Corinna Nohn Wuppertal
R
alf Putsch kennt Donald
Trump nicht persönlich,
aber er fühlte sich direkt an-
gesprochen, als der US-Präsident sei-
ne Pläne für Strafzölle auf europäi-
sche Produkte veröffentlichte. Zan-
gen wurden meist zuerst genannt,
und Putsch, 63, führt in vierter Gene-
ration das Wuppertaler Familienun-
ternehmen Knipex. Seine Produktpa-
lette reicht von Crimpzange über Fe-
derbandschellenzange bis hin zu
Mario Konrad
Der Ironman als
Festtag für Ryzon
A
m Wochenende hat Jan Fro-
deno als erster Deutscher
zum dritten Mal beim Iron-
man auf Hawaii triumphiert. Dieser
Triathlon-Wettkampf ist eine der
größten Herausforderungen, die der
Sport bietet. Der Sieg des Kölner Ath-
leten ist nicht nur ein Festtag für den
deutschen Triathlon, sondern auch
für das Sportmode-Start-up Ryzon.
Das Kölner Unternehmen produ-
ziert den Hightech-Wettkampfanzug
für Frodeno. Der Olympiasieger und
Weltmeister trägt seit zwei Jahren die
Textilien bei Wettkämpfen und ist so-
gar an der Firma beteiligt. „Mir ge-
fällt die Tatsache, vom ersten Mo-
ment an bei solch einem spannenden
Projekt dabei zu sein und es auch
mitgestalten zu können“, sagt der
Sportler und ist überzeugt: „Der Suit
war ein wesentlicher Baustein, dass
ich das Temperatur-Management auf
Hawaii im Griff hatte!“
Das Besondere am neuen Rennan-
zug: Auf der Innenseite des hauten-
gen Einteilers wurden Bahnen aus
Graphen-Stoff vernäht, die dafür sor-
gen, dass die Wärme vom Körper op-
timal abgeleitet wird.
Drei Freunde haben die Firma im
Mai 2016 gegründet. Mario Konrad,
39, kümmert sich als CEO um die
Finanzen, früher war er selbst Triath-
let. Bruder Markus, 37, ist für Pro-
duktentwicklung und Vertrieb, Fabi-
an Jung, 35, für Design und Marke-
ting zuständig.
Die Top-Athleten tragen individuel-
le Anfertigungen oder Prototypen.
Markus Konrad: „Was wir aus diesen
Sonderanfertigungen für unsere Pro-
fisportler lernen, fließt dann in die
Produktion für die Endkunden mit
ein.“ Vielleicht wird es 2020 eine li-
mitierte Serie des Profi-Anzugs von
Frodeno im regulären Verkauf von
Ryzon geben – dieser könnte dann al-
lerdings um die 900 Euro kosten.
Außer der Rundumausstattung für
Radfahrer, Läufer und Triathleten hat
Ryzon Freizeitbekleidung wie Hoo-
dies sowie Accessoires wie Socken
oder Taschen im Angebot. Die Far-
ben sind dunkel, die Materialien
hochtechnisch, damit will sich die
Marke von der Konkurrenz abheben.
Die Ware kommt hauptsächlich aus
europäischer Fertigung, das unter-
scheidet Ryzon von den Sportkonzer-
nen, die in Fernost produzieren las-
sen.
Zum Umsatz macht die Firma kei-
ne Angaben, er dürfte im unteren
einstelligen Millionenbereich liegen.
Das Ziel ist ambitioniert: „Vom Tri-
athlon aus wollen wir eine große
Sportmarke werden“, erzählt CEO
Mario Konrad. Finanziert hat sich Ry-
zon bislang selbst. Es kämen aber vie-
le Anfragen von Fonds, die sich gerne
beteiligen würden. Bislang sei das
kein Thema, betont der Unterneh-
mer: „Das zwingt uns, kreativ zu
sein. Carina Kontio, Joachim Hofer
Jan Frodeno: Triathlon-Sieg im An-
zug von Ryzon.
Getty Images Sport/Getty Images
Ralf Putsch:
„Schlucken können
wir die 25 Prozent auf
Dauer nicht.“
Knipex/Jakob Studnar
Das Kölner Start-up ist
Ausrüster von Triathlon-Star
Jan Frodeno. Der Sieger von
Hawaii ist an der Sportfirma
sogar beteiligt.
Ralf Putsch
Knipex in der Klemme
Die US-Strafzölle sind eine
Gefahr für Industriebetriebe
wie den Zangenhersteller
Knipex. Der Chef appelliert
daher an die Politik.
Wasserpumpenzange – und der wich-
tigste Auslandsmarkt des Weltmarkt-
führers für Profizangen sind die USA.
Die Zölle treffen Knipex und seine
1 600 Mitarbeiter so im Kern, dass
sich der studierte Philosoph an die
drei Wuppertaler Bundestagsabge-
ordneten wandte, darunter der au-
ßenpolitische Sprecher der Unions-
fraktion, Jürgen Hardt. „Es sei nicht
akzeptabel“, so Putsch, „dass deut-
sche mittelständische Hersteller für
die Subventionierung von Airbus bü-
ßen müssen.“ Die Welthandelsorgani-
sation hatte die Strafzölle erlaubt,
nachdem sie die ungerechtfertigte
Subventionierung von Airbus auch
durch Deutschland festgestellt hatte.
Putschs 1882 gegründetes Unter-
nehmen, das einen niedrigen drei-
stelligen Millionenumsatz macht, ist
einer jener typischen familiengeführ-
ten Industriebetriebe, die regional
verwurzelt sind und sich dank ihrer
hohen Spezialisierung in Deutsch-
land gehalten haben. Der Knipex-Eig-
ner findet es „bedauerlich“, dass ge-
rade solche Firmen jetzt bestraft wer-
den. Wer die Fertigung nach Asien
oder Osteuropa verlagert habe oder
dort einkaufe, sei nicht betroffen.
Für Putsch ist klar: Die Preise an
die Verbraucher weiterzugeben wird
nicht funktionieren, bei dauerhaft
hohen Zöllen werde es aufgrund der
Bedeutung des amerikanischen
Markts sehr wahrscheinlich zur Ver-
lagerung von Produktion deutscher
Hersteller kommen. „Schlucken kön-
nen wir die 25 Prozent auf Dauer
nicht – dann machen wir Verluste.“
Putsch erwarte daher von der Politik,
„dass sie verhindert, dass der Sub-
ventionskonflikt im Luftfahrtbereich
auf dem Rücken von in Deutschland
produzierenden mittelständischen
Unternehmen und deren Mitarbei-
tern ausgetragen“ werde.
Das Verständnis ist zwar groß,
doch die Antworten der Abgeordne-
ten fallen verhalten aus: Man setze
sich weiter für ein Freihandelsab-
kommen ein, heißt es bei Manfred
Todtenhausen (FDP). SPD-Vertreter
Helge Lindh will bei einem runden
Tisch Lösungsvorschläge erarbeiten
und das Thema in der Berliner Politik
weiter „problematisieren“. Aber Au-
ßenpolitikexperte Hardt sagt offen:
Die Nachteile für die bergische Werk-
zeugindustrie seien „empfindlich“.
Doch er sei „pessimistisch“ – die Zöl-
le seien wohl nicht aufzuhalten.
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DONNERSTAG, 17. OKTOBER 2019, NR. 200
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