Der Grund für die Korrektur: Im dritten Quartal
hat sich die wirtschaftliche Entwicklung in wichti-
gen Märkten wie Europa und Nordamerika „schnel-
ler als erwartet eingetrübt“, erläutert Daimler. Der
Abschwung schlägt direkt auf die Kennzahlen durch
und wird sich wohl insbesondere im vierten Quartal
bemerkbar machen. Im dritten Quartal sind die
Auftragseingänge bereits von 129 000 auf 92 000
Einheiten eingebrochen. Das entspricht einem Mi-
nus von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Es könnte noch schlimmer werden. Denn für
20 20 rechnen etwa die Analysten von Evercore ISI
mit noch mehr Gegenwind für die Trucksparte. Der
Grund: In den USA steuert der Superzyklus für Last-
wagen auf sein Ende zu, ein Markteinbruch von 25
bis 30 Prozent droht. Daimler steuert bereits gegen,
wie Cheffinanzer Wilhelm erläutert. In den USA
und Mexiko komme es zu Anpassungen, die auch
Personalabbau beinhalten. „Erste Maßnahmen sind
bereits in der Umsetzung“, erklärte Wilhelm. Der
Manager schloss aber Werksschließungen aus.
Daimler-CEO Källenius sieht die Lage der Autoin-
dustrie insgesamt aber weniger skeptisch als Zulie-
ferer wie Bosch oder Continental, die beide für die
nächsten fünf Jahre kein Wachstum für die Branche
orten. Källenius fasst seine Industrie weiter als üb-
lich, spricht von der Mobilität, nicht nur von Auto.
Und in der Mobilitätsindustrie sieht er „glasklar“
Wachstumspotenzial – gerade in China. Hier gebe es
immer mehr Menschen, die so viel verdienen, dass
sie sich einen Mercedes leisten können. Und genau
bei diesen Einkommensgruppen will Källenius noch
stärker punkten: „Es gibt eine Chance für uns.“
Genius-Award
Ausgezeichnete Innovationen
Für ihre zukunftsweisenden Technologien und Geschäftsmodelle wurden Lilium,
Urmo, Park your Truck und Intech auf dem Auto-Gipfel des Handelsblatts prämiert.
W
er mit dem eigenen Wagen zum Han-
delsblatt Auto-Gipfel im Stuttgarter Por-
sche-Museum kommt, weiß, vor wel-
chen Problemen die Mobilität von morgen schon
heute steht: überlastete Straßen, leere Autos, hohe
Umweltbelastung. Die Sieger des Germany’s New
Mobility & Connectivity Award – kurz Genius
Award – haben das Potenzial, Teil der Lösung der
Mobilitätsprobleme zu werden. Das Handelsblatt
hat diesen jungen Preis mit dem Stuttgarter Pro-
jektbüro zet:project dieses Jahr zum zweiten Mal
und erstmals auf dem Auto-Gipfel vergeben.
„Wir wollen mit den Siegern in vier Kategorien
Erfolgsstorys kommunizieren“, sagte Volker Zet-
sche, Geschäftsführer von zet:project und Jurymit-
glied. „Es ist faszinierend, welche visionären Ideen
deutsche Start-ups umsetzen“, betonte Andrea Re-
xer, Leiterin des Unternehmensressorts des Han-
delsblatts und ebenfalls Jurymitglied, in ihrer Mo-
deration.
Spektakulärster Preisträger war Lilium mit sei-
nem senkrecht startenden Flugtaxi in der Katego-
rie „Visionary Reality“. Mitgründer Patrick Nathen
nutzte den Auto-Gipfel gleich zur Lösung seines
größten Problems: „Bei uns sind 150 Stellen offen.
Also wer Lust auf die dritte Dimension hat, bitte
melden.“ Lange galten elektrische Flugtaxis als un-
realistische Träumerei. Die Zeiten scheinen vorbei.
