P.M. History - 11.2019

(Nandana) #1

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kann versichern, daß die Bewegung
durchaus angenehm, ja wohltuend ist.
Wer zum Schwindel geneigt ist, muß es
freilich vermeiden, die vorüberfliegen­
den, näher gelegenen Gegenstände in's
Auge zu fassen.
Von Erschütterung ist nur so viel
zu spüren, als erforderlich ist, um die
Eisenbahnfahrt nicht mit einer Schlit­
tenfahrt zu verwechseln, obschon die

Wenigstens dringt sich uns das Gefühl
der gewaltigen, wundersam wirkenden
Kraft bei jenem Anblick weit mehr auf;
es imponirt, wenn man den Wagenzug
mit seinen zweihundert Personen wie
von selbst, wenn auch nicht pfeilge­
schwind, doch gegen alle bisherige Er­
fahrung schnell, unaufhaltsam heran,
vorüber und in die Ferne dringen sieht.
Das Schnauben und Qualmen des aus-

Ich kann versichern:


Die Bewegung ist durchaus


angenehm, ja wohltuend


Empfindung der ähnlich ist, welche das
Fahren in einem gut geführten Stoß­
schlitten auf glatter Eisbahn verur­
sacht. Daß man ohne Zittern während
des Fahrens schreiben könne, wie ein
Korrespondent der allgemeinen Zeitung
neulich bemerkt hat, habe ich mit meh­
reren meiner Nachbarn nicht bestätigt
gefunden, obgleich man mit Bequem­
lichkeit sich etwas notiren kann wäh­
rend der Fahrt.
Es war eine unermeßliche Men­
schenmenge vorhanden, und die
jauchzte und jubelte zum Theil den
Vorüberfahrenden zu; und in der That,
es gewährt der Anblick des vorüber­
drängenden Wagenzuges fast ein grö­
ßeres Vergnügen, als das Selbstfahren.

gestoßenen Dampfes, der sich sogleich
als Wolke in die Höhe zieht, verfehlt
auch seine Wirkung nicht.
Pferde auf der sehr nahen Chaus­
see sind daher beim Herannahen des
Ungethüms scheu geworden, Kinder
haben zu weinen angefangen, und
manche Menschen, die nicht alle zu den
Ungebildeten gerechnet werden dür­
fen, haben ein leises Beben nicht unter­
drücken können.
Ja, es möchte wohl Keiner, der nicht
völlig phantasielos ist, ganz ruhigen
Gemüths und ohne Staunen beim ers­
ten Anblick des wunderwürdigen Phä­
nomens geblieben seyn.
Diesem Staunen fo lgt dann ein, frei­
lich erst durch Reflexion vermitteltes,

STELLDICHEIN
Am 7. Dezember
1835 versammeln
sich unzählige
Schaulustige zwi­
schen Nürnberg
und Fürth, um die
Einweihung der
ersten Eisenbahn­
strecke in Deutsch­
land zu erleben

wohlthuenderes Gefühl, das Gefühl des
Triumphes menschlicher Erfindungs­
und Geisteskraft über die Elemente,
denen nach Schillers treffendem Aus­
druck von Natur eigen ist, zu "hassen
das Gebild der Menschenhand.''
Und seltsam! Dieses erhebende
Gefühl wirkt ( ... ) in Hunderten und
Ta usenden, die kaum ahnen, welche
Kenntnisse, Erfahrungen, Experimen­
te,. Kombinationen, wie viel Scharfsinn,
Genie und - Glück zusammenwirken
mußten, um solche Maschine zu ersin­
nen, zu konstruiren. Für diese bleibt das
Ganze ein Wunder, an das sie glauben,
weil sie es sahen; und kein esoterischer
Skeptiker wird im Stande seyn, ihnen
diesen neuen Glauben an den menschli­
chen Geist und seine Macht zu erschüt­
tern, um so weniger, da er ein freudiger,
ein erhebender ist. ( ... )
Heiterkeit und Freude über das ge­
lungene Werk belebte Alle, und eine in
deutschen Gesellschaften seltene Leb­
haftigkeit der Unterhaltung war eine
natürliche Folge davon. ( ... ) <<

Die Strecke Nürnberg-Fürth entpuppt
sich als voller Erfolg: Allein im ersten
Betriebsjahr reisen 475219 Passagiere
mit der Lokomotive. Mit ihr beginnt
auch der Triumphzug der Eisenbahn in
Deutschland. 1840 sind erst 500 Kilome­
ter Schienen verlegt, 1850 bereits 5700.
Überall werden neue Linien eröffnet,
1839 folgt zwischen Leipzig und Dresden
die erste deutsche Fernverbindung.
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