Neue Zürcher Zeitung - 15.10.2019

(Barry) #1

2INTERNATIONAL Dienstag, 15. Oktober 2019


MinisterpräsidentinFrederiksenpeiltein neuesGesetz im Eilverfahren an. INTS KALNINS / REUTERS

Dänische IS-Kämpfer verlieren ihren Pass


ruh.·Die Regierung der dänischen
Ministerpräsidentin MetteFrederiksen
will im Eilverfahren ein Gesetz durch
das Parlament bringen, das es ermög-
licht, dänischen IS-Kämpfern mit zwei
Pässen die Staatsbürgerschaft zu entzie-
hen. Sie reagiert damit auf die jüngs-
ten Entwicklungen in Nordsyrien nach
dem türkischen Einmarsch. InKopen-
hagen wird befürchtet,dass IS-Kämpfer
mit dänischemPass, die im Gefolge der
entstandenenWirren aus Gefangenen-
lagern freikommen,versuchenkönnten,
nachDänemark zu gelangen.
Das gelte es zu verhindern,sagte
Frederiksen. Es bestehe einereelle Ge-
fahr, dass die kurdischeKontrolle über
die nordsyrischen Gebiete zusammen-

breche. Bei den Kämpfern handle es sich
um Menschen, dieDänemark denRü-
cken zugekehrt hätten und mit Gewalt
gegen Demokratie undFreiheit agier-
ten.Sie stellten deshalb eine Gefahr dar.
Betroffen vom Gesetz sind indes nur
Kämpfer, die neben der dänischen noch
eine andere Staatsbürgerschaft haben.
Die Aberkennung soll nach demWil-
len derRegierung in Abwesenheit der
Betroffenen «von einem Schreibtisch in
Dänemark aus» vorgenommen werden
können, wie die dänische Sendeanstalt
DR in einem Bericht schrieb. Eine
breite blockübergre ifende Mehrheit im
dänischenParlament habe einer Eilbe-
handlung derVorlage bereits Unterstüt-
zung zugesichert, hiess es bei DR.

Hunter Biden legt Posten


bei Firm a in China nieder


(dpa)·Hunter Biden, der Sohn des
demokratischen Präsidentschafts-
bewerbers Joe Biden, trittvon sei-
nem unbezahltenPosten beim chine-
sischen Investmentunternehmen BHR
zurück. Er versucht damit, politischen
Schaden von seinemVater abzuwen-
den. Hunter Biden werde am 31.Okto-
ber aus dem Board der Investment-
firma BHR ausscheiden, teilte sein
Anwalt mit.Und sollteJoe Biden im
kommendenJahr Präsident werden,
arbeite Hunter Biden fürgar kein aus-
ländisches Unternehmen mehr. Hunter
Bidens Geschäfte stehen im Zentrum
von Vorermittlungen zu einem Amts-
enthebungsverfahren gegen Trump.
Die Demokraten werfenTrump vor,
sein Amt missbraucht zu haben, um
die Ukraine zu Ermittlungen gegenJoe
und Hunter Biden zu drängen.Trump


IN KÜRZE


Schutzmassnahmen
für Justin Trudeau
(afp)·Der kanadische Premierminister
Justin Trudeau will nach mutmasslichen
Drohungen an seinemWahlkampf fest-
halten. «Das wird nichts daran ändern,
wie ichWahlkampf mache», sagteTru-
deau am Sonntag amRande einesAuf-
tritts inYork.Trudeau hatte am Samstag
bei einemWahlkampfauftritt in einem
Vorort vonToronto eine Schutzweste
unter seinem Hemd getragen und war
von zahlreichenPolizisten eng beglei-
tet worden. Der Sender CBC News be-
richtete, der Regierungschef habe zuvor
Drohungen erhalten.
Weitere Berichte Seite 7

