Frankfurt– DieLufthansa will nach eige-
nen Angaben rechtliche Schritte gegen ei-
nen von der Flugbegleitergewerkschaft
UFO geplanten Streik prüfen. Nach An-
sicht des Unternehmens wäre ein Aus-
stand rechtswidrig, weil unsicher sei, ob es
sichbeiderOrganisationüberhauptumei-
ne Gewerkschaft handele und der aktuelle
Vorstand satzungsgemäß ins Amt gekom-
men sei.
Die UFO hat ihre Mitglieder dazu aufge-
rufen, am kommenden Sonntag zwischen
sechsund elf Uhr dieArbeit niederzulegen.
Sie fordert nach eigenen Angaben 1,8 Pro-
zent höhere Gehälter und wirft der Luft-
hansa vor, ihren Mitarbeitern „tarifliche
Selbstverständlichkeiten“ zu verwehren.
Lufthansa will nach eigenen Angaben das
Flugprogramm vollständig aufrechterhal-
ten und plant daher nicht, einen Sonder-
flugplan zu veröffentlichen, der normaler-
weise bei Streiksin Kraft tritt. Dies istnach
UFO-Einschätzung „den Kunden gegen-
über völlig unverantwortlich“.
Die beiden Seiten befinden sich schon
seit Monaten im Clinch. Die Auseinander-
setzung findet aber auch vor dem Hinter-
grund dramatischer interner Querelen bei
der Gewerkschaft statt, bei der mehrere
ehemalige Vorstände zurücktreten muss-
ten. Einige müssen sich sogar dem Vor-
wurf der Untreue stellen. Lufthansa hatte
zudem den ehemaligen UFO-Chef Nicoley
Baublies zuletzt fristlos entlassen und ihm
nachseineneigenenAngabeneinHausver-
bot erteilt. Baublies hat gegen die Entlas-
sung geklagt, auch die Personalvertretung
hat sich demnach gegen die Kündigung
ausgesprochen.
Die Gewerkschaft wird derzeit von der
Baublies-Vertrauten Sylvia de la Cruz so-
wievonDanielFlohrgeleitet.Am1.Novem-
berfindetdienächsteMitgliederversamm-
lung der UFO statt. Bei dieser muss sich
deraktuelle Rumpfvorstandauch Abwahl-
anträgen stellen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte zu-
letzt in erster Instanz trotz der gewerk-
schaftsinternen Turbulenzen festgestellt,
dassdieUFOdieTarifverträgebeiLufthan-
sarechtmäßiggekündigthat,einegrundle-
gende Voraussetzung für Streiks. Weitere
Urteile will die UFO nicht abwarten, weil
die Lufthansa immer wieder neue Forde-
rungen stelle und damit eine Verzöge-
rungstaktik verfolge. Die UFO kritisierte,
der Konzern führe einen Machtkampf ge-
gen die Spartengewerkschaften. Dies hät-
ten auch die Kollegen der Vereinigung
Cockpit (VC), die die Piloten vertreten,
schon feststellen müssen. UFO vermutet,
dassLufthansadieGewerkschaftderFlug-
begleiterganz verdrängenund durch Verdi
ersetzen will. Mit dieser habe sie sich
schon weitgehend geeinigt. „Hier werden
Tarifgeschenke verteilt, um die unbeque-
me UFO loszuwerden“, kritisierte Flohr.
Der stellvertretende UFO-Chef machte
zudem deutlich, dass auch bei anderen
Lufthansa-Gesellschaften und nicht nur
bei der Kernmarke Streiks jederzeit mög-
lich seien. Man habe auch für Sun Express,
Germanwings, Eurowings und Lufthansa
Cityline Tarifforderungen gestellt. In der
kommenden Woche sollen die Tarifkom-
missionen über Urabstimmungen für un-
befristete Streiks entscheiden. Die Luft-
hansa könne diese verhindern, so Flohr,
wenn sie sich rechtzeitig zu Verhandlun-
gen bereit erkläre. jens fl ott au
von mar kus balser
Berlin– Die Pläne sollen für ein Umden-
keninderBundesregierungimVerkehrste-
hen: Erstmals kündigte Bundesverkehrs-
minister Andreas Scheuer (CSU) im Früh-
jahrdieFinanzierungvondreiRad-Profes-
suren an. Man hole das Thema „in die Hör-
säle“, um den Radverkehr „noch attrakti-
ver zu machen. Der Radverkehr wird Uni-
Fach!“, erklärte Scheuer beim Nationalen
Radverkehrskongress in Dresden.
