Handelsblatt - 18.10.2019

(Joyce) #1

Deutsche Bank


Nur das Geschäft mit


Firmen wächst


Im ersten Halbjahr


schrumpften bei der


Deutschen Bank auch bis


dahin stabil wirkende


Sparten.


Yasmin Osman Frankfurt


D


ie Deutsche Bank hat diese
Woche erstmals ausführliche
Angaben über die Ertrags-
kraft ihrer neuen Kernsparten vorge-
legt. Bislang gab es nur Eckdaten da-
zu, wie profitabel die Neu-Segmente
Unternehmerbank, Privatkunden-
bank, Investmentbank und Vermö-
gensverwaltung sind. Was aus den
Angaben hervorgeht, ist für weite
Teile der Bank wenig schmeichelhaft.
Im ersten Halbjahr 2019 schnitt ei-
gentlich nur ein Teilsegment gut ab:
Das Firmenkundengeschäft, das in
der Unternehmerbank angesiedelt
ist, steigerte seine Erträge um zehn
Prozent. Das stabilisierte die Erträge
der Sparte Unternehmerbank, denn
deren zweites Standbein – Zahlungs-
verkehr und Handelsfinanzierung –
büßte um vier Prozent ein.
Die Unternehmerbank ist ein Pro-
dukt der neuen Strategie vom Juli.
Sie führte das bislang in der Invest-
mentbank angesiedelte Transaktions-
bank-Geschäft – Zahlungsverkehr
und Handelsfinanzierung – mit dem
Mittelstandsgeschäft aus der Privat-
kundensparte zusammen.
Bereinigt um dieses Mittelstandsge-
schäft sieht die Privatkundensparte
nun deutlich schwächer aus als bis-
her: Ihre Erträge schrumpften um
sechs Prozent. Inklusive Mittelstands-
geschäft lag das Minus im ersten
Halbjahr bei nur vier Prozent. Vor al-
lem im Inlandsgeschäft ist die Diskre-
panz groß. Dort hat sich der Ertrags-
rückgang durch die Umstrukturie-
rung auf sechs Prozent verdoppelt.
Die Resultate zeigen, dass der neue
Deutschlandchef im Privatkundenge-


schäft, Manfred Knof, noch einiges
zu tun hat, um bis 2022 die geforder-
te Rentabilität von zwölf Prozent auf
das materielle Eigenkapital zu errei-
chen. Denn ohne das Mittelstandsge-
schäft fiel die Rendite zuletzt um et-
wa ein Viertel niedriger aus.
Ein Hebel dafür dürfte ein ent-
schlossenerer Stellenabbau in der
Sparte sein. Verglichen mit der Perso-
nalentwicklung in anderen Ge-
schäftssparten oder bei Mitarbeitern
mit konzernübergreifenden Funktio-
nen ist in der Privatkundensparte bis-
her wenig passiert. Die Zahl der Voll-
zeitjobs lag gerade einmal um 1,7 Pro-
zent unter dem Vorjahreswert. Der
konzernweite Durchschnitt betrug
dagegen fünf Prozent.
Zwar reduzierte die Unternehmer-
bank die Zahl der Arbeitsplätze auch
nur um 1,8 Prozent, doch die Zahl
setzt sich anders zusammen: Die
Sparte investierte in Mitarbeiter mit
Kundenkontakt. Deren Zahl stieg so-
gar im Jahresvergleich. Gekürzt wur-
de dafür bei Verwaltungsarbeiten,
wo 5,5 Prozent der Jobs wegfielen.
Ähnlich sieht die Entwicklung der In-
vestmentbank aus. Es gab mehr Mit-
arbeiter mit Kundenkontakt, dafür
fiel etwa jede zehnte Stelle außerhalb
des „Front Office“ weg.
Anders sieht es im Privatkunden-
geschäft aus: Dort sank zwar die Zahl
der Mitarbeiter mit Kundenkontakt
um 2,6 Prozent, dafür stieg die Stel-
lenzahl in anderen Bereichen. Ob
sich die Verhältnisse so leicht umkeh-
ren lassen – mehr Vertriebler, weni-
ger Verwalter – ist die andere Frage.
Von den rund 44 000 Mitarbeitern
des Segments arbeiten rund 86 Pro-
zent mit dem Kunden. Bei Unterneh-
mer- und Investmentbank gilt das
nur für jeden zweiten Job. Unmöglich
scheint es aber nicht zu sein. Auch in
der Vermögensverwaltung arbeitet
das Gros der Mitarbeiter im Vertrieb.
Dennoch fiel jenseits des Kundenge-
schäfts fast jeder zweite Job weg.

