Berliner Zeitung - 26.10.2019

(Ron) #1

Politik


Berliner Zeitung·Nummer 249·26./27. Oktober 2019 5 *·························································································································································································································································································

Kehrtmarsch!


NachdemAbzugausSyrienentsendetderUS-PräsidentnunSoldatenzumSchutzvonÖlfeldern.DieKurdenwerdenwiederindenRangvonVerbündetenerhoben


VonFrank Nordhausen

V


ieleBeobachterriebensich
ungläubig dieAugen, als
Präsident DonaldTrump
twitterte ,dass es den USA
gelungensei,„dasÖlinSyrienzusi-
chern“. DieErdölquelleninNordost-
syrien hattenvorher für ihn prak-
tisch keineRolle gespielt. Doch als
Trump nachlegte und in einem
Tweetschrieb,trotzdesangeordne-
tenAbzugsderrund 1000 US-Solda-
tenausSyrienwürde„einekleine
Zahl“vonrund 200 bis 300 Soldaten
dortbleiben,umdieÖlquellenvor
derTerrormilizIslamischerStaat(IS)
zuschützen,wurdeklar,dasseres
ernstmeinte.DasPentagonbestä-
tigte,manwerdebiszu 30 Panzer
undzusätzlicheTruppennachSy-
rienverlegen,uminKoordination
mitdenkurdischdominiertenSyri-
schen Demokratischen Kräften
(SDF)dieÖlfelderzuschützen.
DerUS-Präsident hatte seine
Truppen inSyrien vorknapp drei
Wochen aus derGrenzregion zur
TürkeiabgezogenundAnkaradamit
grünesLichtfüreineOffensivegegen
dieKurdenmilizYPGerteilt.DieYPG
ist die dominierende Kraft in den
SDFundwirdvonderTürkeiwegen
ihrer Verbindung zurverbotenen
kurdischen Arbeiterpartei PKK als
Terrororganisation betrachtet, war
aber engsterVerbündeter der USA
gegen den IS.Wiekam es zu dem
neuerlichenUmschwung?Wieder


US-SenderNBCberichtete,hätten
derrepublikanischeSenatorLindsay
GrahamundVerteidigungsminister
MarkEsperdenPräsidentenüber-
zeugt,indemsieihmKartenmit Syri-
ensÖlfeldernvorlegtenunddas„na-
tionale Sicherheitsinteresse“ beton-
ten. DerEinsatz bietet demPenta-
gon die Chance,wenigstens eine
ReststreitmachtimLandzuhalten.

EhergeringeVorkommen
MitseinerjüngstenKehrtwendehat
Trump den US-Rückzug gestoppt
unddieverstoßeneSDFwiederzum
Bundesgenossenerhoben.AmDon-
nerstag lud er nicht nur SDF-Chef
Maslum Abdi telefonischnach Wa-
shington ein, sondernrief den Kur-
den auch aufTwitter zu: „Vielleicht
istes Zeitfürdie Kurden,sichaufden
Wegind ieÖlregionzumachen!“
DenUSA sei das Öl offenbar
„wichtigeristalsihreVerbündeten“,
twitterten syrisch-kurdische Offizi-
ellekonsterniert.DerfrühereUS-Sy-
riengesandteBrett McGurk schrieb:
„DerUS-PräsidentscheinteineMas-
senmigration vonKurden in die
Wüstezufordern,wosiesichaufei-
nem winzigen Ölfeld niederlassen
können. SchockierendeUnkenntnis
vonGeschichte,Geographie,Recht,
amerikanischenWerten, menschli-
chemAnstandundEhre.“
Andersals Trumpannimmt,kon-
trollieren dieKurden als wichtigster
Teil der SDF längst die bedeutends-
tensyrischenÖlfelderzwischenden

NachihremAbzugausNordsyrientrafenUS-Soldatenim irakischenBardarashein. AFP

Frank Nordhausenhält
Trumps Griff nach Syriens
Ölquellen fürgefährlich.

Städten Hassaka undDeir as-Sour.
Syriens Rohölproduktion betrug
nach Angaben des US-Energiemi-
nisteriums vordem Bürgerkrieg
600000 Barrel pr oTag, sank aber
während der dreijährigen IS-Kon-
trolle und danach auf 30000Barrel.
Insgesamt sind die Ölvorkommen
geringimVergleichzumIrakoder
Saudi-Arabien.DiezerstörtenAnla-
genwiederaufzubauen,dauertver-
mutlichJahreundkostetMilliarden.
DieYPG-Streitkräftehatten 2012
zunächstkleinereÖlfelderinderPro-
vinz Hassakaerobert,nachdemsyri-
sche Regierungstruppen aus den
meistenKurdenregionenabgezogen
waren. 2015 brachte der IS die weit
rentableren Ölfelder inDeir As-Sour
unter seineKontrolle .Die Dschiha-
disten transportierten das Öl in die
Türkei –direkt über dieGrenzeoder
über denNordirak. Nach demZer-
würfnis Ankaras mitMoskau im No-
vember2015beschuldigtederKreml
den türkischen Staatschef Recep
TayyipErdogan,mitseinerFamiliein
den illegalen Ölhandelverwickelt zu
sein. Später enthülltenHacker abge-
fangene E-Mails vonErdogans
Schwiegersohn,demjetzigenFinanz-
ministerBeratAlbayrak, wonach er
alsChefderCalik-Holdingdaslukra-
tiveÖlgeschäft mit dem IS kontrol-
lierthabe;Al bayr akdementierte.
Nach der Vertreibung des IS aus
Deir as-Sour übernahmen die SDF
auchdortdieKontrolleüberdieÖl-
felder.Die kurdisch geführteRegie-

