Der Spiegel - 26.10.2019

(backadmin) #1
Bündnis noch genauso stark ist wie vor
vier Jahren? Die Polen finde ich wirklich
amüsant, weil sie offenbar denken, dass
sich die Nato auflösen kann, die USA aber
weiter für ihre Sicherheit sorgen werden.
Sie glauben, sie könnten auf Trump ver-
trauen.
SPIEGEL:Laut Umfragen ist eine Mehrheit
der amerikanischen Wähler der Meinung,
dass sich das Land erst einmal seinen
innenpolitischen Problemen widmen soll-
te. Das scheint auch auf die demokrati-
schen Präsidentschaftsbewerber Eindruck
zu machen.
Kagan: Was die Außenpolitik angeht, kann
ich keinen großen Unterschied zwischen
Trump und den beiden Demokraten Eliza-
beth Warren und Bernie Sanders erkennen.
Alle drei wollen Applaus einheimsen, in-
dem sie sagen, wir holen unsere Soldaten
aus dem Nahen Osten zurück. Am ehesten
hat noch Joe Biden eine andere Sicht, ein-
fach deshalb, weil er ein Relikt aus einer
anderen Ära ist. Andererseits sind die Ame-
rikaner auch formbar, sobald es um Außen-
politik geht. Wenn der Präsident sagt:
»Leute, wir müssen unseren Verbündeten
helfen. Wir müssen verlässliche Partner
sein«, dann glaube ich nicht, dass die Wäh-
ler das notwendigerweise ablehnen. Seit
die USA Ende des 19. Jahrhunderts zu

einer Weltmacht aufgestiegen sind, gibt es
in der Außenpolitik eine Wellenbewegung.
Auf Phasen des Engagements folgen Pha-
sen des Rückzugs. Meine Sorge ist nur, dass
wir noch 20 Jahre brauchen, um uns wie-
der unserer Rolle in der Welt gewiss zu
werden. Und dann könnte der Globus in
einem fürchterlichen Zustand sein.
SPIEGEL: Angesichts des Chaos, das die
Amerikaner in den vergangenen 20 Jahren
im Nahen Osten angerichtet haben, glau-
ben nicht wenige Europäer, es wäre das
Sinnvollste, wenn sich der nächste Präsi-
dent darauf konzentrieren würde, das
Gesundheitssystem in den USA zu refor-
mieren.
Kagan: Wissen Sie, ich wäre glücklich,
wenn wir Amerikaner Tragödien wie im
Irak und in Vietnam vermeiden könnten.
Und wir sollten alles tun, um aus den Feh-
lern der Vergangenheit zu lernen. Aber
nur purer Isolationismus und Untätigkeit
würden in Zukunft solche Dramen aus-
schließen. Die Vereinigten Staaten haben
zwei Alternativen: Entweder sorgen wir
für den Erhalt der freien Weltordnung und
sind bereit, die moralischen und materiel-
len Kosten dafür zu tragen. Oder wir las-
sen diese Ordnung implodieren und müs-
sen dann mit all den Katastrophen um -
gehen, die daraus folgen.

SPIEGEL: Wie würde die Welt nach acht
Jahren Trump aussehen?
Kagan: Bis jetzt hat sich das amerika -
nische System glücklicherweise als
so widerstandsfähig erwiesen, dass es
den schlimmsten Angriffen Trumps
getrotzt hat. Aber wir erleben einen
fundamentalen Konflikt zwischen Frei-
heit und Autoritarismus, und das nicht
nur in den USA, sondern überall auf der
Welt. Und derzeit haben die autoritären
Kräfte das Über gewicht. Das kann
man an vielen Orten erleben: im Konflikt
zwischen Indien und Pakistan, im
Streit zwischen Japan und Korea, in Israel.
Sobald die internationale Ordnung zer-
bricht, beginnt jedes einzelne Land,
daraus Konsequenzen für sich zu ziehen.
Noch einmal vier Jahre Trump bedeuten
schlicht und einfach noch einmal vier
Jahre, in denen die Ordnung der Welt
zerfällt.
SPIEGEL: Mr Kagan, wir danken Ihnen für
dieses Gespräch.

Ausland

Video
»Ein ernüchterndes
Gespräch«
spiegel.de/sp442019kagan
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