Lilium-Konkurrent Volocopter hat vor wenigen Ta-
gen in Stuttgart einen bemannten Testflug in der
Öffentlichkeit absolviert. Dagegen hat Lilium seine
erste Testphase mit Geschwindigkeiten von 100
Stundenkilometern im Überlandflug in den USA er-
folgreich abgeschlossen. Mehr als 100 Tests am Bo-
den und in der Luft haben die Münchener in den
vergangenen fünf Monaten auf einem Testgelände
im Süden Bayerns durchgeführt. In der nächsten
Phase der Erprobung soll der elektrisch betriebene
Minijet jetzt bis zu 300 Kilometer pro Stunde schaf-
fen. Dadurch würde sich der tägliche Aktionsradius
von Pendlern versechsfachen. 2025 sollen die ers-
ten Drohnen im Passagierbetrieb fliegen.
„Stellen Sie sich vor, in Stuttgart zu arbeiten und
in München zu wohnen. Davon träumen hier vie-
le“, erklärte der Lilium-Gründer bei der Veranstal-
tung in der Schwaben-Metropole. Allerdings provo-
zierte er auch Kritik. „Flugtaxis sind faszinierende
Projekte, aber im Erfolgsfall wird der Luftraum
schnell eng“, gab der Forschungschef des Automo-
bilzulieferers Mahle, Otmar Scharrer, am Rande
der Veranstaltung zu bedenken. Die Eroberung der
dritten Dimension habe ihre Grenzen.
Parkplatz-Sharing für Lastwagen
Aber auch am Boden tut sich viel in der Gründer-
szene. In der Kategorie „Inspiring Innovation“ ge-
wann das Münchener Start-up Urmo mit seinem
elektrischen Kleinstfahrzeug. Das Hoverboard ist
dank seines leichten Gewichts und des zum Patent
angemeldeten Klappmechanismus anderen Zweirä-
dern überlegen. In nur zwei Sekunden kann man
den an ein Segway ohne Stange erinnernden Urmo
mit einem Handgriff auf Aktenkoffergröße zusam-
menfalten und so überall mit hinnehmen. So
schließt das Gerät als Ergänzung die Lücke zwi-
schen Auto und öffentlichen Verkehrsmitteln.
In der Kategorie „Driving Disruption“ gewann
das Start-up Park your Truck. Unter dem Namen
Unser Parkplatz GmbH im August 2013 gegründet,
bot die Onlineplattform aus Dessau erst nur das
Teilen von Pkw-Parkplätzen an. Nach einem Jahr
wendeten sich die Gründer aber den Problemen
bei den Stellflächen für Lastwagen zu. Das Parken
der Brummis ist für die Fahrer ebenso wie für die
Kommunen ein schwieriges Thema. Denise Schus-
ter von Park your Truck erwartet „aufgrund der
Lenkzeitbeschränkung und weil es für diese Ziel-
gruppe noch keine Lösung gab“ ein deutlich größe-
res Geschäft als beim Thema Privatfahrzeuge.
In der Kategorie „Connecting People“ holte In-
tech den Genius-Award. Das Technologieunterneh-
men aus München mit heute über 1500 Beschäftig-
ten, die meisten davon Softwarespezialisten, entwi-
ckelt innovative Lösungen für Smart City und
Smart Factory, um den Alltag zu vernetzen und da-
mit intelligent, einfach, nachhaltig und sicher zu
machen. Martin Buchenau
Preisträger des
Genius-Awards:
Urmo-Gründer Jakob
Karbaumer (oben, M.)
und Sebastian Gouy
mit Laudatorin Meike
Zetsche, Lilium-Grün-
der Patrick Nathen
(unten, l.) mit Mode-
ratorin Andrea Rexer.
Marc-Steffen Unger für Handelsblatt
Um die Trans -
formation zu
meistern,
müssen wir
die Anstren -
gungen noch
erheblich
steigern.
Ola Källenius
Daimler-Chef
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Mobilität der Zukunft
WOCHENENDE 25./26./27. OKTOBER 2019, NR. 206
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