Versunkene Reiche
ein-bis zweitausend Frauen- sie muss
ten verheiratet sein -, zur Arbeit in den
Palast gekommen sein. Von seinem zen
tralen Platz im Spinnennetz dirigierte
der König das Reich. Es war aufgeteilt
in etwa zwei Dutzend Provinzen. Die
Bürokratie bot Posten für alle Lebens
bereiche über den "lokalen Te mpelvor
steher" bis zum "Chef der Reisfelder".
Reisende Inspekteure schauten den
örtlichen Würdenträgern auf die Finger
und berichteten an den König über die
Stimmung im Lande. Das Rechtssystem
reichte bis in die entlegensten Dörfer.
Für schwere Vergehen wurde die To
desstrafe verhängt: lebendiges Begra
ben. Darunter drohte das Abschneiden
von Nase, Fingern oder Zehen. Bei
Diebstahlsvorwürfen musste der Ange-
klagte seine Hand in einen Kessel mit
siedendem Öl stecken: Blieb sie unver
sehrt, bewies das seine Unschuld.
Zumindest in der Spätzeit des
Reichs verbanden aufgeschüttete, aber
ungepflasterte Straßen Angkor mit den
Provinzhauptstädten. Einige der stei
nernen Brücken werden noch heute
genutzt. Etwa im Abstand einer halben
Tagesreise standen an Hauptstraßen
die "Häuser des Feuers". Ob sie als Pil
gerherbergen dienten oder Heiligtümer
waren, ist in der Forschung umstritten.
Über das Reich verteilt ließ Jaya
varman VII. laut einer Steleninschrift
102 Hospitäler bauen: "Er litt unter
den Krankheiten seiner Untertanen
mehr als unter den eigenen, da es das
Leid der Allgemeinheit, nicht das eige-
ne Leiden ist, das den König schmerzt.u
Ihre rege Bautätigkeit finanzierten die
Khmer-Könige durch ein ausgeklü
geltes Fiskalsystem. Außer Priestern,
Mönchen und Sklaven waren alle Un
tertanen steuerpflichtig. "Es scheint
auf schier alles eine Steuer gegeben
zu haben", resümiert Angkor-Experte
Michael Coe. "Die Speicher der könig
lichen Schatzkammer waren jenseits
von Gold und Edelsteinen gefüllt mit
Produkten wie Reis, Honig und Bie
nenwachs, Butter, Zucker, Gewürzen,
Kampfer und Stoffen." Man konnte sei
ne Steuerschulden unter anderem mit
Sklaven, Wasserbüffeln und Elefanten
begleichen. Erstaunlicherweise schuf
der sonst hochentwickelte Staat kein
Münzsystem. Die Khmer beglichen in