Die Welt - 24.10.2019

(Ron) #1

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16 FINANZEN DIE WELT DONNERSTAG,24.OKTOBER


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ie Y-Towers werden in
drei Jahren die Skyline
von Amsterdam prägen.
Mit seinen 110 Metern
wird der 33 Geschosse
zählende, an die Maritim-Kette ver-
pachtete Hotelturm bei seiner Fertig-
stellung im Jahr 2022 das höchste Ge-
bäude der niederländischen Hauptstadt
sein. Im benachbarten Wohnturm wer-
den 174 Familien ein luxuriöses Obdach
finden.

Die Projektentwicklung mit insge-
samt 106.000 Quadratmeter Bruttoge-
schossfläche ist das jüngste Kind im
Portfolio des offenen Immobilienfonds
UniImmo: Europa der Union Invest-
ment Real Estate. Insgesamt 460 Millio-
nen Euro legt der Fondsanbieter der
Volks- und Raiffeisenbanken damit in
der Grachtenmetropole an.
Mit der Projektentwicklung wolle die
Union Investment Real Estate „Chan-
cen nutzen, die die robusten Vermie-

tungsmärkte aktuell bieten“, sagt Vol-
ker Noack, Mitglied der Geschäftslei-
tung der Fondsgesellschaft. „Das Be-
sondere an den Y-Towers ist neben der
innerstädtischen Lage die Möglichkeit,
eine Hotelentwicklung dieser Größe zu
realisieren und einen Wohnturm ohne
Mietbindung zu entwickeln“, sagt Mo-
nika Gerdes, Einkaufsspezialistin der
Union Investment Real Estate.
Der Deal, unterschrieben in diesem
Oktober, zeigt, wie sehr sich die Anlage-

strategie der offenen Immobilienfonds
gewandelt hat. Noch vor wenigen Jah-
ren fokussierten sich deren Manager
fast ausschließlich auf Bürotürme. Das
ist heute nicht mehr der Fall. „Den
Schwerpunkt der Immobilienobjekte
bilden zwar mit 54 Prozent noch die Bü-
rogebäude“, sagt Stefan Mitropoulos,
Immobilienanalyst der Landesbank
Hessen-Thüringen (Helaba).
Doch inzwischen spielten Einzelhan-
delsimmobilien mit einem Anteil von 26
Prozent sowie Hotels mit neun Prozent,
Lagerhallen und Distributionszentren
mit rund vier Prozent ebenfalls wesent-
liche Rollen. Einige Fonds investieren
zudem auch in Wohnhäuser. Zudem
sind die Objekte über diverse Städte in
diversen Ländern verteilt. „Offene Im-
mobilienfonds weisen eine breite Diver-
sifikation nach Standorten und Nut-
zungsarten auf“, sagt Mitropoulos.

VON RICHARD HAIMANN

Offene Immobilienfonds ermögli-
chen auch Kleinanlegern, am weltwei-
ten Monopoly-Spiel teilzunehmen. Be-
reits mit nur 100 Euro können Anteile
erworben, monatliche Sparpläne mit
nur 50 Euro abgeschlossen werden.
Hingegen belaufen sich die Mindestin-
vestitionsbeträge bei geschlossenen Im-
mobilienfonds in der Regel auf 10.
Euro. Deshalb wenden sich immer mehr
Sparer, die nicht genügend Kapital ha-
ben, um einem geschlossenen Fonds
beizutreten oder gar selbst eine Immo-
bilie zu erwerben, offenen Fonds zu.
Mit dem globalen Immobilienboom
der vergangenen Jahre ist deshalb im-
mer mehr Geld in die 18 für private Spa-
rer zugänglichen Anlagevehikel geflos-
sen. Allein in der ersten Hälfte dieses
Jahres waren es nach Angaben des
Fondsverbands BVI 6,1 Milliarden Euro


