Martin Buchenau, Roman Tyborski
Stuttgart
K
aum eine Technologie in der Au-
tobranche hat mehr visionäres
Potenzial als das autonome Fah-
ren. Autobauer, Zulieferer und
Tech-Konzerne investieren seit
Jahren Milliarden.
Doch nach dem Hype um das Roboterauto
fängt nun die Phase der Lösungen an. Autoher-
steller und Zulieferer arbeiten an möglichen
Anwendungsszenarien, nachdem sich die Visi-
on des völlig selbstständig fahrenden Autos als
nicht so schnell realisierbar erwiesen hat.
Schrittweise nähert sich die Industrie mit der
Weiterentwicklung der Assistenzsysteme dem
Roboterauto.
Für die Autochefs ist das autonome Fahren
die größte Herausforderung. „Die Elektromobi-
lität bekommen wir in den Griff. Das können
wir. Aber das autonome Fahren kann der
Gamechang er werden“, sagte Daimler-Chef Ola
Källenius auf dem Autogipfel.
Für Alexander Hitzinger, Ex-Apple-Manager
und Chefentwickler des autonomen Fahrens
bei Volkswagen, hat das Erreichen der fünften
und höchsten Stufe der Autonomie auch keine
Priorität. „Ein Level-4-Fahrzeug kann sich un-
ter bestimmten Bedingungen vollständig ohne
den Eingriff eines Menschen fortbewegen.“ Die
Entwicklung sei in diesem Bereich bereits sehr
weit fortgeschritten, sagt Hitzinger im Ge-
spräch mit Handelsblatt-Chefredakteur Sven
Afhüppe. „Level-4-Systeme könnten bereits
Mitte des kommenden Jahrzehnts kommerzia-
lisiert werden.“ Hitzinger setzt dabei auf kluge
Simulation von Fahrsituationen, um zeit- und
kostenaufwendige Trainingsfahrten zu sparen.
Im VW-Konzern werde das Thema autono-
mes Fahren sehr ernst genommen. Hitzinger
spreche auch mit VW-Chef Herbert Diess über
die Entwicklungen in diesem Bereich. In erster
Linie sieht der Chefentwickler lohnenswerte
Möglichkeiten, das autonome Fahren des Le-
vels 4 im Bereich der Mobilitätsdienste einzu-
setzen.
Ähnlich sieht das Dirk Kesselgruber, verant-
wortlich für Fahrwerksysteme bei Schaeffler.
„Autonome Transportsysteme für Personen
und Güter innerhalb abgeschlossener Umge-
bungen werden die ersten Roboterfahrzeuge
sein, die wir sehen werden“, sagt Kesselgruber
während seines Vortrags auf der Bühne des
Autogipfels.
Der Zulieferer hat mit dem Mover ähnlich Der Zulieferer hat mit dem Mover ähnlich
wie Bosch, ZF und auch Conti ein Demonstra-
tionsfahrzeug entwickelt, das mithilfe von Ka-
meras und sogenannten Lidar-Sensoren – einer
Art Laser-Radar – auf der diesjährigen IAA die
Fähigkeiten von Schaeffler im Bereich des au-
tonomen Fahrens bewies. Der Mover steht
sinnbildlich für den Wandel, in dem sich der
Zulieferer gerade befindet. „Noch verbaut
Schaeffler jedes Jahr 1,1 Milliarden Tonnen
Stahl“, sagt Kesselgruber. „Ich wünsche mir,
dass Schaeffler bald schon 1,1 Milliarden
Coding-Lines pro Jahr produziert.“
In zwei Jahren will Schaeffler mit dem Heat-
Projekt in Hamburg erstmals aus der Konzept-
phase heraus und an die Kunden herantreten.
In Kooperation mit dem Zulieferer IAV wird
dann ein Personentransporter in der Hafen-Ci-
ty in Hamburg bis zu elf Personen gleichzeitig
völlig autonom transportieren können.
Autonomes Fahren
Die Robotaxis kommen
Autohersteller wollen in fünf Jahren die ersten fahrerlosen Fahrzeuge auf
die Straße bringen. Vorreiter werden Taxis und Gütertransporter sein.
Schaeffler-Manager Dirk Kesselgruber:
Deutschland steht beim autonomen Fahren
gar nicht so schlecht da.
Marc-Steffen Unger für Handelsblatt
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Schaeffler
Alexander Hitzinger: Der VW-Manager hält
das autonome Fahren noch für zu teuer.
Uta Wagner für Handelsblatt
Das fahrerlose Auto
Stufe Das System ...
HANDELSBLATT • Quelle: Bundesanstalt f. Straßenwesen
1 ... kann höchstens einparken.
?
2 ... übernimmt bspw. auf der
Autobahn zum Teil das Lenken,
Bremsen und Beschleunigen.
(^4) ... fährt ganz alleine, ruft aber
den Fahrer zum Eingreifen auf,
wenn es überfordert ist.
... fährt ganz alleine und kann
selbst Risiken minimieren.
Wird von der Autoindustrie
nicht mehr weiterverfolgt.
3 ... fährt auf der Autobahn alleine.
systemewerden die ersten
Roboterfahrzeuge sein.
Dirk Kesselgruber
Schaeffler-Manager
Mobilität der Zukunft
WOCHENENDE 25./26./27. OKTOBER 2019, NR. 206
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