Focus - 21.09.2019

(Joyce) #1
POLITIK

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D


er Wechsel in Italiens Migra-
tionspolitik wurde mit zwei
knappen Sätzen eingeleitet,
gesprochen im römischen
Parlament und von einer
zierlichen Frau mit schul-
terlangen, dunkelbraunen
Haaren: von Luciana Lamorgese, Italiens
neuer Innenministerin. „Das Innenminis-
terium ist immer im Einsatz, 24 von 24
Stunden. Wir werden uns auch mit die-
sem Notfall beschäftigen, sollte es denn
einer sein“, sagte Lamorgese ruhig und
sachlich, als das Seenotrettungsschiff
„Ocean Viking“ mit 82 Flüchtlingen an
Bord vor zwei Wochen auf die Zuweisung
eines sicheren Hafens in Italien wartete.
Die wenigen Worte der neuen Ministerin
hatten maximale Wirkung, denn sie zeig-
ten, dass von nun an vieles anders laufen
würde im italienischen Innenministerium:
keine Politik der geschlossenen Häfen in
Italien, keine polemischen Angriffe gegen
Brüssel mehr. Die Zeit des Rabauken Sal-
vini ist vorbei, vorerst jedenfalls.
Matteo Salvini hatte in seinen 14 Mo-
naten als Innenminister jedes Flücht-
lingsschiff zum Schrecken der Nation
erklärt. Die Passagiere wochenlang vor
der italienischen Küste ausharren zu las-
sen und die EU währenddessen lautstark
zu beschimpfen wurde sein Markenzei-
chen. Die Strategie hatte im eigenen
Land durchschlagenden Erfolg: Inner-
halb eines Jahres hatte er seine Partei zur
stärksten Kraft Italiens gemacht.
Eigentlich lief für Salvini alles per-
fekt. Bis ihm seine Popularität zu Kopf
stieg und er die Koalition aufkündigte,
um Neuwahlen zu erzwingen. Der Plan
scheiterte allerdings. Sein voriger Bünd-
nispartner, die 5-Sterne-Partei, schloss
sich mit dem politischen Gegner, der
sozialdemokratischen Partito Democra-
tico (PD), zusammen. Das Zweckbündnis
steht nun vor der Herausforderung, dem
Lega-Chef in den nächsten dreieinhalb
Jahren möglichst viele Wähler abzuja-
gen. Der Rechtspopulist hat immer noch
zahlreiche Fans, die auf den Piazze der
Republik lautstark gegen die neue Koali-
tion protestierten, während Lamorgese in
Rom gerade ihre neue Linie vertrat.

Business-Blazer statt Shorts
Die 66-jährige Spitzenbeamtin ist die zen-
trale Figur der Anti-Salvini-Strategie. Sie
soll das Innenministerium entpolitisieren
und erfüllt dafür gute Voraussetzungen,
denn sie ist so ziemlich in allen Belangen

Sie ist die neue Innenministerin Italiens und will so ziemlich


alles anders machen als ihr Vorgänger Matteo Salvini:


Lernen Sie hier Luciana Lamorgese kennen, die ihr Land


wieder mit Europa versöhnen will


Die Anti-Salvini

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