Studie


Finanz-Start-ups werden immer wertvoller


Bislang konnten nur einige


wenige Fintechs ihren Wert


enorm steigern. Auf Dauer


dürften Dienstleister im


Hintergrund profitieren.


Katharina Schneider Frankfurt


E


uropäische Finanz-Start-ups
haben ihren Wert in den ver-
gangenen fünf Jahren auf
rund 177 Milliarden Euro gesteigert.
Das zeigt eine Studie des Datenpor-
tals Dealroom und der Investment-
Gesellschaft Finch Capital, die dem
Handelsblatt vorliegt. Haupttreiber
waren demnach Smartphonebanken
wie N26 und Revolut, Zahlungs-
dienstleister wie Adyen und Klarna
sowie Kreditvermittler wie Funding
Circle und OakNorth. Künftig könn-
ten sich die Gewichte verschieben
und solche Fintechs größere Bedeu-
tung erlangen, die als Dienstleister
für andere Finanzinstitute agieren.


Mit 128 Milliarden Euro geht laut
der Studie ein Großteil der Bewer-
tung auf rund 40 Firmen zurück, die
bereits mehr als eine Milliarde Dollar
wert sind. Vor einem Börsengang
werden sie als Einhörner bezeichnet.
In Deutschland haben diesen Status
zuletzt N26 und die Zinsplattform De-
posit Solutions erreicht. Als wert-
vollstes europäisches Fintech gilt der-
zeit der schwedische Zahlungsdienst-
leister Klarna mit einer Bewertung in
Höhe von rund fünf Milliarden Euro.
Auf etwa 49 Milliarden Euro schätzen
die Autoren den Wert der Fintechs,
die noch nicht den Einhorn-Status er-
reicht haben.
Allein in Deutschland wurden zu-
letzt rund 800 Finanz-Start-ups ge-
zählt. Die Studie Dealroom und
Finch Capital konzentriert sich auf
Firmen, die in den Bereichen Ban-
king, Zahlungsverkehr, Versicherun-
gen und Immobilien aktiv sind, sowie
Dienstleister. Andere Studien definie-
ren Fintech mitunter noch breiter.

Europaweit richtet sich der Groß-
teil der wertvollsten Fintechs derzeit
direkt an Konsumenten oder Unter-
nehmenskunden. Insbesondere bei
jungen Herausforderer-Banken sieht
Radboud Vlaar, Co-Gründer von
Finch Capital, jedoch Probleme. „Bei
den Ertragsmodellen und einer ech-
ten Abgrenzung von anderen Banken
hinken sie hinterher“, sagt er. „Oft
werden solche Konten nur als Neben-
konten genutzt, Kunden zahlen dafür
häufig keine Gebühren, und bisher
ist es den jungen Banken nicht gelun-
gen, in margenträchtigere Produkte
wie Kredite, Immobilienfinanzierung
oder Anlageprodukte vorzudringen.“

Unklare Ertragsmodelle
Ähnlich äußerte sich im Gespräch
mit dem Handelsblatt kürzlich An-
dreas Haug, Mitgründer des Risikoka-
pitalgebers E-Ventures. „Sie geben ex-
trem viel Geld aus, um Kunden zu ge-
winnen, die traditionelle Banken
ohnehin gerne loswerden wollen –

nämlich solche, mit denen sich kaum
Geld verdienen lässt“, sagte er.
Auch die dauerhaften Erfolgsaus-
sichten von digitalen Geldanlageplatt-
formen sieht Vlaar kritisch. Derweil
könnten Zahlungsdienstleister ihr
Geschäftsfeld um Bankdienstleistun-
gen erweitern. Klarna tut das bereits,
indem es eine Kreditkarte heraus-
gibt. Großes Potenzial können Fir-
men haben, die ihre Technologien
anderen Finanzinstituten zur Verfü-
gung stellen, hier nahmen die Invest-
ments an Fahrt auf. Sie haben sich
beispielsweise auf Analysen mit
Künstlicher Intelligenz oder auf
„Open Banking“-Dienste spezialisiert.
Darunter fassen die Studienautoren
Anbieter wie die Berliner Solaris-
bank, dank der auch Firmen ohne ei-
gene Banklizenz im Banking agieren
können, oder das schwedische Tink,
das unter anderem Technologien
zum Finanzmanagement bietet.

> Kommentar Seite 24

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MILLIARDEN
Euro beträgt aktuell
der Wert europäischer
Fintechs.

Quelle: Dealroom und
Finch Capital

  




 
 






   


   



   



  

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WOCHENENDE 18./19./20. OKTOBER 2019, NR. 201
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