Chinas Staatschef
warnt vor Separatismus
(afp)·Rund vier Monate nach Beginn
der massiven Proteste in Hongkong hat
Chinas Staatschef Xi Jinping mit drasti-
schenWorten vor der Abspaltung einer
chinesischen Region von Festland-
china gewarnt. «Jeder, der versucht, eine
Region von China zu trennen, wird unter-
gehen– mi t zertrümmertemKörper und
zu Puder gemahlenen Knochen», sagte
Xi nach Angaben des chinesischenAus-
sen ministeriums vom Sonntag während
einesAufenthalts in Nepal. Xi bezeich-
nete «externe Kräfte, welche dieTeilung
Chinas unterstützen», als «wahnhaft».
Der chinesische Präsident bezog sich in
seinenÄusserungen nicht direkt auf die
derzeitigen Proteste in Hongkong. Be-
reits in derVergangenheit hatPeking
die Massenproteste in der chinesischen
Sonderverwaltungszone jedoch als von
«externen Kräften» gesteuert bezeich-
net.Als möglichen Unruheherd für seine
nationale Einheit betrachtetPeking auch
das Nachbarland Nepal, wo rund 20 000
Tibeter im Exil leben.

Philippinischer Polizeichef
tritt zurück
(dpa)·NachVorwürfen,des Drogenhan-
dels verdächtigePolizeibeamte geschützt
zu haben,ist der Chef der philippinischen
Nationalpolizei (PNP), General Oscar
Albayalde, von seinem Amt zurückgetre-
ten. «Nachreiflicher Überlegung bin ich
zu der Entscheidung gekommen, meinen
Posten als Chef der PNP mit heutiger
Wirkung aufzugeben», sagte er am Mon-
tag. Ehemalige Generäle hatten Albay-
alde in einer Senatsanhörung beschuldigt,
ihm unterste hendenPolizeibeamten den
Rücken gedeckt zu haben. Diese sollen
bei einerRazzia 2013 unter anderem 200
Kilogramm Methamphetamin beschlag-
nahmt, aber nur 38 Kilogramm gemeldet
haben. Den Beamten drohteanschlies-
send ein Strafverfahren. Seit dem Beginn
von PräsidentRodrigoDutertes Amts-
zeit imJuni 20 16 sind imAntidrogenkrieg
auf den Philippinen nach offiziellen Zah-
len mehr als 6600 Menschen von Sicher-
heitskräften getötet worden. Menschen-
rechtler vermuten, dass es rund viermal
so vieleTote sind.

beschuldigtJoe Biden, alsVizepräsi-
dent auf die Entlassung des ukraini-
schen Generalstaatsanwalts gedrungen
zu haben,um seinenSohn vor derJustiz
zu schützen. Hunter Biden war damals
bei einem ukrainischen Gaskonzern be-
schäftigt.JoeBiden weist dieVorwürfe
als grundlos zurück.

AUFGEFALLEN


Die schwarzen


Strassenkehrer von Rom


AndresWysling,Rom· Eine Kartonschachtelsteht auf dem
Trottoir, darauf ein Sammelbecher mit ein paar kleinen Mün-
zen darin. In der Nähe liegen zusammengekehrte Abfall-
haufen: Plastikflaschen, Ziga rett enstummel, Kassenzettel,
Laub, ein Kinderschuh. Ein Mann ist mit dem Besen zugange,
putzt die Strasse,irgendwo inRom. Er tut die Arbeit, wel-
che diestädtische Strassenreinigung sonst eher unzureichend
erledigt. Er macht sich nützlich. Der 25-jährige Gideon aus
Nigeria verdient als «schwarzer» Strassenkehrer etwa 10 bis 15
Euro amTag. «So muss ich nicht betteln», sagt er. 200 Euro im
Monat zahlt er für eine schäbige Unterkunft, derRest seiner
Einkünfte bleibt ihm für Essen und Kleider. Gideon hat die
Reise durch die Sahara nach Libyen und übers Meer durch-
gemacht.«Mit Gottes Hilfe habe ich überlebt.Aberman muss
etwas wagen,sonstkommt man nirgendwohin im Leben.» Seit
drei Jahren ist er nun schon in Italien, eine ordentliche Arbeit
hat er nicht gefunden.Jetzt hofft er, genug Geld für denRück-
flug nach Hause zusammenkehren zukönnen.
Es sind ausschliesslich dunkelhäutige Männer aus Afrika,
die auf denrömischen Strassen ihren freiwilligen Putzdienst
verrichten. Sie haben alle eine ähnliche Geschichte. Sie sind
in Italiengestrandet und versuchen irgendwie zu überleben.
Einige haben etwas Italienisch gelernt, andere kaum. Einige
denken an dieRückkehr, andere machen sich weiterhin Hoff-
nung auf eine ordentliche Arbeit.
Die Saubermacher bevorzugen Strassen mit Geschäften
und Restaurants in bürgerlichen Quartieren oder inVillen-
vierteln. Hier finden sie eine gutbetuchte «Kundschaft» und
können somit auf einen – wenn auch bescheidenen – Lohn für
ihreArbeit hoffen.In ärmeren Quartieren sitzt denPassanten
das Münz nicht so locker in derTasche, da fällt derVerdienst
zu gering aus. So offenbart jede Strasse schon auf den ersten
Blick ihren sozialen Status, von gut geputzt bis verdreckt, von
Oberschicht bis Unterschicht.Im Stadtzentrum braucht es die
freiwilligen Strassenkehrer aus Afrika nicht.Wo dieTouristen
sind, funktioniert der offizielle Putzdienst.

