P.M. History - 11.2019

(Nandana) #1

Zumindest die Oberschicht konn­
te lesen und schreiben. Reliefs zeigen
Priester� die in Schriftrollen vertieft
sind. Liegt es nur an der Kurzlebigkeit
des Materials für diese Texte - Palm­
blätter oder gepresster, getrockneter
Bast des Maulbeerbaums -, dass kein
kambodschanischer Thukydides oder
Livius die Zeiten überdauerte?
In den Te mpelinschriften wird jen­
seits überschwänglichen Herrscher­
lobs nur vereinzelt konkrete Historie
erzählt. Hier mal Dürftiges über einen
Bruderkrieg um die Macht (890), da
mal über eine Gesandtschaft nach Chi­
na (1116). Dann die Invasion der Erb-


bleiben sollte. Unter Suryavarman Il.
erreichte Mitte des 12. Jahrhunderts
das Khmer-Reich seine größte Ausdeh­
nung, reichte weit bis ins heutige Thai­
land, Vietnam und Laos, bis hin nach
Myanmar und Malaysia. Danach wurde
es durch Machtkämpfe und innere Wir­
ren geschwächt und verlor viele seiner
Eroberungen. Jayavarman VII. hielt
den Niedergang noch einmal auf. Doch
um 1400 war das Großreich am Ende.
Über sein Innenleben aber wis­
sen wir relativ gut Bescheid. Dank
der 1300 Inschriften an Tempeln und
Stelen. Dank der Reliefs, die vor allem
die Götterwelt, aber auch das Diesseits

"Wenn ein Gatte nicht die


Wünsche seiner Frau befriedigt,


wird er auf der Stelle verlassen"


fe inde, des Volks der Cham aus dem
heutigen Vietnam, die ihren Höhepunkt
1177 im Niederbrennen von Angkor
fand. Wenig später die Revanche Jaya­
varmans VII. mit Siegen über die Cham
zu Lande und zu Wasser. Davor, dazwi­
schen und danach: historischer Nebel.
Fest steht, dass das Khmer-Gebiet bis
etwa 800 in Kleinfürstentümer zersplit­
tert war. Dann wurde es nach und nach
geeint, und um 900 gründete Harsha­
varman I. Angkor, das für 500 Jahre
fast ununterbrochen die Hauptstadt


detailliert abbilden. Und durch den ein­
zigen erhaltenen Augenzeugenbericht,
den des chinesischen Gesandten Zhou
Daguan, der sich Ende des 13. Jahrhun­
derts ein Jahr am Hof aufhielt.

A

uf den Reliefs haben wir teil
am bunten Alltagsleben: Eine
Frau gebiert gerade mithilfe ei­
ner Hebamme, eine andere verkauft
Fische. Männer rösten ein Spanferkel,
andere kochen einen großen Topf Reis,
brutzeln Schaschliks von aufgereihten

Fröschen oder holen mit Blasrohren
Vögel vom Baum. In Netzen verfangen
sich Fische und sogar Krokodile. Sänf­
tenträger schaukeln Höhergestellte
durchs Land oder fächeln ihnen mit
Palmwedeln Frischluft zu. Offenbar be­
liebte Freizeitvergnügen sind Hahnen­
und Hundekämpfe.
Zhous Aufzeichnungen bestätigen,
dass die Khmer barfuß gingen und bis
zur Hüfte hinab nackt waren, dass sie
gern Reis- oder Palmwein tranken,
nur mit den Fingern der rechten Hand
aßen, aber in der Oberschicht von sil­
bernem oder gar goldenem Geschirr.
Sie lebten mit wenig Mobiliar und leg­
ten sich auf Schlafmatten zur Ruhe. Sie
Free download pdf