Süddeutsche Zeitung - 09.10.2019

(sharon) #1
von stefan mühleisen

N


un gibt es also eine neue Volte in
der an Volten inzwischen reichen
Projektgeschichte für ein Helmut-
Dietl-Denkmal. Die Initiatoren wollen
jetzt ohne Genehmigung loslegen, die Ar-
gumentation ist dabei durchaus gewitzt:
Die Dietl-Figur soll eine Ergänzung der
Helmut-Fischer-Plastik sein, quasi die lo-
gische Vollendung des Monuments. Kuri-
oserweise passt dieser nahezu anarchi-
sche Ansatz zum Werk des zu Ehrenden.
Der große Autor und Filmemacher war
ein Virtuose des bittersüßen Hintersinns.
Doch es ist bitter, dass die Initiatoren sich
zu diesem Schritt gezwungen sehen.
Sie wollen ein honoriges Gedenk-Pro-
jekt retten, getragen von vielen Münch-
nern und Münchner Firmen, die Tausen-
de Euro gespendet haben. Sie alle wollen
Helmut Dietl zu Recht ein Monument er-
richten, der München und dem München-
Gefühl in seinen Werken ein liebevolles
Denkmal gesetzt hat. Das unrühmliche
Agieren der Stadtverwaltung lässt sich da-
bei am besten mit einem Zitat des Mona-
co Franze zusammenfassen: „Ein rechter
Scheißdreck war’s. Altmodisch bis provin-
ziell war’s. Des war’s.“ Oder was soll man
davon halten, dass die Behörde erst tat-
kräftig mitmischt, aus nicht nachvollzieh-
baren Gründen plötzlich die Notbremse
zieht – und sich dann nicht mehr meldet.
Der Trick mit der „Erweiterung“ des
Denkmals ist auch deshalb schlau, weil
es den Ball an die Politik zurückspielt.
Wohl kaum ein Stadtrat wird als Verhin-
derer gelten wollen. Dabei ist es völlig un-
verständlich, warum Oberbürgermeister
Dieter Reiter sich der Sache nicht längst
bemächtigt hat. Gibt es ein schöneres Ge-
schenk in Wahlkampfzeiten, als die Mög-
lichkeit, die Schirmherrschaft für ein
sehr erwünschtes Monument zu überneh-
men – und für das die Stadtkasse noch da-
zu keinen Cent bezahlen muss?
Vielleicht ist es gar nicht so schlecht,
dass sich nun der Stadtrat noch einmal
mit dieser Causa beschäftigt. Er sollte da-
bei endlich einen eindeutigen Beschluss
zum Dietl-Denkmal fassen – und gleich
prinzipiell klären, wie künftig mit sol-
chen privaten Initiativen für Persönlich-
keitsdenkmäler umzugehen ist. Dann
wird es heißen: „A rechte Sternstunde
war’s“, wie der Monaco Franze einst be-
merkte.  Seite R8


Tunnel oder Trog?
Über die Varianten beim Ausbau der Bahnstre-
cke spricht die Bürgerinitiative für Bahntunnel
von Zamdorf bis Johanneskirchen an diesem
Mittwoch, 9. Oktober, 19 Uhr, bei der SG Schüt-
zenliesl II, Englschalkinger Straße 208.

http://www.sz.de/muenchen
http://www.facebook.com/szmuenchen
http://www.twitter.com/SZ_Muenchen

Die Welt steht Kopf, der graue Herbst-Himmel ist nach unten gerutscht, das Wasser des Brunnens schlägt Wellen über den Bürofens-
tern. DerKünstler Christopher Klein hat für das Herz des Angerhofes am Oberanger, Innenstadt-Sitz der Firma Linde, ein glatt polier-
tes Edelstahl-Kunstwerk geschaffen, das ein Gasmolekül darstellen soll und den Namen Air borne, zu deutsch „Luft geboren“ trägt.
Fotografen lieben die verwirrenden, stets wieder neuen Perspektiven, die die Spiegelung ihnen bietet. FOTO: MOSES OMEOGO

von birgit lotze

Sendling – Eigentlich sollten Trink-,
Fress- und Trash-Buden zur Weihnachts-
zeit keine Chance mehr bekommen, sich
auf dem Harras breitzumachen. Deshalb
hatte der Sendlinger Bezirksausschuss
(BA) die Trennung vom damaligen General-
unternehmer nach dem letztjährigen
Christkindlmarkt provoziert. Das Kreisver-
waltungsreferat (KVR) wollte einen neuen
Kandidaten suchen, einen, der möglichst
auf Bio, Fairtrade sowie auf Waren aus Be-
hindertenwerkstätten und Integrations-
projekten setzt. So ganz erfolgreich war die
Suche wohl nicht. Jedenfalls zeigten sich
die Mitglieder des Bezirksausschusses, die
einmal ohne, einmal mit dem ausgewähl-
ten Kandidaten in einem Unterausschuss
tagten, nach dem Kennenlernen keines-
falls überzeugt. Am Montagabend folgte
nun ein Beschluss: Sofern der neue Markt-
betreiber die Bedingungen der Lokalpoliti-
ker anerkennt, soll er den Weihnachts-
markt auf dem Harras mit BA-Zustim-
mung organisieren. Falls nicht, will der BA
nicht, dass er dort tätig wird.