In einer Antwort auf eine kleine Anfrage
der Grünen präzisierte das Ministerium
nun die eigenen Pläne. Zunächst drei Pro-
fessuren sollten zum Sommersemester
denZuschlagfürdiegeplanteHöchstförde-
rung von bis zu 400000 Euro jährlich be-
kommen,heißtesineinerAntwortvonVer-
kehrsstaatssekretär Enak Ferlemann auf
einekleineAnfragederGrünen.DasSchrei-
benliegtderSüddeutschen Zeitungvor.Da-
mitgehtesinsgesamtproJahrumeinBud-
get von 1,2 Millionen Euro für die Radfor-
schung. Über den geplanten Zeitraum von
fünf Jahren und mit bis zu sechs Professu-
ren käme die Regierung damit auf bis zu
zwölf Millionen Euro.
Das allerdings wirkt bescheiden im Ver-
gleich zu jenen immensen Geldströmen,
die die Bundesregierung bislang in For-
schungsprojekte für den motorisierten
Straßenverkehr steckt. Denn nach aktuel-
len Angaben des Bundesforschungsminis-
teriums wurden in den vergangenen zehn
Jahren genau 4983 Forschungsprojekte in
Zusammenhang mit „Bau, Optimierung
vonTechnikundMaterialfürKraftfahrzeu-
ge, von Infrastruktur und Verkehrslen-
kungfürdenKraftfahrzeugverkehr“finan-
ziert, schreibt Forschungsstaatssekretär
Michael Meister in einem Brief vom 2. Ok-
tober. Die Gesamtsumme der Förderung
habe bei 2,2 Milliarden Euro gelegen.
Die Opposition wirft der Regierung vor,
zu wenig für den Umbau der Mobilität zu
tun. Von Gleichbehandlung des Radver-
kehrs gebe es noch keine sichtbare Spur,
sagtStefanGelbhaar,SprecherderGrünen
für städtische Mobilität und Radverkehr.
Radverbände sehen ebenfalls enormen
Nachholbedarf. Für die Planung von mehr
Radverkehr fehlten bislang schlicht die
Fachleute,sagteeinSprecherdesAllgemei-
nen Deutschen Fahrradclubs ADFC. Die
GründungderdreiProfessurenseiaber we-
nigstens ein Anfang, erklärt der Verband
weiter.
Der Anteil des Radverkehrs bei den zu-
rückgelegtenWegenliegtnacheinerMobi-
litätsstudie der Bundesregierung bei elf
Prozent. Im Auto werden noch immer 57
Prozent der Wege zurückgelegt, zu Fuß 22
Prozent und mit dem öffentlichen Verkehr
rundzehnProzent.MitihremKlimaschutz-
programm hat sich die Bundesregierung
das Ziel gesetzt, den Anteil des Radver-
kehrs deutlich ausbauen.
Bundesverkehrsminister Andreas
Scheuerhatteangekündigt,dassdieRegie-
rung mit dem Klimapaket bis 2023 rund
900MillionenEurozusätzlichfürdenRad-
verkehr in Deutschland ausgeben werde.
Insgesamtsollennunbis2023etwa1,4Mil-
liarden Euro in den Radverkehr fließen.
Ziel ist es laut Scheuer, den Straßenraum
gerechter aufzuteilen und mehr Platz für
das Rad zu schaffen. Es geht um bessere
Radwege oder etwa Fahrradparkhäuser an
Bahnhöfen.
Die Opposition hält das bislang eher für
Symbolpolitik. Die Gelder, selbst die für
die geplanten Stiftungsprofessuren, seien
nochnichtimvollenUmfangüberdenBun-
deshaushalt verankert, warnt Gelbhaar.
„Mehr als 900 Mal so viel Forschungsgeld
fürsAuto–damitkannkeineVerkehrswen-
de wissenschaftlich begleitet, geschweige
denn vorgezeichnet werden“, sagt Gelb-
haar.
