„Das ist Teil unseres
Vermächtnisses:
niemals aufgeben.“
Mario Draghi, scheidender EZB-Präsident,
auf die Frage, auf was er in seiner Amtszeit
stolz gewesen sei
„Wir investieren nicht in
Waffenhersteller und Firmen,
die gegen Menschenrechte
verstoßen.“
Anja Mikus, Vorstandschefin von Kenfo,
dem Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen
Entsorgung
E
ssen scheint in der Geschichte der Mensch-
heit und in der Politik eine unheimlich
wichtige Sache zu sein. Das gemeinsame
Essen ist das vielleicht älteste Ritual. Wenn
einst in Fehden zerstrittene Clans Frieden schließen
wollten, dann hielten sie Bankette ab. Und wenn sich
die Wirtschaftsmächte über den Weltmarkt einig
werden wollen, dann treffen auch sie sich zum Es-
sen. Es scheint ein relativ erfolgreiches Konzept zu
sein. Wenn man gemeinsam eine Mahlzeit zu sich
nehmen kann, bringt man einander weniger
um. Überall, wo es wichtig wird, wird gegessen. Es-
sen scheint also friedlich zu machen.
Was in der Politik das G7-Bankett ist, ist im Büro
die Lunchverabredung. Es gibt Leute, für die ist das
Mittagessen der wichtigste Termin des Tages. Dort
treffen sie mögliche Komplizen für die nächste Intri-
ge, horchen Konkurrenten aus oder hoffen, sich bei
Vorgesetzten einzuschmeicheln. Jemand mit großen
Ambitionen ist jemand, der rege essen geht.
Ich habe nun gelesen, dass gemeinsame Mahlzei-
ten auch in der Familie wichtig sind. Familien, in de-
nen die Kinder mit den Eltern essen, bringen zum
Beispiel weniger fettleibige Kinder hervor. Psycho -
logen vom Max-Plank-Institut für Bildungsforschung
und der Universität Mannheim haben 50 Studien mit
insgesamt rund 30 000 Teilnehmern ausgewertet.
Dabei wollen sie die ausschlaggebenden Faktoren
herausgefunden haben, wann gemeinsames Essen
besonders gut ist: nämlich wenn man sich damit viel
Zeit lässt und wenn man gleichzeitig für eine ent-
spanne Atmosphäre sorgt, gesundes Essen isst, auf
hohe Qualität der Speisen achtet und keinen Fernse-
her im Hintergrund laufen lässt. Am besten ist eine
gemeinsame Zubereitung.
Solche Erkenntnisse sollte man natürlich flugs auf
die Business-Welt übertragen. Sind Unternehmen
nicht auch eine große Familie? Wer also einen per-
fekten Business-Lunch abhalten möchte, sollte zu-
nächst einmal gutes und gesundes Essen bevorzu-
gen. Die klassische Currywurst in der Mittagspause
fällt aus. Überhaupt Mittagspause: Jene sollte ausge-
weitet werden, damit man überhaupt erst die ent-
spannte und positive Atmosphäre hinbekommt. Und
dann wäre es natürlich noch sehr gut, wenn man
beim gemeinsamen Essen nicht ständig auf den
Fernseher oder das Smartphone schaut.
Ich habe allerdings den Eindruck, dass die aller-
meisten Kollegen, die sich meisterhaft in der Lunch-
Diplomatie verstehen, all diese Ratschläge schon be-
herzigen. Jedenfalls was die entspannte Atmosphäre,
die Wahl des perfekten Restaurants und die Zeit, die
man sich für all das nimmt, betrifft. Je mehr jemand
damit beschäftigt ist, seine Kontakte beim Mittag -
essen zu pflegen, desto seltener trifft man ihn an un-
angenehmeren Orten wie dem Arbeitsplatz, um dort
unangenehme Dinge zu tun wie zum Beispiel zu ar-
beiten.
Fragt sich nur, warum die wundersame Wirkung
des gemeinsamen Essens auf der internationalen
Ebene heute nicht mehr so richtig klappt. Merkel,
Macron, Johnson und Trump kommen zwar immer
wieder zum Speisen zusammen, aber sie mögen sich
nicht mehr so recht vertragen. Vielleicht sollten sie
doch einen Tipp der Forscher befolgen: das nächste
Mal gemeinsam kochen.
Prüfers Kolumne
Mit Trump kochen
Tillmann Prüfer
weiß um die große
Bedeutung des
gemeinsamen
Essens in Familie,
Büro und Politik.
Noch wichtiger
aber ist die
gemeinsame
Zubereitung.
Der Autor ist Mitglied der Chefredaktion des
„Zeit-Magazins“. Sie erreichen ihn unter:
[email protected]
Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, AFP, Presse
Illustration: Max Fiedler
Tesla
In der
Achterbahn
H
at Tesla den Wendepunkt
ins Positive erreicht? Starke
Kursgewinne nach überra-
schend guten Quartalsergebnissen,
einschließlich einer Rückkehr in die
Gewinnzone, legen das nahe. Doch
Tesla hat ebenso eine leidvolle His-
torie von Fehlschlägen. Der Rück-
blick auf das 3. Quartal 2018 zeigt
ebenfalls ein Unternehmen voller
Kraft, das gerade davorsteht durch-
zustarten. Es folgten drei problema-
tischen Quartale in Folge, zwei da-
von mit hohen Verlusten.
Bemerkenswert ist, dass die wirt-
schaftlichen Erfolge im abgelaufe-
nen Quartal nach Teslas eigenen
Aussagen vor allem auf einen strik-
ten Sparkurs und Effizienzsteige-
rungen in Produktion und Einkauf
zurückzuführen sind. Das ist erst
einmal positiv. Aber auf Dauer hat
sich noch nie ein Unternehmen
„groß gespart“. Der markante Um-
satzrückgang gegenüber dem Vor-
jahresquartal, minus zwölf Prozent
allein in der Autosparte und minus
acht Prozent im Gesamtunterneh-
men trotz steigender Fahrzeugver-
käufe, lässt aufhorchen.
Tesla selbst spricht von einem
stärkeren Anteil von Leasingverträ-
gen, was zunächst weniger Geld in
die Kassen bringt als der Verkauf ei-
nes Autos. Das klingt plausibel.
Aber es bleibt schwer zu erkennen,
wie in diesem Umfeld Wachstum er-
zeugt werden kann, ohne die Aus-
gaben wieder zu steigern. Zudem
stehen die Leasingautos irgend-
wann wieder auf dem Hof.
Die Probleme werden, wie so oft
bei Tesla, erst einmal in die Zukunft
verschoben. Tesla will mittlerweile
nur noch bestätigen, dass man
„höchstwahrscheinlich“ die Unter-
grenze der selbst gesteckten Ziele
für Fahrzeugauslieferungen 2019 er-
reichen wird.
Elon Musk muss mit den nächs-
ten Schritten punkten: 2020 erfolgt
mit der Eröffnung der Fertigung in
China ein wichtiger Schritt im größ-
ten Automarkt der Welt. Zudem
startet der Verkauf eines Mini-SUVs
für den Massenmarkt. Beides muss
nachhaltiges Wachstum bringen.
Sonst wird es eng für Tesla, denn
die Börse will keine Achterbahn-
fahrt der Geschäfte mehr sehen.
Der Hersteller von Elektroautos
verschiebt seine Probleme wieder
einmal in die Zukunft,
kritisiert Axel Postinett.
Der Autor ist Korrespondent
in San Francisco.
Sie erreichen ihn unter:
[email protected]
Unternehmen & Märkte
WOCHENENDE 25./26./27. OKTOBER 2019, NR. 206
33