Es war schon in den vergangenen Wo-
chen durchgesickert, dass der vom KVR
präsentierte neue Betreiber den Vorstellun-
gen der Sendlinger nicht entspricht und
der Weihnachtsmarkt, den es seit 2013
gibt, in diesem Jahr sogar ausfallen könn-
te. „Falls das Gerücht stimmt, sind wir
maßlos enttäuscht“, protestierte ein Send-
linger in der Bürgersprechstunde. Doch so-
gar die CSU, die in früheren Jahren die Pro-
bleme mit dem ehemaligen Marktbetrei-
ber zwar angesprochen, doch nie den Weih-
nachtsmarkt an sich in Frage gestellt hat-
te, wollte diesmal ein klares Signal setzen.
„Wir wollen den Christkindlmarkt, aber

nicht um jeden Preis“, sagte CSU-Frakti-
onssprecher Thomas Kaiser. So, wie das
Verfahren bislang geführt und wie die Vor-
stellung des Betreibers abgelaufen sei,
„müssen wir ablehnen und damit auch ein
Zeichen setzen – auch an das KVR“.
Würstl statt Plätzchen, eher Jahrmarkt
denn Weihnachtsmarkt – so war das Urteil
über den Harras-Budenzauber der vergan-
genen Jahre ausgefallen. Der BA-Vorsitzen-
de Markus Lutz (SPD) sagte am Montag,
dass der von der Behörde bestimmte neue
Kandidat im Unterausschuss zwar gesagt
habe, er wolle die Vorstellungen des BA um-
setzen. Er habe aber nicht den Eindruck ge-
macht, dass er die Forderungen und Wün-
sche auch umsetzen werde. Elisabeth Ro-
bles-Salgado (Grüne) erwähnte, dass er
nicht einmal mitgeschrieben habe. Auch
habe der vorgestellte Organisator bereits
Budenbetreiber zur Teilnahme aufgefor-

dert, mit denen es in den vergangenen Jah-
ren Probleme gegeben habe. Der BA hatte
gefordert, früheren Anbietern wieder eine
Chance zu geben, hatte dabei allerdings
eher nachhaltig arbeitende Produzenten,
Kunsthandwerker und Sendlinger Teilneh-
mer im Blick gehabt als Fress- und Sauf-
stände. Sie stelle sich eher so etwas wie die
„Gans am Wasser“ im Westpark als Vorla-
ge für den Weihnachtsmarkt auf dem Har-
ras vor, fasste Robles-Salgado zusammen.
Doch Marktangelegenheiten sind KVR-
Sache: Der BA wird gehört, kann aber nur
Wünsche äußern. Markus Lutz erinnerte
daran, dass das KVR als Behörde wohl den
Weihnachtsmarkt ermöglichen werde, oh-
ne schwerwiegende Gründe könne die Ver-
waltung den Kandidaten kaum ablehnen,
die Stadt verdiene schließlich auch daran.
Elisabeth Robles-Salgado (Grüne) sprach
von einer „Kröte“, die man schlucken müs-

se. „Wir sind insgesamt sehr skeptisch,
aber es ist offenbar so, dass wir nicht viel
sagen können.“ Der BA habe in den Christ-
kindlmarkt in den vergangenen Jahren
viel Aufwand gesteckt, das werde einfach
ignoriert, klagte sie. „Wir möchten ja einen
Weihnachtsmarkt, doch einen schönen
und romantischen. Einen, wo man auch
mit den Enkelkindern hingehen kann.“

Der Regelkatalog des BA für den Harras-
Weihnachtsmarkt ist lang nach den Erfah-
rungen mit dem ehemaligen Betreiber. So
sollen die Auf- und Abbauzeiten kurz gehal-
ten werden, die Abstände der Buden zur
langen Bank so groß sein, dass man dort
noch sitzen kann. Es soll keine lebende
Krippe und keine Lager, Bauzäune oder Ka-
belhaufen geben. Auch sollen Toiletten auf-
gestellt werden. Und dann soll der Betrei-
ber seine Ideen mit dem BA abstimmen
und in der zweiten Dezember-Woche für
Sendlinger Vereine, Institutionen und Kir-
chen eine Bude kostenfrei zur Verfügung
stellen. „Wir stimmen nur unter den Bedin-
gungen zu“, erklärte SPD-Sprecher Ernst
Dill, der den Antrag formulierte. „Die weiß
der Betreiber doch gar nicht mehr“, be-
fürchtet Robles-Salgado. „Er kriegt sie
schwarz auf weiß“, bestimmte Lutz.
In den vergangenen Jahren war auch die
laute Musik mit oft primitiven Texten auf
dem Christkindlmarkt am Harras kriti-
siert worden, der Gestank, der herumlie-
gende Müll. Ein Dorn im Auge waren auch
Stauräume von Händlern, die damit angeb-
lich den Harras zum Lagerplatz gemacht
hätten. Auch sollen ausschließlich Hütten
und Buden aufgestellt werden – also keine
Wagen oder übergroße Stände. Kritisiert
wurde auch, dass viele Stände von Gewer-
betreibenden aus anderen Bundesländern
organisiert worden seien.

