64 FOCUS 41/2019
Der Falle entgehen
Der Geldpolitik
der Europäischen
Zentralbank fallen
Millionen Sparer zum
Opfer.Dabei könnten
sie ihr Vermögen
durchaus retten
heute zahlen die Kunden jedes
Jahr vier Milliarden Euro allein
an Grundgebühren.
Im laufenden Jahr „hat knapp
ein Fünftel der Banken und
Sparkassen die Kontoführungs-
gebühren erhöht“, analysiert
das Finanzportal Biallo.de. Die-
ser Trend werde sich in den
nächsten Monaten fortsetzen.
Aktuell zählt die Stiftung Waren-
test nur noch 22 echte Gratiskon-
ten – darunter die Online-Ban-
king-Marktführer ING und DKB.
Die Zahl dürfte weiter sinken.
Deutsche-Bank-Chef Christian
Sewing sagt: „Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Banken, die aktu-
ell ein kostenloses Konto anbie-
Staatsanleihen nur noch minus
0,14 Prozent Rendite ab. Wer
also der Bundesrepublik etwas
leiht, zahlt drauf. Unter Berück-
sichtigung der Inflation von etwa
1,4 Prozent, steigt der reale Verlust
noch weiter.
„Heute weisen 3,8 Billionen
Euro an Staatsanleihen in der
Euro-Zone sowie weitere 1,14
Billionen Euro an Unterneh-
mensanleihen negative Renditen
auf“, sagt David Folkerts-Landau,
Chefvolkswirt der Deutschen
Bank. „So etwas hat es noch nie
gegeben.“ Allein die deutschen
Sparer erlitten so in den vergan-
genen zehn Jahren einen realen
Kaufkraftverlust von 358 Milliar-
den Euro (siehe Faktenreport).
Deutsche Notenbankerin tritt
aus Zinsprotest zurück
Angesichts dieser Entwicklung ist
in der Europäischen Zentralbank
ein beispielloser Machtkampf
ausgebrochen. Vergangene Woche
erklärte EZB-Direktorin Sabine
Lautenschläger ihren Rücktritt.
Offiziell gibt es keine Begründung.
Allerdings heißt es im Umfeld der
EZB, Lautenschläger habe den
Kurs von EZB-Präsident Mario Dra-
ghi nicht länger mittragen wollen.
Lautenschläger ist damit seit 2010
schon die dritte Deutsche, die aus
Ärger über die EZB-Geldpolitik
vorzeitig ihr Amt aufgibt.
Als EZB-Präsident hat Draghi
den Strafzins eingeführt und jetzt
wieder erhöht. Er will die Finanz-
märkte außerdem mit neuen Mil-
liarden fluten – was die Renditen
unter anderem von Staatsanleihen
weiter ins Minus drücken dürfte.
Das Prekäre für Sparer: Ein Ende
dieser Geldpolitik ist nicht abseh-
bar. Draghis Nachfolgerin Chris-
tine Lagarde, die ab November
die EZB führt, hat vor EU-Abge-
ordneten klargemacht, dass sie
am ultralockeren Kurs festhalten
will. Deshalb gibt Commerzbank-
Chefvolkswirt Jörg Krämer einen
für herkömmliche Sparer pessimis-
tischen Ausblick: „Negative EZB-
Zinsen bleiben Normalität.“ n
ten, dies angesichts der Zins-
politik die nächsten Jahre oder
Jahrzehnte durchhalten.“
Als wären Minuszinsen und
Gebührenexzesse noch nicht
genug, drängen Banken und Bau-
sparkassen ihre Kunden auch aus
lukrativen Altverträgen. So kün-
digte die Stadtsparkasse Mün-
chen vergangene Woche 28 000
langjährigen Prämiensparern,
weil sie die Zinsen für die Ver-
träge nicht mehr erwirtschaften
kann.
Was Anlegern auf Bankkon-
ten mit Strafzinsen droht, ist bei
Staatsanleihen fast schon üblich.
So warfen Ende September die
30 Jahre laufenden deutschen