National Geographic Germany - 10.2019

(vip2019) #1
KARTENAUSSCHNITT
OBEN

USA


ALASKA
(USA)

KANADA


(DÄN
EMA
RK
)

NORD-


AMERIKA


GRÖ
NL
AN
D

Verbreitung des Wolfs
(Canis lupus)

Verbreitung des
Polarwolfs
(Canis lupus
arctos)

Lake
Hazen

Greely^ F

iord

Norwegian
Bay
Baffin
Bay


Kane
Basin

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ELLESMERE
ISLAND


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ISLAND


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    nsel


Graham
Island

Barbeau Peak
2 616 m

QUTTINIRPAAQ-
NATIONALPARK

Eureka

Alert

Grise
Fiord

Aufnahmegebiet
der Wolfsfotos
Verbreitungsgebiet der
Wolfsrudel bei Eureka
im Sommer

0 km 60

RECHTS UNTEN:
Bei ihrem Besuch auf
einem Militärstütz-
punkt ignorieren die
Wölfe das Skelett eines
Moschusochsen, das
man für sie aufgehängt
hat. Stattdessen ziehen
sie weiter zum Flugfeld.

RECHTS OBEN:
Auf Beutejagd suchen
die Wölfe den Greely
Fiord nach Moschus-
ochsen und Polarhasen
ab. Wenn der Fjord
im Winter zufriert,
erstreckt sich ihr Revier
bis hinter das Gebirge.

DIE WÖLFE DES


HOHEN NORDENS


Polarwölfe leben nur auf den kanadischen Arktis-
inseln und teilweise an der Küste Grönlands,
aber sie sind eng mit den Grauwölfen verwandt,
die man in den Rocky Mountains, Kanada und
Teilen Europas und Asiens findet. Niemand weiß
genau, wie viele Polarwölfe heute hier leben.

KARTE: MATTHEW W. CHWASTYK, NGM; SCOTT ELDER. QUELLEN: UMWELTBEHÖRDE NUNAVUT,
ABTEILUNG WILDTIERFORSCHUNG; WELTNATURSCHUTZUNION IUCN; U.S. FISH AND WILDLIFE
SERVICE; USGS; RONAN DONOVAN

die Wölfe wieder an. Dann umrundeten sie mich,
neugierig, mit zur Seite gelegtem Kopf. Sie müs-
sen gespürt haben, wie aufgeregt ich war.
Irgendwann baute ich etwas abseits ein Zelt
auf, um ein paar Stunden schlafen zu können.
Aber als ich kurz weg war, um Eis für Trink-
wasser zu schmelzen, näherte sich das ein äugige
Weibchen und schlitzte das Zelt auf. Es zerrte
alle meine Habseligkeiten auf den kargen Bo-
den, reihte sie ordentlich auf und lief dann mit
dem aufblasbaren Kissen davon.
Während die Wölfe schliefen, wanderte ich
herum. Die Zugvögel waren nach Süden geflo-
gen, die Füchse und Raben still. Strähnen von
Moschushaar, das die Tiere im Sommer abwer-
fen und das süßlich nach gemähtem Gras riecht,
wehten über die Ebene. Ein paar alte Moschus-
schädel versanken im Boden: der dicke Knochen
gelb von Flechten, die Hörner in der Luft ge-
krümmt. Ich kam mir vor wie ein Einbrecher,
der in einem leeren Haus durch die Räume geht.
Ich kann nicht sagen, welche Familienmitglie-
der überlebt und ob sie gelernt haben, wieder
miteinander zu jagen. Für Letzteres stehen die
Chancen gut – dass alle Welpen durchgekom-
men sind, ist eher unwahrscheinlich.
Stunden später wachte das Rudel wieder auf
und versammelte sich zum typischen Ritual
nach einem Nickerchen: Gesichtablecken und
Schwanzwedeln. Dann brachen die älteren Wölfe
nach Westen zu einem Jagdrevier auf. Die vier
Welpen ließen sie bei mir. Vertrauen war das
nicht unbedingt, eher Lässigkeit. Ich war weder
Beute noch Bedrohung, sondern irgendetwas
Drittes, und die älteren Wölfe wussten das.
Nachdem der letzte von ihnen aus dem Blick-
feld verschwunden war, beschlossen die Welpen
hinterherzurennen. Ich folgte, und bald hatten
wir uns alle fünf verlaufen. Nachdem wir eine
Stunde gewandert waren, setzten sich die Wel-
pen an einem namenlosen Grat nieder und fin-
gen an zu heulen mit ihren kleinen Stimmchen,
die über die Felsen purzelten.
Aus dem Englischen von Ina Pfitzner
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