rungRojavas verk auftdasR ohölteils
an kleine privateRaffinerien, um es
zuBenzinundDiesel zuverarbeiten,
teilsan Damaskus zumhalbenWelt-
marktpreis.Die laufenden monatli-
chenEinnahmenwerdenau fderzeit
rund zehn Millionen US-Dollar ge-
schätzt. Es ist völlig unklar,obn un
US-Firmen denRohstoff, der unbe-
stritten dem syrischenStaatgehört,
ausb eutensollen.Trumpschienmit
seinen Tweets zudem dieVertrei-
bung derKurden aus ihren ange-
stammten Gebieten entlang der
GrenzezurTürkeinachSüdenindas
fastvollständigsunnitisch-arabische
Deiras-Sourzubefürworten.

KonfrontationmitRussland
DieTürkei war am 9. Oktoberin
Nordsyrien einmarschiert, um die
YPG zu verjagen. Am Dienstag hat-
tensich Erdogan und der russische
Präsident WladimirPutinüber eine
gemeinsameKontrollederGrenzge-
biete geeinigt.Putins Sonderbeauf-
tragter Michail Bogdanowerklärte,
alle syrischen Öl- und Gasstandorte
müsstenunterdieKontrollevonPrä-
sident Baschar al-Assadzurückkeh-
ren. DieEntsendungder US-Solda-
ten könnte zu einer militärischen
KonfrontationmitMoskauführen.

Ölvorkommen in Syrien


syrischen Rebellen

Gebiet kontrolliert von
syrischer Regierung
Ölfelder Raffinerien

Türkei

Hassaka

Kurden

SYRIEN

TÜRKEI

Homs

Banjas

Idlib

Tall
Abjad

Ras
al-Ain

Aleppo

Kobane

ManbidschManbidsch

KamischliKamischli

StandOktober 2019

IRAK

LIBANON

Mittelmeer

Euphrat

dünn
besiedelte Gebiete

50 km
BLZ/GALANTY;QUELLE:ISWDPA

Vonder Türkei
beanspruchte
DeirDeir as-Souras-Sour „Sicherheitszone“

KeineNewYorkTimes


mehrfürsWeißeHaus


TrumpkündigtZeitungsabonnements


VonKarlDoemens,Washington

E


igentlichgiltdieNewYorkTimes
im amerikanischen Politikbe-
trieb als Pflichtlektüre. Mitmehr als
vierMillionenDigital-undPrintabos
gehörtdas traditionsreicheBlatt zu
den größtenZeitungen der Welt.
Doch in demPressestapel, der all-
morgendlich an der1600 Pennsyl-
vaniaAvenuein Washingtonangelie-
fertwird, fehlt seit Donnerstag die
NewYorkTimesgenausowiedieWa-
shingtonPost. Kein Geringerer als
derPräsidentderUSApersönlichhat
die Kündigungveranlasst. „Das ist
Lügenpresse“, hatte DonaldTrump
vorwenigen Tagen gewettert: „Wir
möchten die nicht mehr imWeißen
Haushaben.“


DerGrolldes Präsidentenaufdie
beidenBlätter,dietäglichüberneue
DetailsseinerUkraine-Affäreberich-
ten, ist damit noch nicht gestillt.
Nach einemBericht des Wall Street
Journal will Trump ernsthaft alle
amerikanischen Bundesbehörden
anweisen, ihreAbonnements der
beiden Zeitungen auslaufen zu las-
sen.„Daswirddemamerikanischen
SteuerzahlerHunderttausende Dol-
lar sparen“, erklärte Präsidenten-
sprecherinStephanieGrishamstolz.
Doch umsGeld geht esTrump
nicht. Sein demonstrativerBoykott
belegtvielmehr,wiepanischsichder
PräsidentindemvondenDemokra-
ten vorangetriebenen Amtsenthe-
bungsverfahren im Schützengraben
verschanzt.Seit Wochen wirdseine


„Das ist


Lügenpresse.“


US-Präsident DonaldTrump
aufTwitter zur Kündigung der
AbonnementsvonNewYork Times
undWashingtonPost

