteilen, welche Schwarzen
unverantwortlich und welche ih-
rer Führer unerfahren sind?“
„Es ist nicht meine Beurtei-
lung. Die akademische Gemein-
schaft hat Tests zu der Frage ent-
wickelt, die feststellen, ob
Schwarze die nötige Schulbil-
dung besitzen. Aber manche
Schwarze haben versucht, in Col-
leges zu gelangen, ohne diese
Tests zu bestehen... Wenn sie
aber nicht die akademischen
Qualifikationen besitzen, sollte
man sie auch nicht aufnehmen,
denn sonst wird der akademische
Standard auf den kleinsten ge-
meinsamen Nenner reduziert.
Warum sollte man jemand zum
Studium der höheren Algebra zu-
lassen, wenn die Person nicht ge-
lernt hat, zu zählen?“
Oder Waynes Meinung zu den
Indianern (die er in seinen Fil-
men so oft massakrierte). „Füh-
len Sie irgendeine Empathie mit
ihrem Schicksal?“
„Ich bin der Meinung, dass wir
keinen Fehler begangen haben,
als wir ihnen dieses große Land
wegnahmen, falls Sie danach fra-
gen. Unser sogenannter ,Dieb-
stahl’ war nur ein Akt des Überle-
bens für uns. Es gab eine große
Zahl von Menschen, die neues
O
b Jean-Claude Juncker
als Präsident der
EU-Kommission je-
mals abtreten kann, ist zurzeit
mehr als ungewiss. Angeblich
soll er sich gerade einen neuen
Schreibtischstuhl bestellt ha-
ben. Seine designierte Nach-
fffolgerin Ursula von der Leyenolgerin Ursula von der Leyen
hat jedenfalls große Probleme,
geeignete Kommissionskan-
didaten zu finden. Die meisten,
die ihr empfohlen werden, sind
vorbestraft und korrupt, was
fffrüher auch kein Problem war.rüher auch kein Problem war.
AAAber neuerdings stellen sichber neuerdings stellen sich
alle so an, und wenn jemand
schon nicht fachlich geeignet
ist, soll er es wenigstens cha-
rakterlich sein. Der Kommis-
sionsstart muss um einen
Monat verschoben werden,
und so hat es ja beim Haupt-
stadtflughafen auch angefan-
gen. Im Moment sind nur drei
Bewerber durchgefallen, aber
wer weiß, was in den nächsten
WWWochen noch alles ans Lichtochen noch alles ans Licht
kommen wird. Es ist auch die
Frage, ob die Kommission
wirklich der geeignete Ort für
eine Resozialisierung ist oder
ob die Kandidaten dort nicht
mit zweifelhaften Elementen
in Berührung kommen, die sie
erneut in kriminelle Machen-
schaften verstricken.
Zippert
zappt
Scharfe
Schüsse auf
John Wayne
Ein Interview mit Amerikas Nationalheld ist
aufgetaucht. Es ist rassistisch, homophob und
sexistisch. Müssen wir Konsequenzen ziehen?
Drei Alben lang versuchen
Mando Diao sich neu zu erfin-
den, probieren es erst auf
Schwedisch, dann mit dem in-
ffflationären Gebrauch von Syn-lationären Gebrauch von Syn-
thesizern. Die Odyssee hat nun
ein Ende: „BANG“, ihr neuntes
Studioalbum, ist ein krachen-
der Selbstbefreiungsschlaf und
schreit all den Frust raus, den
so eine Sinnsuche mit sich
bringt. Die Schweden fokussie-
ren sich endlich wieder auf das,
was sie am besten können: Gi-
tarrenrock. Starke Riffs, ein-
gängige Hooks und Björn Dix-
gards raue Stimme- nun noch
dreckiger, noch energievoller.
TDas komplette Album (jede
Stunde ein Song) am Wo-
chenende auf FluxFM: in Ber-
lin auf UKW 100,6; via Stream
auf http://www.fluxfm.de und via
FluxMusic – der FluxFM-APP