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APÉRO
In dieser Alltagsstadt, wie Pina Bausch Wup
pertal genannt hat, bin ich glücklich. Hier
habe ich meine Familie und treffe Freunde
und kann in aller Ruhe meiner Arbeit nach
gehen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ja, viel
leichtleichtleicht kann man das Heimat nennen. Aber kann man das Heimat nennen. Aber
vielleicht ist das Wort Zuhause auch gut, weil
es nicht so pathetisch ist.
Sind Sie auf der Suche nach Ruhe nach Wup-
pertal gezogen?
—Nein, meine erste Frau stammt aus
Wuppertal und hatte dort eine Anstellung als
Lehrerin. Ursprünglich wollten wir ge
meinsam nur ein Jahr in Deutschland bleiben,
aber da es einfach für mich war, Arbeit und
ein Atelier zu finden, sind wir hiergeblieben.
Ein guter Start?
—Es war ein echtes Wagnis, da ich mit mei
ner Arbeit schon in England bekannt ge
worden war und eine Galerie hatte, die mich
unterstützt hat. In Deutschland habe ich bei
null anfangen müssen. Aber ich hatte sehr
viel Glück und bekam schon bald einen Lehr
auftrag für Bildhauerei im Orientierungs
bereich an der Kunstakademie Düsseldorf.
Was hat die Akademie an dem jungen Eng-
länder interessiert?
—Norbert Kricke, Rektor der Akademie,
wollte das Institut international aufstellen. Die
britische Bildhauerei war damals auf einem
neuen Weg. Gilbert & George, Richard Long
und Barry Flanagan waren mit überraschen
den Positionen unterwegs. Ich kam also
wie gerufen. So formlos wäre das am Royal
College nicht gegangen.
Können Sie sich an Ihren ersten Eindruck von
Deutschland erinnern?
—Sie trauen mir viel zu.
Erste Eindrücke brennen sich doch angeblich
in die Seele ein?
—In den Siebzigerjahren litten die Briten
noch unter dem Verlust ihres Imperiums,
ihrer industriellen Vorherrschaft und wirt
schaftlich ging es ihnen nicht gut. In Lon
don gingen ständig die Lichter aus, und die
Busse und Züge fuhren nicht, weil viel ge
streikt wurde. Und ab und zu knallte es, weil
die IRA eine Bombe gezündet hatte. Es
waren ziemlich chaotische Zeiten in England.
Auf mich wirkte es so, als ob das alltägliche
Leben in Deutschland viel besser funktio
nierte. Die Menschen beschwerten sich zwar
ständig über alles Mögliche – das tun sie
auch heute noch –, aber es ging ihnen in
jenen Jahren materiell viel besser als meinen
Landsleuten.
Und die Kunstszene?
—Die britischen Künstler hatten einen schwe
ren Stand. Sie führten einen ständigen Kampf
mit dem Publikum und den Medien. Jede
Woche gab es in irgendeiner Zeitung eine Ka
rikatur, die sich lustig machte über ein Kunst
werk. Henry Moore mit seinen Löchern in
den Skulpturen war ein beliebtes Opfer. In
Deutschland hingegen war die Einstellung
zu Künstlern eine andere, da die deutschen
Künstler auf die notwendige Wiederherstel
lung der deutschen Gesellschaft in der Nach
kriegszeit Einfluss nehmen konnten. Die
Künste hatten dadurch einen höheren Stellen
wert. Viele Menschen gingen in Ausstellun
gen, und ich sah zum ersten Mal Schlangen
vor einem Museum mit zeitgenössischer
Kunst stehen.
Wie erklären Sie den Unterschied?
—Die deutschen Künstler wollten nach
dem Zweiten Weltkrieg mitverantwortlich
sein für den Aufbau einer neuen Gesell
schaft. Dafür gibt es viele Beispiele in Kunst
bewegungen wie Zero und Fluxus. Das be
trifft aber nicht nur einzelne Künstler wie
Joseph Beuys und Otto Piene, sondern auch
eine neue Generation von Nachkriegskünst
lern wie Gerhard Richter, Sigmar Polke,
Bernd und Hilla Becher oder Günther Uecker,
um nur einige zu nennen, die alle an der
Düsseldorfer Kunstakademie tätig waren.
Hat Sie diese Haltung überrascht?
—Nein, nicht überrascht, aber auf jeden Fall
interessiert. Ich schätze ihre Ernsthaftigkeit
im Umgang mit der Kunst.
Waren die britischen Künstler nicht so
ernsthaft?
—Doch, aber die englischen Künstler
haben einen anderen Ansatz. Es gab weni
ger Grund, gesellschaftspolitisch zu wirken.
Schließlich war England eine lebhafte Demo
kratie und hatte im Krieg für eine tolerante
und humane Gesellschaft gekämpft.
RED FIGURE,
2008, HOLZ, 208× 210 × 42 CM
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