Der Stern - 26.09.2019

(Romina) #1
Die Männer gehen zwei Stockwerke
tiefer, in die Küche. Gekocht wurde hier
schon lange nicht mehr. Auf dem Herd
liegen Mappen mit Zeitungsartikeln, in der
Spüle stapeln sich Tassen. Aber die chrom-
blitzende Kaffeemaschine funktioniert.
Am Küchentisch sitzen sie oft zusam-
men und überlegen, wie es weitergehen
könnte für Achenbach. Was für ein Leben
noch möglich ist nach den Jahren im
Gefängnis, mit mehr als 20 Millionen Euro
Schulden und einer Kunstszene, die nichts
mehr von ihm wissen will.
Zurzeit arbeitet Achenbach für einen
Verein, der sich um verfolgte Künstler
kümmert. Auf einem Bauernhof in Kaarst
bei Düsseldorf bekommenen sie eine
Unterkunft und Ateliers. Im Moment
wohnen vier Künstler dort, zwei Syrer, ein
Ivorer und ein Japaner.
Achenbach erhält von einer Stiftung, die
auch den Verein in Kaarst unterstützt,
2100 Euro im Monat. Nach Steuern sind das
1600 netto, wovon 800 Euro für die priva-
te Krankenversicherung draufgehen, aus
der er nicht mehr rauskommt. Bleiben

Wallraff scheint die Rolle des Bewährungs-
helfers zu mögen. In seinem Altbau in
der Thebäerstraße hat er auch mal einen
Tresorknacker aufgenommen, als der aus
dem Gefängnis freikam.
Achenbach nennt den zehn Jahre älte-
ren Wallraff seinen großen Bruder. „Gün-
ter, stimmt doch, oder?“, sagt er in der
Dachstube. „Du haust mir auf die Finger,
bevor ich wieder Quatsch mache.“
„Komm, wir trinken erst mal einen
Kaffee“, sagt Wallraff.

und Milliardären Werke weltberühmter


Künstler.


Achenbach wusste nicht, wohin er gehen

sollte, als er am 6. Juni 2018 aus der Justiz-


vollzugsanstalt Moers-Kapellen entlassen


wurde. Vier Jahre hatte er eingesessen.


Während der Haftzeit ließ sich seine Frau


Dorothee von ihm scheiden, seine beiden


Villen in Düsseldorf waren gepfändet und


später verkauft worden.


Achenbach hatte den Aldi-Erben Bert-


hold Albrecht beim Verkauf von Bildern


und Oldtimern betrogen und war zu


16,1 Millionen Euro Schadenersatz ver-


urteilt worden. Ebenso hatte er Christian


Boehringer hintergangen, Gesellschafter


des Pharma konzerns Boehringer-Ingel-


heim, und die Familie Viehof, Gründer


der Supermarktkette Allkauf. Es ist der


größte Kriminalfall, den die deutsche


Kunstszene erlebt hat.


Wallraff lernte Achenbach vor Jahren bei

einer Auktion kennen, auf der Kunst zu-


gunsten politisch verfolgter Frauen ver-


steigert wurde. Erst nach der Entlassung


wurde der Kontakt zu Achenbach enger.


LETZTE


HOFFNUNG


MALLORCA 4

Free download pdf