München– DieKindertagespflege in Fami-
lien, die die Stadt München anbietet, er-
möglicht es, Familie und Beruf zu verei-
nen. Individuelle Betreuung, Bildung und
Erziehung – all das sind wichtige Baustei-
ne für eine gute Betreuung. Die Stadt sucht
Interessierte, die sich vorstellen können,
Kinder zu betreuen. Voraussetzung ist ei-
gentlich nur, Freude an Kindern zu haben.
Wer interessiert ist, eines bis maximal fünf
Kinder zu Hause zu betreuen, kann sich im
Sozialbürgerhaus Mitte, Schwanthalerstra-
ße 62, am Donnerstag, 10. Oktober, von
9.30 bis 11.30 Uhr oder im Sozialbürger-
haus Neuhausen/Moosach, Ehrenbreitstei-
ner Straße 24, am Donnerstag, 24. Okto-
ber, von 18 bis 20 Uhr über die Tätigkeit als
„Tagesbetreuungsperson für Kindertages-
pflege in Familien“ informieren. ole

Maxvorstadt– Siehaben Farbe in den
Spätherbst gebracht und die Münchner in
Scharen auf den Königsplatz gelockt, die
3000 Mohnblumen aus Kunstseide, mit de-
nen Aktionskünstlers Walter Kuhn im No-
vember 2018 an das Ende des Ersten Welt-
kriegs erinnerte und zum Frieden mahnte.
Jetzt liegt die Dokumentation zur Kunstak-
tion „Never Again“ vor. Präsentiert wird
das 180 Seiten starke Buch „Never Forget –
Never Again“ aus dem Allitera-Verlag an
diesem Mittwoch, 9. Oktober, 19 Uhr, im
NS-Dokumentationszentrum, Max-Mann-
heimer-Platz 1. Anlass ist eine Diskussion
zum Thema Kunst und Erinnerung im öf-
fentlichen Raum. Auf dem Podium sitzen
die Künstlerinnen Marlies Poss und Blan-
ka Wilchfort, von denen die Gedenkskulp-
tur „Der gebeugte leere Stuhl“ stammt, Au-
torin und Regisseurin Christiane Mudra
und Aktionskünstler Walter Kuhn. ust

MITREDEN


FOTO: FLORIAN PELJAK

Neuer Zoff um den Budenzauber


Nach dem Aus des alten Christkindlmarkts auf dem Harras gibt es große Befürchtungen, dass die Neuauflage
wieder zu einer Trink-, Fress- und Trash-Meile wird. Die Lokalpolitiker stimmen deshalb nur unter Bedingungen zu

Sendling– Wenn das weltweit größte
Volksfest in München gefeiert wird, leiden
die Anwohner. In einer ersten Stellungnah-
me in Sachen Verkehr hieß es im Send-
linger Bezirksausschuss (BA), dass die
Parksituation heuer während des Oktober-
festes unerträglich gewesen sei, schlim-
mer als sonst. In der Oberländerstraße sei-
en Bauabsperrungen weggehievt worden,
nur um Autos abzustellen. In der Fallstra-
ße sollen Schilder zugeklebt worden sein,
die auf das Parkverbot hinwiesen. Die Au-
tos hätten überall gestanden – teils auch
quer. Mehrere Lokalpolitiker wollen beob-
achtet haben, dass ausgerechnet in den bei-
den Oktoberfest-Wochen die Polizei sich
rar gemacht habe, oft seien weder Kranken-
wagen noch Müllautos durchgekommen.
Beobachtet wurden viele, viele betrunkene
E-Scooter-Fahrer, ohne Helm, teils auf der
linken Straßenseite. Das E-Scooter-Kon-
zept sei „für die Tonne“ gewesen: Anbieter
hätten trotz Sperrzone reihenweise Tretrol-
ler aufgestellt, Nutzer sie dann einfach lie-
gen lassen. Nicht funktionierte angeblich
das Bus-Konzept: Reisebusse hätten trotz
Baken direkt die Wiesn angefahren. Auch
Lob gab es: Die Radwege im Umkreis des
Festgeländes seien täglich morgens gesäu-
bert gewesen. Exakt diesen Antrag hatte
der BA vor einem Jahr gestellt. lo

Die Vorstellungen der
Lokalpolitiker bekommt der
Veranstalter schwarz auf weiß

Nicht nur schnell konsumierbare Massenware soll es auf dem Weihnachtsmarkt
am Harras geben, fordern Lokalpolitiker. FOTO: ALESSANDRA SCHELLNEGGER

Verwirrspiel


„Wir wollen
den Christkindlmarkt, aber
nicht um jeden Preis.“

Wiesn-Frust


trotz Sperrzone


Sozialbürgerhaus


sucht Kinderbetreuer


Rückblick auf den


Mohnblumen-Herbst


HELMUT-DIETL-STATUE

Bittersüßer


Hintersinn


Redaktion:Thomas Kronewiter(Leitung),
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