  • und damit fast so viel wie die 6,4 Milli-
    arden Euro, die im gesamten vergange-
    nen Jahr in die Immobilienanlagevehi-
    kel investiert wurden.
    Aktienfonds verzeichneten in der ers-
    ten Hälfte dieses Jahres unter dem
    Strich nur Mittelzuflüsse von 700 Mil-
    lionen Euro. Aus den in Anleihen inves-
    tierenden Rentenfonds wurden von An-
    fang Januar bis Ende Juni gar zwei Milli-
    arden Euro abgezogen, weil viele
    Schuldverschreibungen nicht mehr Er-
    träge, sondern Verluste bringen. Deut-
    sche Bundesanleihen mit zehnjähriger
    Laufzeit rentierten Anfang Oktober bei
    minus 0,57 Prozent – Investoren müs-
    sen damit die Bundesregierung bezah-
    len, um ihr Geld leihen zu dürfen.
    Hingegen werfen offene Fonds von
    Jahr zu Jahr höhere Erträge ab, weil
    weltweit die Preise von Immobilien und
    die mit ihnen erzielbaren Mieten zuge-
    legt haben. „Allein in Deutschland wur-
    den in den ersten neun Monaten dieses
    Jahres 50 Milliarden Euro in Wohn- und
    Gewerbeimmobilien investiert“, sagt
    Fabian Klein, Leiter Investment bei der
    Immobilienberatungsgesellschaft
    CBRE. Die starke Nachfrage von in- und
    ausländischen Fonds, Pensionskassen
    und Versicherungen treibt seit Beginn
    des globalen Immobilienbooms vor
    neun Jahren die Preise der Liegenschaf-


ten stärker in die Höhe, als deren Mie-
ten zulegen.
Spiegelbildlich schrumpft die aus den
Mieteinnahmen in Relation zum Kauf-
preis erzielbare Rendite kontinuierlich.
Bürogebäude in Top-Lage, die langfris-
tig an bonitätsstarke Unternehmen ver-
mietet sind, seien so teuer geworden,
dass die Renditen an deutschen Top-
standorten wie Frankfurt, Hamburg,
Köln, München oder Stuttgart „nun bei
3,01 Prozent liegen“, sagt Klein. „In Ber-
lin sind es gar 2,8 Prozent.“
Die Preis- und Mietsteigerungen be-
scheren den Fondsanlegern seit Jahren
wachsende Erträge. „Seit 2013 sind die
durchschnittlichen Renditen der offe-
nen Immobilienfonds von 2,3 Prozent
auf 3,1 Prozent pro Jahr gestiegen“, sagt
Sonja Knorr, Analystin der Berliner Ra-
tingagentur Scope. Vorerst werden die
Immobilien in den Portfolios voraus-
sichtlich noch wertvoller werden: „Ob-
jekte im Bestand dürften in der Ten-
denz weiter aufwerten“, sagt Knorr.
Dabei gibt es allerdings Unterschiede
bei den Erträgen, die die einzelnen
Fonds erwirtschaften. Dies zeigt ein
Blick auf die beiden Branchenschwerge-
wichte: Der Deka-ImmobilienEuropa,
mit einem Nettofondsvermögen von
knapp 15,8 Milliarden Euro der größte
offene Immobilienfonds, bescherte sei-
nen Anlegern in den vergangenen fünf
Jahren eine Bruttowertentwicklung aus
Mieterträgen und Wertzuwächsen bei
den Immobilien im Portfolio von rund
15,5 Prozent. Beim Hausinvest der Com-
merz Real, mit einem Volumen von 15,
Milliarden Euro Nummer zwei der
Branche, waren es nur 12,6 Prozent.
Damit liegen die Renditen der offe-
nen Immobilienfonds jedoch deutlich
hinter denen von Immobilienaktien.
Der DIMAX, der Index der börsenno-
tierten deutschen Immobiliengesell-
schaften, stieg in den vergangenen fünf
Jahren um 114 Prozent. Allerdings brau-
chen Anleger bei Immobilienaktien
auch gute Nerven. Das zeigt die Kurs-
entwicklung der Deutsche Wohnen.

