Die Welt Kompakt - 15.10.2019

(nextflipdebug5) #1
F

lache Hierarchien,
Teams, die sich selbst
organisieren bis hin zur
Urlaubsplanung, Mitar-
beiter, deren Meinung auch bei
unternehmerischen Entschei-
dungen etwas gilt. All dies ver-
stehen junge Leute unter zeit-
gemäßem Arbeiten. Wissen-
schaftler sprechen auch vom
„agilen“ Arbeiten. In Studien of-
fffenbart sich, dass die Generati-enbart sich, dass die Generati-
on Y, geboren in den 1980er bis
1 990er Jahren, in der Lage ist,
pseudodemokratische Struktu-
ren schnell zu erkennen und ge-
nau merkt, ob eigene Vorschlä-
ge und Ideen tatsächlich gefragt
und umgesetzt werden, oder ob
es sich um reine Firmenwer-
bung handelt.

„„„Wir sind lean und agil – mitWir sind lean und agil – mit
ganzem Herzen“, behauptet der
Düsseldorfer Internet-Telefon-
Anbieter Sipgate auf seiner
Homepage: „Keine Titel, keine
Manager, keine Abteilungen,

keine Gehaltsverhandlungen,
keine Budgets, keine Angst, kei-
ne Überstunden. Stattdessen:
Selbstverantwortung, Feedback,
Lernen, Freiheit und Spaß – das
ist es, was uns glücklich und
gleichzeitig besser macht.“
Hört sich nach Paradies an.
Doch können gerade klassische
mittelständische Unternehmen
diesen Ansprüchen nachkom-
men? Wissen sie überhaupt,
dass dies wichtige Kriterien für
begehrte und umworbene Mit-
arbeiter sind? Vor einem lukra-
tivem Gehalt, einem attraktiven
Arbeitsort – möglichst nicht in
ländlicher Region? Sind die Hid-
den Champions mit dem ver-
traut, was das New-Work-Kon-
zept ausmacht und leben es?
Ein Blick in die Employer At-
tractiveness Monitor Studie
2 018 offenbart: Die wichtigsten
Merkmale eines attraktiven Ar-
beitgebers sind eine gute Atmo-
sphäre, Kollegialität, entspre-
chende Arbeitsaufgaben, die
Einhaltung der Work-Life-Ba-
lance sowie ein faires Gehalt.
Mithilfe von Sonderurlaub,
der Möglichkeit, von zu Hause
aus zu arbeiten, flexiblen Ar-
beitszeiten und einer klaren
Trennung von Freizeit und Be-
ruf kann es einem potenziellen
Arbeitgeber gelingen, die Zufrie-
denheit seiner Mitarbeiter in er-
heblichem positiven Maße zu
beeinflussen. „Die Flexibilität in
der Arbeitszeit und beim Ar-
beitsort sind mir wichtig. Ich

brauche die Möglichkeit, von
unterwegs zu arbeiten und nicht
an einen Büroplatz genagelt zu
sein. Präsenzzeiten ja, aber
nicht mit der Verpflichtung von
dann bis dann irgendwo zu sit-

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Stimmt die Work-Life-Balance nicht, kann das einen Arbeitnehmer an die Belastungsgrenze führen

zen“, sagt Lisa Gotzian, die in
Lüneburg das Masterstudium
„Management & Data Science“
aaabsolviert. Wichtig ist ihr auchbsolviert. Wichtig ist ihr auch
die Möglichkeit, ihre Tätigkeit
auf gleicher Ebene mit Familie
weiterführen zu können. Etwa
halbtags zu arbeiten oder mit
Hilfe eines Betriebskindergar-
tens. Auf gar keinen Fall verzich-
ten möchte sie auf ein Team.
„Niemand ist gern Einzelkämp-
fffer, insbesondere Machine Lear-er, insbesondere Machine Lear-
ning ist vom Data cleaning-Auf-
wand her unmöglich alleine
durchzuziehen, von daher ist
mir ein Team wichtig, das mit
mir an ähnlichen Projekten ar-
beitet.“ Für ebenso unverzicht-
bar hält die Stipendiatin der Stu-
dienstiftung eine zeitgemäße
technische Ausstattung. „Für
meinen Bereich Machine Lear-
ning/Data Science, benötige ich
eine gute Infrastruktur, also ent-
sprechend große Server oder
Möglichkeiten alles auf anderen
Servern laufen zu lassen.“ Wich-
tig ist ihr auch eine digitale Zu-
sammenarbeit mit Projektmana-
gement-Tools, ohne schleppen-
de interne E-Mail-Wirtschaft.
„Im Grunde benötige ich für
nichts Papier, stolpere aber häu-
fffig über bürokratische Hürden.“ig über bürokratische Hürden.“
Für die Arbeitgeber bedeutet
das eine nicht zu unterschätzen-
de Umstellung, die letztlich mit
einer Veränderung der Unter-
nehmenskultur einhergehen
muss. „Nehmen sie junge Men-
schen ernst“, rät der Neurobio-
loge und Buchautor Professor
Gerald Hüther allen Unterneh-
men, die sich fragen, wie sie am
besten die Generation Z, gebo-
ren nach 1997, für sich begeistert.
„Belohnen und bestrafen, also
aaabrichten wie ein Zirkuspferdbrichten wie ein Zirkuspferd
kommt nicht gut an“, so Gerald
Hüther im YouTube-Video. Es
gebe zwei zentrale Bedürfnisse

VON ANKE-SOPHIE MEYER

GETTY IMAGES

/ ANDY RYAN

Arbeit soll Sinnmachen,


sonst droht der Burn-out


Klassische Anreize beeindrucken erstklassige Absolventen


wenig. Sie wollen gehört werden, auch bei unternehmerischen


Entscheidungen. Als Arbeitsorte sind Großstädte beliebt


„Nicht wir sollten der Arbeit
dienen, sondern die Arbeit
sollte uns dienen“, sagt
Frithjof Bergmann. Der Phi-
losoph und Erfinder des
Konzepts „New Work“ ist
der Meinung, dass die Arbeit,
die Menschen leisten nicht
alle Kräfte aufzehren und
erschöpfen sollte. Sie sollte
stattdessen Energie ver-
leihen. Das New-Work-Kon-
zept von Bergmann zeichnet
sich dadurch aus, dass es
das Prinzip der Lohnarbeit
umzukehren versucht. Berg-

mann erklärt dies sehr
grundlegend in den Begrif-
fen von Zweck und Mittel:
Seit der industriellen Revo-
lutionbestand der Zweck
von Arbeitstätigkeiten vor
allem darin, eine bestimmte
Aufgabe zu erledigen – etwa
einen Arbeitsschritt am
Fließband. Das Mittel, um
diesen Zweck zu erfüllen,
war der arbeitende Mensch,
der damit gewissermaßen
als bloßes Werkzeug fun-
gierte. Die Idealform der
neuen Arbeit, wie sie Berg-

mann versteht, dreht dieses
Verhältnis um: New Work,
die neue Arbeit, soll nun das
Mittel sein, mit dem sich der
Mensch als freies Individuum
verwirklichen kann. Damit
geht es Bergmann insbeson-
dere um die sinnstiftende
Funktionder Arbeit, aber
auch um Werte wie Freiheit
und Selbstständigkeit. Frith-
jof Bergmanns sehr allge-
meine New-Work-Definition
lautet entsprechend: New
Work ist die Arbeit, die ein
Mensch wirklich will.

Wenn Arbeit Energie und Kraft liefert
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