Die Zeit - 10.10.2019

(Wang) #1

WISSEN


Ganz schön voll hier – ein Zeichen für schlechten Unterricht ist das nicht unbedingt

Große Klasse


Der Lehrermangel ist dramatisch. Nur radikale Lösungen können jetzt noch helfen.


Hier ein paar Vorschläge VON MARTIN SPIEWAK


SCHULE • HOCHSCHULE • ARCHÄOLOGIE • GESUNDHEIT • SPORT


Foto: Jan von Holleben für DIE ZEIT; Illustration: Armando Veve für DIE ZEIT


W


erksschließung, Vier tage­
woche, Kurzarbeit – man
kennt solche Notmaß­
nahmen aus der Indus­
trie. Gut möglich, dass
deutsche Schulen bald zu
ähnlich drastischen Maß­
nahmen greifen. Sie könnten Klassen vergrößern,
Schulfächer streichen, Lehrern ihre Teilzeit neh­
men oder sie an Brennpunkte versetzen. Sie sollten
es sogar tun.

Denn aller Voraussicht nach wird der Lehrer­
mangel in Zukunft noch dramatischer als gedacht. Er
wird die Schulen länger lähmen als befürchtet. 26.000
Pädagogen fehlen bis 2030 allein in den Grund­
schulen. Das haben die Wissenschaftler Klaus Klemm
und Dirk Zorn kürzlich ausgerechnet, mal wieder
übrigens für die Bertelsmann­Stiftung – und nicht
für die eigentlich zuständige Kultusministerkonferenz.
Die Folgen des Lehrermangels sind tief greifend:
Überall in Deutschland ziehen nun Laienlehrer in die
Schulen ein. Zwar holen die Quer­ oder Seitenein­

steiger ihre pädagogische Ausbildung irgendwie nach.
Doch fast immer stehen sie ohne formelle Vorberei­
tung vom ersten Tag an vor einer Klasse. Lange hieß
es, die Ausbildung unserer Lehrer müsse angesichts
bunterer Klassen, Sprachproblemen und Inklusion
anspruchsvoller werden. Jetzt darf so gut wie jeder
unterrichten. In großer Geschwindigkeit wird einer
der Zentralberufe unserer Zeit deprofessionalisiert.
Immerhin, Seiteneinsteiger haben in der Regel
studiert. Sie können die Schulen im günstigen Fall
bereichern. Da das Reservoir der arbeitslosen Musiker,

zukunftsbangen Journalisten und neue Herausforde­
rungen suchenden BWLer aber zur Neige geht, öffnen
sich die Schultore auch Nicht­Akademikern: Köchen,
kaufmännischen Angestellten, Krankenschwestern.
Die Helfer sollen den Schulbetrieb nur zeitweise
unterstützen – bei Arbeitsgemeinschaften, im Nach­
mittagsbetrieb oder bei Pausenaufsichten. Doch wenn
Lehrer krank werden, müssen auch sie als Unterrichts­
vertretung ran – manchmal über viele Monate.

Fortsetzung auf S. 36

Wird


Astronauten


zur Sicherheit


der Blinddarm


entfernt?


Die Frage ist gar nicht so abwegig,
wie sie vielleicht klingt. Eine Blind­
darmoperation (egal ob notwendig
oder nicht) ist ein chirurgischer Rou­
tineeingriff – aber wenn ein Astronaut
im All eine Blinddarmentzündung
bekommen sollte, würde es kompli­
ziert. Bekannt ist der Fall eines russi­
schen Forschers, der sich auf einer
Antarktisstation einmal selbst den
Blinddarm entfernt hat.
Dieser Fall ist vielleicht der Grund
dafür, dass zumindest Ärzte, die auf der
australischen Antarktisstation über­
wintern, sich vorher dieser Operation
unterziehen müssen. Für Astronauten
wird diese Maßnahme immer wieder
diskutiert, aber im Moment fliegen sie
ja nur in die Erdumlaufbahn und
können bei Bedarf schnell zum Erd­
boden zurückgebracht werden. Das
geschah 1982 im Fall eines russischen
Kosmonauten (es war falscher Alarm).
Der Nasa­Astronaut Clayton C. Ander­
son bestätigte jedenfalls in einem Inter­
netforum, dass er auch nach zwei ISS­
Flügen seinen Wurmfortsatz noch hat.
Sollten einmal Astronauten auf
eine längere Mission, etwa zum
Mars, geschickt werden, wird man
die Frage noch einmal diskutieren
müssen. CHRISTOPH DRÖSSER

Stimmt’s?


... fragt Anja Brunsch aus
Stuttgart

Die Adressen für
»Stimmt’s«­Fragen:

DIE ZEIT, Stimmt’s?,
20079 Hamburg,
oder [email protected].
Das »Stimmt’s?«­Archiv:
http://www.zeit.de/stimmts

A http://www.zeit.de/audio


  1. OKTOBER 2019 DIE ZEIT No 42 35


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