Ingo Narat Frankfurt
D
ie Großen werden immer größer –
mit wenigen Ausnahmen. Am euro-
päischen Markt für börsengehandelte
Indexfonds verliert einer der Top-An-
bieter rasant an Boden. Im boomen-
den Geschäft mit den „Exchange Traded Funds“,
kurz ETF, will das etwas heißen. Es geht um die So-
ciété-Générale-Tochter Lyxor Asset Management.
Sie musste in diesem Jahr sogar Netto-Rückflüsse bei
den eigenen Produkten von rund sechs Milliarden
Euro verkraften. Die meisten anderen großen Kon-
kurrenten dagegen sammelten viele Milliarden Euro
ein. Der Marktanteil der Lyxor-ETFs sackte in den
vergangenen zehn Jahren nach Berechnung der
Fondsratingagentur Morningstar geradezu weg: Ge-
messen am Kapital kollabierte er um zehn Prozent-
punkte von 17,3 auf 7,3 Prozent (siehe Grafik).
In den vergangenen knapp zehn Jahren hat sich
der europäische Markt fast vervierfacht. Mit Abstand
größter Anbieter ist Blackrock, gefolgt von Deutscher
Bank, Lyxor, UBS, Amundi und Van guard. Momen-
tan stecken rund 785 Milliarden Euro in ETFs. Die Er-
folgsgeschichte hat ihre Gründe: Anleger honorieren
vor allem die geringen Gebühren, die jederzeitige
Handelbarkeit an der Börse und die Ausweitung des
Produktangebots auf immer mehr Indizes.
Unter diesen Voraussetzungen fällt der relative
Rückschlag von Lyxor auf. Am Markt halten sich
hartnäckig Spekulationen über einen möglichen
Verkauf des Vermögensverwalters durch die Mut-
ter Société Générale. Eine Lyxor-Vertreterin will
das nicht kommentieren. Sie sagt allerdings: „Wir
hatten größere Abflüsse in diesem Jahr, weil wir
stark auf europäische Aktien-ETFs konzentriert
sind, die weniger gefragt waren.“
Nach Angaben von Experten können Anbieter
langfristig nur mit großen Kapitalbeständen überle-
ben. „Der Gebührendruck in Europa nimmt noch
zu, das heißt ein Anbieter braucht größere Fondsvo-
lumina, will er profitabel sein“, sagt Sebastian Külps,
Deutschlandchef des US-Anbieters Vanguard. Die
Gebühren sind in den vergangenen Jahren bereits
stark gesunken. Neue Aktien-ETFs auf beliebte Indi-
zes wie etwa einen S&P 500 werden von vielen Häu-
sern für Jahresgebühren von unter 0,1 Prozent ange-
boten. Zum Vergleich: Bei den auf Privatanleger zie-
lenden und aktiv verwalteten Aktienfonds, deren
Manager den Index schlagen wollen, liegen die Ver-
gleichssätze meist bei über einem Prozent.
„Lyxor hat noch eine Baustelle“
„Größe ist aus Anbietersicht alles“, sagt auch Ali
Masarwah, Analyst bei der Fondsratingagentur
Morningstar. Der Gebührendruck ist hart. Masar-
wah beschreibt das so: „Die Anbieter sind ja nicht
die Caritas; die großen institutionellen Investoren
drücken die Preise, der Kampf um den Kunden
läuft über den Preis – das ist die pure Not.“ Der
Morningstar-Mann erkennt zwei unterschiedliche
Welten. „Öffentlich sprechen die Anbieter über
freundliche Mitwettbewerber, aber hinter den Ku-
lissen ist Hauen und Stechen“, sagt er. Angesichts
des Konkurrenzkampfes glaubt der Experte: „Es ist
wichtig, viel Geld einzusammeln, um die Konsoli-
dierungsschlacht zu gewinnen.“
Ob Lyxor der nächste Verkaufskandidat ist, darü-
ber gehen die Meinungen auseinander. „Immerhin
hat Lyxor noch eine Baustelle“, erinnert Masarwah.
Erst im vergangenen Jahr übernahm der französi-
sche Anbieter das ETF-Geschäft der Commerzbank.
Offensiver denkt Detlef Glow. Für den Leiter des
Europa-Researches beim Finanzdatenanbieter Re-
finitiv ist klar: „Wir sind in der Spätphase eines Bör-
senaufschwungs, da kann man noch gute Verkaufs-
preise erzielen.“ Es gebe sicherlich Interessenten,
die noch auf dem europäischen ETF-Markt Fuß fas-
sen wollten. Ein Zukauf sei die einfachste Lösung.
Grundsätzlich denkt auch Matthias Hübner so, Ex-
perte beim Beratungsunternehmen Oliver Wyman:
„Manche Vermögensverwalter möchten sich bei In-
dexprodukten verstärken, aber mit rein organi-
schem Wachstum ist das kaum zu schaffen.“
Das Indexfondsgeschäft ist eine der wenigen Er-
folgsgeschichten in einem von Krisen geschüttelten
Finanzsektor. Deswegen versuchen sich viele Asset-
Europas Markt für gelistete Indexfonds wächst
rasant. Anleger mögen die billigen Produkte.
Doch ausgerechnet der Marktanteil des großen
AAnbieters Lyxor schrumpft kräftig. Gerüchte
über einen Verkauf halten sich hartnäckig.
Die große Verschiebung
Europas Markt für börsengehandelte Indexfonds
Blackrock
Größte Anbieter
85
Aug. 2019
Aug. 2019
366
37,6 %
46,6 %
15,5 %
10,8 %
17,3 %
7,3 %
2,1 %
5,6 %
2,3 %
5,0 %
0 %
4,8 %
Verwaltetes Kapital in Mrd. Euro Veränderung Marktanteil in Prozent
HANDELSBLATT
Ohne Geldmarktfonds, Angaben zum Jahresende, Rundungsdifferenzen
Quelle: Morningstar
2010
2010
225
Mrd. €
85
Mrd. €
85
7
44
39
38
35
39
5
5
0
Deutsche Bank
Lyxor
UBS
Amundi
Vanguard
Gesamtmarkt
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MONTAG, 7. OKTOBER 2019, NR. 192
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