Focus - 05.10.2019

(Ron) #1

POLITIK


42 FOCUS 41/2019


Sich vernünftig anzuziehen hat für
mich weniger mit persönlicher Eitelkeit,
sondern mehr mit dem Respekt gegen-
über den Gesprächspartnern zu tun.
Wenn man im Bundestag gut angezogen
unterwegs ist, ist es auch ein Zeichen der
Wertschätzung gegenüber der Institution.
Sie sind in Ihrer Freizeit kein Anzugträger?
Wenn ich sonntags mal auf der Couch
sitze, trage ich keine Krawatte, nein.
Dann lieber Jogginghose?
Außerhalb des Joggens bin ich nicht so
der Jogginghosen-Typ. In meiner Freizeit
bin ich eher für eine legere Stoffhose zu
haben.
Sie zählen mit 26 Jahren zu den
jüngsten Abgeordneten im Bundes-
tag. Waren Sie schon immer etwas
anders als Ihre Altersgenossen?
Das würde ich nicht sagen. Ich saß
jedenfalls nicht mit Jackett im Klassen-
zimmer. Auch wenn sich mancher das
gern vorstellt.
Ihre Lieblingsfächer in der Schule?
Deutsch und Geschichte.
Sie haben mit einem Notenschnitt
von 1,4 Abitur gemacht. Ist das heute
eigentlich noch etwas Besonderes?
Die Noteninflation scheint in der Tat
immer weiter zuzunehmen, weshalb wir
mehr vergleichbare Standards brauchen.
Es ist niemandem geholfen, wenn es
plötzlich nur noch Einsen gibt.
Vielleicht werden Deutschlands Schüler
aber auch immer schlauer?
Das wäre wünschenswert, entspricht
aber nicht immer der Realität. Jenseits
des Studierens sollten wir auch die beruf-
liche Bildung nicht vergessen. In meiner
Zeit an der Universität habe ich auch eini-
ge erlebt, für die ein Studium nicht das
Richtige war.
Standesdünkel?
Überhaupt nicht. Aber wir helfen weder
Schulabgängern noch Universitäten und
auch nicht den Firmen, die händeringend
Lehrlinge suchen, wenn jeder meint, nach
der Schule studieren zu müssen.
Sie sind bereits mit 16 Jahren in
die CDU eingetreten. Warum?
Das Tolle an der Demokratie ist doch,
dass sie zum Mitmachen einlädt. Da habe
ich mich angesprochen gefühlt.
Einer wie Sie will doch nicht nur mit-
machen. Wie sehr geht es um Macht?
Natürlich braucht man immer auch
politische Mehrheiten, um Inhalte durch-
zusetzen.
Wo ist Philipp Amthor in zehn Jahren?
Innenminister? Oder schon Kanzler?
(Lacht) Politische Karrieren kann man
nicht planen. Vor fünf Jahren hätte ich
nicht gedacht, dass ich 2019 Mitglied des


Deutschen Bundestages bin und mich
im Innenausschuss um Verfassungsrecht
kümmern darf. Aber: Ich habe schon den
Anspruch, etwas zu erreichen.
Wie begeistert man heute junge Men-
schen für Politik? Über Instagram?
Das gehört auf jeden Fall dazu, und ich
freue mich über jeden, der mir dort folgt.
Primär geht es den jungen Leuten aber
hoffentlich um Inhalte. So sehe ich die
Aufgabe eines Politikers vor allem darin,
gute Gesetze zu machen, und nicht darin,
im Internet rumzuhängen.
Auf Facebook sind Sie aber schon lange.

Weil das in meinem Wahlkreis ein viel
genutztes Medium ist. Soziale Netzwerke
kosten viel Zeit. Zeit, in der ich auch Akten
lesen könnte. Deshalb war ich dort lange
zurückhaltend. Aber nach der Rezo-De-
batte habe ich auch gesehen, wie groß
das Bedürfnis nach Kommunikation ist.
Der Umgang mit dem Rezo-Video war ein
Debakel für die CDU. Sie hatten ein Antwort-
video gedreht – warum wurde es nie gezeigt?
Das ist doch eine alte Debatte. Die CDU
hat sich damals so entschieden.
Wie sehr hat Sie das geärgert?
Es geht dabei nicht um mich. Die CDU
hat aus der Rezo-Debatte ihre Lehren
gezogen.
Zeigen Sie uns das Video jetzt doch mal.
Nein.
Dann verraten Sie wenigstens, ob es besser
war als die CSYou-Kampagne der CSU.
Es war vollkommen anders. Ich betei-
lige mich jetzt aber auch an CSYou und
hatte dort gerade einen Gastauftritt. Ich
weiß, dass es nicht nur Fans von CSYou
gibt, aber ich finde es mutig. Es ist allemal
näher an der Jugend als eine PDF-Datei.
Sie tragen oft einen schwarz-rot-gol-
denen Sticker am Revers. Grünen-Chef
Robert Habeck dagegen findet Vater-
landsliebe „zum Kotzen“. Übertreiben
Sie mit Ihrem Nationalstolz?
Solche Aussagen von Herrn Habeck
sind dumm und falsch. Wir dürfen die
Nationalsymbole nicht den Rechtspopu-
listen überlassen. Ein offener und gesun-
der Patriotismus ist doch etwas, was sich
viele Menschen wünschen. Als Abgeord-
nete sollten wir das verkörpern.
Kommen diese konservativen Werte der
CDU bei den Jüngeren denn noch an?
Die Jugend denkt und tickt durchaus
konservativer, als viele glauben. Ich habe
nicht den Eindruck, dass junge Menschen
per se auf linke Parteien stehen.
Aber warum wählten dann zuletzt nur gut
zehn Prozent der unter 30-Jährigen die CDU?
Bei der Debatte um sogenannte
Upload-Filter haben wir kommunikativ
keine gute Figur abgegeben. Auch bei
der Rezo-Debatte und beim Thema Kli-
ma haben wir wohl zu lange nach einer
einheitlichen Sprache gesucht.
Weil sich die CDU zwischen Ablehnung
der „Fridays for Future“-Demos und
Zuspruch nicht entscheiden kann?
Die Demonstranten kritisieren zu Recht,
dass wir unsere Klimaziele 2020 nicht
erfüllen. Gleichzeitig kritisiere ich aber,
jetzt einen noch schnelleren Kohleaus-
stieg oder immer weitere Verbote zu for-
dern. Das ist teilweise purer Aktionismus.
Denken Sie, es gibt einen Trend,
permanent dagegen zu sein?

Rezos Abrechnung erreichte 16 Millionen Klicks

Amthors Antwort wurde nicht veröffentlicht

FOCUS-Autorinnen Sara Sievert und Amelie
Marie Weber treffen Philipp Amthor in Kreuzberg

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