Der Spiegel - 19.10.2019

(John Hannent) #1
Honneth zusammengearbeitet, mit dem
sie die Textsammlung »Der Wert des Mark-
tes« herausgab, ein »ökonomisch-philo -
sophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert
bis zur Gegenwart«. Am mit Frauen eher
schwach besetzten Himmel der akade -
mischen Philosophie gilt sie als aufge -
hender Stern.
Tatsächlich wäre Herzog aber auch in
der Grundwertekommission der Sozial -
demokraten gut aufgehoben. Ihr neues
Buch ist ein Appell zur Erneuerung und
Festigung der sozialen Marktwirtschaft im
Zeitalter der Digitalisierung. Das Gut, das
am Ende gerecht verteilt werden soll, ist
eher Anerkennung als Geld.
Doch dürfen beide nicht vorschnell von-
einander gelöst werden. Die Würde zu be-
schwören, solange die Ungleichheit der
Macht- und Einkommensverhältnisse an-
scheinend unaufhaltsam zunimmt, wäre
wohlfeil. Abstrakt ist soziale Gerechtigkeit
ein Wert, der über alle Klassengrenzen
hinweg konsensfähig ist. Wenn es jedoch
konkret wird, wenn sich aus ihm etwa
Steuererhöhungen ableiten, ist es mit die-
sem Einverständnis rasch vorbei.
Aber irgendeine Form der Solidarität
als Grundlage des sozialen Zusammenhalts
benötigt jede Gesellschaft. Am Schluss
führt allerdings nichts an der zentralen
Frage vorbei, wie viel Ungleichheit sie
aushält, bevor der Gesellschaftsvertrag
zerbricht. Oder nur noch mit Gewalt oder
aus Furcht vor Gewalt eingehalten wer-
den kann.
Machtfragen werden nie ohne Kampf
entschieden. Herzog schwebt dagegen ei -
ne Arbeitswelt vor, in der Menschen sich
gleichberechtigt begegnen können und
ihre jeweiligen Beiträge gegenseitig zu
schätzen wissen. Eine arbeitsteilige, aber
ungerechte Gesellschaft untergrabe »letzt-
lich das Fundament, auf dem sie steht: die
Bereitschaft aller, sich an dieser Arbeits-
teilung zu beteiligen, Verträge einzuhalten
und Gelegenheiten zu opportunistischem
Verhalten nicht auf Kosten anderer aus -
zunutzen«.
Verdienst ist im Deutschen ein ambiva-
lenter Begriff. Er bezeichnet einerseits den
Lohn als Geldwert der Arbeit, andererseits
die Qualität einer erbrachten Leistung, die
nicht allein materiell, sondern auch mo -
ralisch beurteilt wird. In diesem Sinne
scheint er die Herausbildung und die Ab-
gehobenheit von Eliten als Leistungsträger
zu rechtfertigen. Die Aristokratie der Ta-
lente legitimiert sich auf diese Weise per-
manent selbst, indem sie Privilegien als
wohlverdiente Rechte ausgibt.
Doch ohne Kärrner keine Eliten – in
einem komplexen System geteilter Arbeit,
in dem jeder mit vielen verknüpft ist, der
Pizzalieferant mit dem IT-Programmierer,
schrumpft Eigenverantwortung oft zusam-
men. Glück, Zufall und äußere Umstände