Die Aktie des börsennotierten Woh-
nungsunternehmens ist von Anfang Ok-
tober 2014 bis März dieses Jahres um
170 Prozent gestiegen, seither jedoch
um in der Spitze knapp 32 Prozent ge-
fallen. Der Grund: 111.000 der 163.
Wohnungen des Unternehmens liegen
in Berlin. Dort fordert die Volksinitiati-
ve „Deutsche Wohnen & Co enteignen“
die Verstaatlichung von Gesellschaften,
die 3000 und mehr Wohnungen besit-
zen. Der Senat lehnt dies zwar ab, will
aber die Mieten in der Hauptstadt für
die kommenden fünf Jahre deckeln.
Ertragsspitzenreiter bei offenen
Fonds mit einer Gesamtrendite von 5,
Prozent war im vergangenen Jahr der
Fokus Wohnen Deutschland. Der von
der Industria Wohnen im August 2015
aufgelegte Fonds ist einziges Vehikel
der Anlageklasse, das ausschließlich in
Mietwohnungen investiert. Aktuell um-
fasst das Portfolio 39 Objekte mit 2288
Wohnungen mit einem Investitionsvo-
lumen von 621 Millionen Euro.
Allerdings können Anleger immer
nur dann in diesen Fonds investieren,
wenn weitere Mehrfamilienhäuser zum
Ankauf gefunden sind. Bei diesen Cash
Calls nimmt das Management auch nur
so viel neues Kapital auf, wie zum Er-
werb der weiteren Liegenschaften be-
nötigt wird.
Diese Strategie fahren auch andere
offene Fonds, damit die Renditen der
Anlagevehikel nicht durch zu viel Liqui-
dität verwässert werden. Nicht in Im-
mobilien investiertes Kapital dürfen die
Fonds nur in Geldmarktpapieren anle-
gen oder bei Banken parken. Durch die
tiefen Zinsen lässt sich damit kein Er-
trag erzielen. „Die durchschnittliche
Verzinsung der Liquidität liegt faktisch
bei null“, sagt Analystin Knorr.
Dennoch halten viele Fonds Liquidi-
tätspolster von zum Teil mehr als 20
Prozent. Der Grund dafür: Nach Aus-
bruch der Finanzkrisevon 2008 muss-
ten 17 der damals mehr als 30 offenen
Immobilienfonds geschlossen und an-
schließend abgewickelt werden, weil
Anleger mehr Kapital abziehen wollten,
als an liquiden Mitteln überhaupt vor-
handen war. Bei der Auflösung waren
die 17 Anlagevehikel zum Teil gezwun-
gen, in Notverkäufen ihre Liegenschaf-
ten deutlich unter dem bisherigen
Buchwert abzustoßen. Unter dem
Strich verloren Anleger dabei mehr als
acht Milliarden Euro.
Die Bundesregierung hat daraufhin
das Investmentgesetz geändert. Anle-
ger, die seit dem 22. Juli 2013 Anteile an
offenen Immobilienfonds erwerben,
müssen diese nun mindestens zwei Jah-
re halten. Wollen sie ihr Kapital aus den
Fonds wieder abziehen, müssen sie dies
zwölf Monate vorher der Anlagegesell-
schaft mitteilen.
Dies soll dem Fondsmanagement ge-
nügend Zeit geben, um in Ruhe Immo-
bilien verkaufen zu können, falls Anle-
ger unter dem Strich mehr Geld abzie-
hen wollen, als an neuem Kapital hinzu-
kommt. Ausgeschlossen von dieser Re-
gelung sind Altanleger, die bereits vor
dem Stichtag Anteile erworben haben.
Sie können jederzeit bis zu 30.000 Euro
in einem Halbjahr abziehen.

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