Staatsanwaltschaft er mittelt
auch gegen Straches Frau
(dpa)·Die StaatsanwaltschaftWien er-
mittelt imRahmen der Spesenaffäre der
FPÖ nun auch gegenPhili ppa Strache.
Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft
am Montag. Gegen ihren Ehemann, den
ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian
Strache, wird bereits seit Ende Septem-
ber wegenVeruntreuung ermittelt. Stra-
che, seine frühere Büroleiterin und sein
ehemaliger Leibwächter bei derPar-
tei sollen unzulässigeRechnungen ein-
gereicht und so dasParteivermögen für
private Zwecke genutzt haben. Sowohl
Heinz-Christian als auch Philippa Stra-
che weisen dieVorwürfe von sich. Diese
wurden wenigeTage vor der National-
ratswahl am 29. September bekannt und
dürften mitverantwortlich für das desas-
tröse Abschneiden der FPÖ gewesen
sein. Die Rechtsnationalisten erhielten
beim Urnengang16,2 Prozent der Stim-
men – einRückgang von fast zehn Pro-
zentpunkten.Trotz dem schlechtenResul-
tat und dem Unmut in derPartei konnte
die auf einen vorderen Listenplatz der
Wiener FPÖ gesetzte Philippa Strache
ein Parlamentsmandat erringen. Ob sie
es auchannimmt, liess sie noch offen.

Nahles legt Mandat nieder –
SPD-Urwahl beginnt
(dpa)·Während die ersten SPD-Mit-
glieder über ihre neueParteispitze ab-
stimmen, zieht die frühere SPD-Chefin
Andrea Nahles den endgültigen Schluss-
strich. Siewerde zum1. November auch
ihr MandatalsAbgeordnete niederlegen,
schrieb sie am Montag an Bundestags-
präsidentWolfgang Schäuble. Die Partei
wagt nun Neues: Es steht so gut wie fest,
dass die SPD künftig von einer Dop-
pelspitze geführt wird. ZurWahl stehen
sechsDuos, das Rennen scheintvöllig
offen. Die besten Chancen werden den
Teams Olaf Scholz / Klara Geywitz,Nor-
ber tWalter-Borjans / Saskia Esken und
Christina Kampmann / MichaelRoth
eingeräumt. Etwas weniger Hoffnungen
dürfen sich Boris Pistorius /Petra Köp-
ping, Gesine Schwan /Ralf Stegner so-
wie Nina Scheer / KarlLauterbach ma-
chen. Die rund 430000 SPD-Mitglieder
können bis zum 25. Oktober abstimmen.

Militärübung
soll Nato-Ostflanke stärken
(dpa)·In Litauen sind neue Einheiten
der amerikanischen Armee zur Stär-
kung der Nato-Ostflanke eingetrof-
fen.Nach Angaben desVerteidigungs-
ministeriums inVilnius kamen am Mon-
tag dieersten von insgesamt 500 ame-
rikanischen Soldaten in dem EU- und
Nato-Staat an.Weitere Soldaten und
die Ausrüstung derTruppen – darunter
Abrams-Kampfpanzer und Bradley-
Schützenpanzer – sollen in denkom-
mendenWochen folgen. Die Einhei-
ten sollen imRahmen der Operation
«AtlanticResolve»zuÜbungszwecken
bis zumFrühjahr 2020 auf dem Militär-
stützpunktPabrade stationiert werden.

“Hetriedto
weigh his soul
to see if it was a
poet’ssoul.”
JamesJoyce

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