Kultur

128 DER SPIEGEL Nr. 43 / 19. 10. 2019

Belletristik Sachbuch

1 (–)Jussi Adler-Olsen
Opfer 2117 dtv; 24 Euro

2 (1)Jojo MoyesWie ein Leuchten
in tiefer Nacht Wunderlich; 24 Euro

3 (2)Ildikó von Kürthy
Es wird Zeit Wunderlich; 20 Euro

4 (3)Martin Suter
Allmen und der Koi Diogenes; 22 Euro

5 (6)Ursula Poznanski
Erebos 2 Loewe; 19,95 Euro

6 (–)Eugen Ruge
Metropol
Rowohlt; 24 Euro

7 (7)Jo Nesbø
Messer Ullstein; 24 Euro

8 (4)Rebecca Gablé
Teufelskrone Lübbe; 28 Euro

9 (5)Stephen King
Das Institut Heyne; 26Euro

10 (8)Delia Owens Der Gesang
der Flusskrebse Hanserblau; 22 Euro


11 (17)Dror Mishani
Drei Diogenes; 24Euro


12 (12)Håkan Nesser
Der Verein der Linkshänder btb; 24 Euro


13 (16)Jan Weiler
Kühn hat Hunger Piper; 22 Euro


14 (9)Peter Prange
Eine Familie in Deutschland
Fischer Scherz; 24Euro


15 (–)Ulrich Tukur
Der Ursprung der Welt S. Fischer; 22 Euro


16 (11)Matthias Brandt
Blackbird Kiepenheuer & Witsch; 22 Euro


17 (13)Ferdinand von Schirach
Kaffee und ZigarettenLuchterhand; 20 Euro


18 (–)Norbert Scheuer
Winterbienen C. H. Beck; 22 Euro


19 (19)Dörte Hansen
Mittagsstunde Penguin; 22Euro


20 (14)David Lagercrantz
Vernichtung Heyne; 22 Euro


1 (1)Edward Snowden
Permanent Record S. Fischer; 22 Euro

2 (2)Bas Kast Der Ernährungskompass
C. Bertelsmann; 20 Euro

3 (3)Peter Wohlleben
Das geheime Band zwischen
Mensch und Natur Ludwig; 22 Euro
4 (6)Stephen Hawking Kurze Antworten
auf große Fragen Klett-Cotta; 20 Euro

5 (–)Michael Winterhoff Deutschland
verdummt Gütersloher Verlagshaus; 20 Euro

6 (5)Thomas Gottschalk
Herbstbunt Heyne; 20 Euro

7 (4)Sascha Lobo Realitätsschock
Kiepenheuer & Witsch; 22 Euro
8 (–)Thees Uhlmann
Thees Uhlmann über Die Toten Hosen
Kiepenheuer & Witsch; 12 Euro

9 (17)Bahar YilmazDu wurdest in den
Sternen geschrieben Integral; 16 Euro

10 (7)Michelle Obama
Becoming Goldmann; 26 Euro

11 (9)Biyon KattilathuDer Rikscha-Fahrer,
der das Glück verschenkt
Gräfe und Unzer; 16,99 Euro

12 (–)Deniz Yücel
Agentterrorist
Kiepenheuer & Witsch; 22 Euro

13 (–)Heiko Lochmann / Roman Lochmann
Willkommen Realität
C. Bertelsmann; 24 Euro

14 (12)Rolf Dobelli Die Kunst
des digitalen Lebens Piper; 20 Euro

15 (11)Jonathan Safran Foer
Wir sind das Klima!
Kiepenheuer & Witsch; 22 Euro

16 (18)Doris Dörrie
Leben, schreiben, atmenDiogenes; 18 Euro
17 (–)David Richard Precht
Sei du selbst Goldmann; 24 Euro

18 (–)Bernd-Lutz Lange / Sascha Lange
David gegen Goliath Aufbau; 18 Euro

19 (15)Thomas Pletzinger The Great Nowitzki
Kiepenheuer & Witsch; 26 Euro

20 (–)Liselotte PulverWas vergeht, ist
nicht verloren Hoffmann und Campe; 24 Euro

Die kommunistische Familien-
geschichte ist das Lebens -
projekt des Autors. Nun erzählt
er von seiner Großmutter –
Agentin in Stalins Sowjetunion.

Auf 400 Seiten verarbeitet der
wahrscheinlich bekannteste
deutsche Journalist seine Zeit
im Gefängnis und liefert eine
präzise Analyse der Türkei.

Im Auftrag des SPIEGELwöchentlich ermittelt vom Fachmagazin »buchreport« (Daten: media control);
nähere Informationen finden Sie online unter: http://www.spiegel.de/bestseller
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