DER BOTANISCHE GARTEN
Wie das alles blüht! Und wie es duftet! Es ist ein Paradies, durch
das wir wandern, ein Paradies in Klein Flottbek. Wir stehen vor
der Rudbeckia fulgida, dem »Goldsturm«, einer – wie wir lesen –
Zierform des Gewöhnlichen Sonnenhutes. Der Goldsturm wächst
wild in den USA. Die Bienen mögen ihn besonders gern. Gleich
daneben die Clematis serratifolia, die »Goldene Tiara«, eine korea-
nische Waldrebe.
Seit 2012 trägt der Botanische Garten der Universität Hamburg
den Namen Loki Schmidts. Von Kindheit an zog es sie in die Na-
tur. In der bitterarmen sechsköpfigen Arbeiterfamilie gab es keine
Kinderbücher, aber es gab in sechzehn kleinen Bänden Die Flora
in Deutschland. Das waren Lokis Bilderbücher.
Ihre Liebe zur Natur, ihre Leidenschaft für die Botanik ist ein Le-
ben lang lebendig geblieben. Als ihr Mann Bundeskanzler gewor-
den war, brachte Loki von Reisen manchmal Pflanzen mit. Die
Mönche des Katharinenklosters auf dem Sinai schenkten ihr einen
Zweig des »brennenden Dornbuschs«, von dem schon die Bibel
schreibt. Sie trug ihn sorgfältig nach Hamburg. Der Zweig wuchs
wieder zu einem Busch. Und der blüht heute in Klein Flottbek.
Damit nicht nur Kanzlergattinnen und Wissenschaftler die
Schönheit der Pflanzen in aller Welt erfahren konnten, sondern
auch, was ja mindestens so wichtig ist, die Gärtner, gründete Loki
Schmidt eine Stiftung für den internationalen Gärtneraustausch.
Das Geld dafür stammte anfangs von den Einnahmen aus ihren
Büchern und Vorträgen. So konnte dann zum Beispiel ein Gärtner
aus Klein Flottbek nach Mexiko fliegen, um dort beim Schutz der
Wilddahlien zu helfen.
Helmut Schmidt hat den Einsatz seiner Frau bewundert. »Das war
für ihn genauso eine Arbeit und eine Leistung wie seine eigene«,
sagt Petra Schwarz. Sie leitet das Loki-Schmidt-Haus auf dem Ge-
lände des Botanischen Gartens. Wenn die beiden zu Veranstaltun-
gen erschienen, setzte sich Helmut Schmidt in die zweite Reihe.
»Es geht um meine Frau, nicht um mich.«
Im Oktober 2012, zwei Jahre nach ihrem Tod, wurde der Gar-
ten nach Loki Schmidt benannt. Der Bürgermeister kam und
der Universitätspräsident. Und Helmut Schmidt bedankte sich
in einer kleinen Rede bei der Stadt Hamburg und der Univer-
sität »für die Ehre, die Sie meiner verstorbenen Frau Loki antun«.
Auch die Wissenschaft hat ihr En gage ment gewürdigt. Und die
Hamburger Politik. »Die Russen waren die Ersten, die sie zum
Ehrendoktor gemacht haben«, sagte Helmut Schmidt in seiner
Dankesrede. »Und die Freie und Hansestadt hat sie sogar zur
Ehrenbürgerin gemacht. Loki war mächtig stolz auf diese Ehren-
bürgerschaft. Und ich war stolz auf meine Frau.«
In jeder ZEITmagazin-Hamburg-Ausgabe stellt unser
Kolum nist Matthias Naß einen Lieblingsort von Helmut
Schmidt vor
Große Elbstraße 68, Hamburg
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