München–DieZahlderinDeutschlandzu-
gelassenen Pestizide hat in den vergange-
nen zehn Jahren deutlich zugenommen.
2018 waren mit 872 Produkten 40 Prozent
mehr Pflanzenschutzmittel registriert als
- Das geht aus einer kleinen Anfrage
der Grünen im Bundestag hervor, die der
Süddeutsche Zeitungvorliegt. „Diese Ent-
wicklung ist mit Blick auf die Gesundheit
derMenschen,besondersmitBlickaufKin-
der, alarmierend“, kritisiert Renate Kü-
nast, Bundestagsabgeordnete der Grünen.
Die Statistik wird seit 1993 geführt. Da-
mals lag die Zahl ähnlich hoch wie heute.
DerHöchststand wurde 1999(1140 Pestizi-
de) erreicht, der niedrigste 2008 (623).
Die Zulassung von Pestiziden ist nicht
erst seit der Diskussion um Glyphosat ein
heikles Thema. Verbraucher verlassen sich
darauf, dass Lebensmittel sicher sind. Ins-
gesamt wurden 2017 mehr als 20000 Le-
bensmittelproben auf Rückstände von gut
1000 Stoffen untersucht. Doch Stichpro-
ben zeigen immer wieder, dass sich in vie-
len Nahrungsmitteln ein ganzer Pestizid-
Cocktail nachweisen lässt.
Der Bundesregierung zufolge wurden
2017 in mehr als der Hälfte der Apfelpro-
bendreiodermehrverschiedeneRückstän-
de gefunden. Besonders fielen in diesem
JahrProbenvonBlattsalatenundlachsähn-
lichen Fischen auf, in den Expertender Le-
bensmittelbehörden19verschiedenePesti-
zide feststellten. Noch stärker waren 2015
Tafelweintrauben mit 20 Mitteln belastet.
Einen Spitzenwert mit 27 Rückständen er-
zielte 2012 analysiertes Paprikapulver. In
der Regel werden dabei jedoch die jeweils
erlaubtenHöchstmengenfürPestizidrück-
ständenichtüberschritten.Wiesichdasje-
doch auf die Gesundheit auswirken kann,
wird nach Ansicht der Grünen-Politikerin
zu wenig untersucht: „Die Bundesregie-
rung unternimmt bisher nichts Relevan-
tes, um die Bevölkerung vor Pestiziden in
Lebensmitteln zu schützen.“
Mitunter entdecken Kontrolleure auch
bedenklicheStoffewiedasInsektizidDDT,
das in Deutschland im Pflanzenschutz
schon lange nicht mehr angewendet wer-
den darf. Warum Spuren davon noch auf-
tauchen können, erklärt die Bundesregie-
rungdamit, „dass Altlasten immer noch zu
nachweisbarenRückständeninLebensmit-
teln führen“. Gemeint ist damit, dass sich
Giftstoffe im Boden anreichern können
undsonochlangenachihremVerbotnach-
weisbar bleiben. sil via li ebrich
München– Doch,es gibt sie noch, die Er-
folgsgeschichten im stationären Handel
mit Sportbekleidung. Vorige Woche eröff-
nete in Bad Oeynhausen Decathlon seine
75.FilialeinDeutschland.2017warenesge-
rade mal 50 Geschäfte gewesen, die der
französischeSportartikel-Discounterhier-
zulande betrieb. Doch seit einigen Jahren
expandiert Decathlon gewaltig und mischt
hauptsächlich mit Eigenmarken-Billigwa-
re wie Tennisschlägern oder Turnschuhen
für weniger als zehn Euro den deutschen
Sporthandel auf. Derweil tun sich viele
klassische Fachhändler immer schwerer,
nichtnurkleine,sondernauchdieganzgro-
ßen. Sport Scheck zum Beispiel. Nun steht
das Münchner Unternehmen offenbar vor
einem Verkauf.
Alexander Birken, Chef der Hamburger
Otto-Gruppe, bestätigte nun, was als Ge-
rücht schon länger durch die Lande
schwirrt: Der Hamburger Versandkonzern
spieltmitdemGedanken,seineTochterfir-
ma Sport Scheck zu verkaufen. Diese
schreibe„bekanntlichseitJahrenroteZah-
lenundistineinerschwierigenMarktposi-
tion“, sagte Birken demHandelsblatt.Soll
heißen: So wie bisher kann es nicht weiter-
gehen. Weshalb gerade „alle Möglichkei-
ten geprüft“ und Gespräche „auch mit
Marktpartnern“ geführt würden, so Bir-
ken. Seit 1988 gehört Sport Scheck zum
Teil, seit 1991 vollständig zur Hamburger
Otto Group. Gegründet wurde die Firma
bereits 1946 von Otto Scheck in München.
