Handelsblatt - 21.10.2019

(Brent) #1

F


ür Christoph Jurecka hätte es kaum
besser laufen können. Seit Anfang des
Jahres ist der 45-Jährige der neue Herr
der Zahlen beim größten deutschen
Rückversicherer Munich Re. Überra-
schend hob der Münchener Dax-30-Konzern am
Freitag seine Jahresprognose an. Das Unternehmen
setzt damit ein Ausrufezeichen vor dem großen
Branchentreffen der Rückversicherer in Baden-Ba-
den ab diesem Montag. Dort verhandeln die Mana-
ger erstmals konkret über die Preise für das Jahr
2020 in Europa. Das Gespräch mit dem Handels-
blatt ist Jureckas erstes Interview als Munich-Re-
CFO.

Herr Jurecka, seit Jahren klagt die Branche
über Preisdruck und sinkende Margen. Nun
haben Sie überraschend die Prognose für das
laufende Jahr angehoben. Woher rührt dieser
neue Optimismus?
Ja, die Zahlen für das dritte Quartal sind gut. Wir
führen das neben einer guten operativen Entwick-
lung vor allem auf hohe Währungsgewinne und ein
sehr gutes Kapitalanlageergebnis zurück. Wir er-
warten jetzt, das Ziel von 2,5 Milliarden Euro für
unser Konzernergebnis 2019 zu übertreffen. Ein
Vorbehalt bleibt allerdings ganz klar die Unsicher-
heit hinsichtlich der Entwicklung bei Großschäden
und an den Kapitalmärkten. Diese sind im weiteren
Jahresverlauf naturgemäß noch groß, was sich erst
vor einigen Tagen beim schweren Taifun Hagibis in
Japan wieder sehr deutlich bemerkbar gemacht
hat.

Sie haben in der letzten großen Erneuerungsrun-
de zum Anfang des Jahres deutlich mehr Volumen
bei den Policen gezeichnet. Gehen Sie jetzt etwas
stärker ins Risiko als früher, um noch Wachstum
zu erzielen?
Profitables Wachstum ist generell Teil unserer Stra-
tegie. Wir sind sehr gut kapitalisiert und wollen
künftig das Risikokapital noch besser ins Verdienen
bringen. Diese Wachstumsstrategie ist eine der
Möglichkeiten, wie wir aus einem bestehenden,
sehr gut mit Kapital ausgestatteten Unternehmen
mehr Ergebnis generieren wollen. Um das Wachs-
tum profitabel zu gestalten, muss weiterhin Diszip-
lin im Underwriting vorherrschen. Bei der Kapital-
anlage schauen wir, ob wir mit behutsamer Um-
schichtung in neue Anlageformen wie alternativen
Investments, zum Beispiel Infrastruktur, eine höhe-
re Rendite erzielen können.

Beim Konzerngewinn sind alte Ergebnishöhen
von 3,3 Milliarden Euro wie im Jahr 2013 schon
länger nicht mehr in Sicht. 2020 haben Sie sich
jetzt 2,8 Milliarden Euro vorgenommen. Sind die
alten Gewinnniveaus vorerst weiter passé?
Zunächst ist festzuhalten, dass die genannten Er-
gebnisse bei höheren Zinsen und in sehr guten
Schadenjahren erzielt wurden. Wir sind aber ehr-

„Um es klar


zu sagen:


Ein CO
2

-Preis


muss wehtun“


Der neue Finanzchef des


Rückversicherers Munich Re


spricht über die anstehende


Hurrikansaison in den USA,


die neuen Quartalszahlen des


Konzerns und die Bedeutung


des Klimawandels für das


Geschäft.


Christoph Jurecka


Christoph
Jurecka: Das
Klimapaket der
Regierung sieht
der Munich-Re-
CFO skeptisch.
Manuel Niebele

Finanzen


& Börsen


MONTAG, 21. OKTOBER 2019, NR. 202


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