Rhetorik immer ausfallender und
maßloser.DieinderVerfassungver-
ankerte Impeachment-Untersu-
chung, die er anfangs eine„Hexen-
jagd“genannthatte,diffamierteri n-
zwischen als„Lynch-Verfahren“. Al-
len Regierungsmitarbeiternhat er
die Kooperation mit den Parla-
mentsausschüssenuntersagt.Repu-
blikanischePolitiker,die es wagen,
leiseKritikanihmzuäußern,verun-
glimpft er als „Abschaum“.Undof-
fenrufterzur Gegenwehrauf.
„Die Republikaner müssen här-
ter werden und kämpfen“, mahnte
er Anfang derWoche eine aggressi-
vereVerteidigung seinerPerson an.
Zwei Dutzend linientreuerepubli-
kanische Abgeordneteverstanden
den Aufruf und stürmten amMitt-
woch eine Sitzung des Geheim-
dienstausschusses zur brisanten
Koppelung der US-Hilfen für die
UkraineaneineSchmutzkampagne
gegen den demokratischenPräsi-
dentschaftsbewerberJoeBiden.Die
Parlamentarier verschafften sich
Zugang zum abhörsicherenKonfe-
renzraum, verzögerten dieBefra-
gungeinerZeuginumfünfStunden
und nutzten ihreMobiltelefone,
was dortaus Sicherheitsgründen
streng verbotenist.
Mitdem Einsatz seiner parla-
mentarischenSturmtruppe war der
Präsident zufrieden. „Danke an die
Republikaner dafür,dass sie knall-
hartund pfiffig sind“, twitterte er.
Nach Medienberichten wachsen in-
des selbst im engerenUmfeld des
Präsidenten dieZweifel an dessen
Verteidigungsstrategie.Ind er New
York Times und in derWashington
Postkannmantäglichneue,beunru-
higendeDetails aus den Anhörun-
gen lesen. Dortstehen auch die
jüngstenUmfrageergebnisse,denen
zufolgeinzwischeneineklareMehr-
heit der Amerikaner einImpeach-
ment-VerfahrengegenTrumpbefür-
wortet.
DasmussTrumpnunnichtmehr
lesen.Andenfürihnunerfreulichen
Faktenaberwerdendie Abo-Kündi-
gungenwohlnichtsändern.

Weihnachten

multimedial

effizient

Weihnachtsgeschenke ka ufen

undgleichzeitigEnergiesparen

NiegeheninDeutschlandso vieleLaptops,Fernsehgeräte undSpielekonsolenüberdenLadentischwiezurVorweihnachtszeit.Kleine
Fachhändlerpräsentierengenauwie großeOnlineportale dieneuestenTrendsinSachenTechnikundMultimedia–undseitKurzem
lockenwieder zusätzlicheSonderangebote am „BlackFriday“. Dochgeradedannheißtes: KühlenKopf bewahren! WirzeigenIhnen,
wieSie Weihnachtsgeschenkefinden,die SpaßmachenundgleichzeitigbeimEnergiesparenhelfen:

Energielabel alsWegweiser nutzen:BeimKauf vonUnterhaltungselektronik solltenSie stetsauf HinweisezurEnergie-
effizienz,wie beispielsweisedasEnergielabel,achten. Ähnlichwie eine Verkehrsampelzeigt dieFarbskalavonGrün
(geringerStromverbrauch) bisRot(hoherStromverbrauch), wieenergieeffizient ein Gerätist. Fürdie Umwelt undden
Geldbeutel bedeutet das: Je höherdie Energieeffizienzklasse,desto besser.Soverbrauchtein Fernseherder Klasse A++
imVergleichzueinemGerätder Klasse Bbis zu 60%weniger Strom.

Modellevergleichen:Beim Kauf eines neuenFernsehgeräts solltenSiesichimersten Schritt dieFrage stellen,wiehoch
dieAuflösungdes neuenGerätsseinsoll. Doch Vorsicht:Jehöherdie Auflösung,desto größer derStromverbrauch.
MeistgenügtHD-Qualitätbereitsfür einbestmögliches Fernseherlebnis.
Im zweiten Schritt gilt es darauf zu achten, dass dieBildschirmdiagonalezum Abstand zwischenSitzgelegenheit und
Fernseher passt.Fürdie optimaleGröße gilt dieFaustregel: Bei HD-Auflösung sollte dieBildschirmdiagonaleein
Drittel desSitzabstandes betragen; bei höhererAuflösung dieHälfte desSitzabstandes.

Nutzungreflektieren:Surfen,Gamen oder doch lieberStreamen?Welchen Zwecksolldas neueGeräterfüllen? Werden
Siesich vordemKauf einesneuen Computers über dieNutzungsanforderungen klar.SollIhr Gerätnur fürStandard-
anwendungen genutztwerden, kannnämlichschoneineinfaches Notebook oder Tabletausreichen. ImVergleichzu
einemDesktop-PCverbrauchteinNotebookbei durchschnittlicher Nutzungrund70%wenigerStrom.

MehrTippsgibt’saufwww.machts-effizient.de/multimedia
Free download pdf