Als heißer Interessent für Sport Scheck
wird die Signa Holding des österreichi-
schen Investors René Benko gehandelt. Zu
seinem Imperium gehört neben den Wa-
renhäusern von Karstadt und Kaufhof
auch ein formidables Sammelsurium an
Sporthändlern vom Online-Portal Fahr-
rad.de über Tennis Point bis hin zu den
Häusern von Karstadt Sport. Offenbar ge-
hört zu den Optionen, die Otto gerade
prüft, aber auch der Einstieg eines Finanz-
investors bei Sport Scheck. Dann würden
dieHamburgerihreMünchnerTochterun-
ter Umständen sogar behalten. Fakt ist in
jedem Fall: Sport Scheck braucht frisches
Geld und vor allem ein tragfähiges Überle-
benskonzept.
Das HandelsfachblattSAZ Sportschrieb
kürzlichvon„zumTeilzweistelligenMillio-
nenverlusten“ bei Sport Scheck und zitier-
te „vertraute Kreise“, denen zufolge erheb-
liche Investitionen notwendig seien, um
dasUnternehmen wieder in die Gewinnzo-
ne zu führen. Wie viele in der Branche hat
Sport Scheck bislang noch keinen Weg ge-
funden, um in Zeiten wachsender Online-
Konkurrenz auf der einen und der preis-
aggressiven Expansion von Decathlon auf
der anderen Seite zu bestehen. Die Ham-
burgerOtto-Gruppekämpftbereits seitei-
nigen Jahren mit dem Restrukturierungs-
fall. Immer wieder wurden die Manager
ausgetauscht. Auch ein 2013 mit großem
Aufwand eröffneter Flagship-Store in
München brachte Sport Scheck nicht den
erhofften Durchbruch in bessere Zeiten,
sondernwurdezum Problem. 50 Millionen
Euro Jahresumsatz erwartete man sich
demVernehmennachvomseinerzeitgröß-
ten innerstädtischen Sporthaus in Europa.
Firmenkreisen zufolge blieb das tatsächli-
cheGeschäftdeutlichhinterdenErwartun-
gen zurück. Insgesamt gehören zu Sport
Scheck 17 Filialen mit etwa 1300 Beschäf-
tigten. uwe ritzer
Das längst verbotene
Insektizid DDT lässt
sich immer noch nachweisen
Die Fluggesellschaft
will auf einen
Sonderflugplan verzichten
Streikgefahr bei
der Lufthansa
Flugkonzern erwägt rechtliche Schritte gegen UFO-Ausstand
Wenig Geld für die Fahrrad-Zukunft
Die Förderung von Radprojekten an Universitäten bleibt die große Ausnahme – sie bekommen nur
1,2 Millionen Euro. Dagegen fließen Milliarden in die Auto-Forschung
Mehr Pestizide zugelassen
In Lebensmittelproben finden Kontrolleure oft mehrere Mittel
Sport Scheck unter Druck
Die Hamburger Mutterfirma Otto prüft einen Verkauf des Filialisten und spricht bereits mit Interessenten
Die Opposition wirft der
Regierung vor, zu wenig für den
Umbau der Mobilität zu tun
22 HF2 (^) WIRTSCHAFT Dienstag, 15.Oktober 2019, Nr. 238 DEFGH
Die Lufthansa befindet sich bereits seit
Monaten im Clinch mit der Gewerkschaft
UFO. FOTO: DPA
Der Radverkehr soll ausgebaut werden. Doch für die Planung von mehr Radwegen fehlten bislang schlicht die Fachleute,
beklagt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC. FOTO: FLO KARR/UNSPLASH
Passanten schön und gut, aber wer geht hinein und kauft etwas? Offensichtlich zu
wenige. Hierdie Filiale in Berlin-Steglitz. FOTO: SCHÖNING/IMAGO
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