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05.10.19 Samstag, 5. Oktober 2019DWBE-HP
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DIE WELT SAMSTAG,5.OKTOBER2019 SEITE 20
SPORT
Der Schrei des
Champions: Niklas Kaul,
der junge Zehnkämpfer
aus Deutschland, hat
sich in Doha zum König
der Athleten gekrönt.
Der 21-Jährige startet
für den USC Mainz
AFP
/ANDREJ ISAKOVIC
E
s gibt Tage im Leben, an denen es
schier unmöglich ist, ein Ereignis mit
Worten zu beschreiben. So ein Tag
brach am frühen Freitagmorgen in
Doha an. Mit allem konnte gerechnet
werden, aber dass Niklas Kaul das Khalifa-Stadi-
on als König der Athleten verlassen würde, war
nie und nimmer zu erwarten. Dass der Rheinlän-
der bei seinem Debüt vielleicht um eine Medaille
wetteifern kann, ja, das wurde ihm durchaus zu-
getraut. Aber triumphieren? Weltmeister wer-
den? Nein! Ganz sicher nicht.
VON GUNNAR MEINHARDT
Doch der Zehnkämpfer vom USC Mainz
schrieb die sensationellste Geschichte dieses
Championats. Und das mit erst 21 Jahren und 234
Tagen. So jung war noch nie ein Weltmeister in
der Königsdisziplin der Leichtathletik, und der
wird schon seit 36 Jahren gekürt.
Selbst dem neuen Titelträger kam sein Höhen-
flug „völlig surreal“ vor. Eine gute Stunde nach
seiner historischen Meisterleistung suchte Kaul
noch immer verlegen nach Worten, um seine Ge-
fühle zu beschreiben. „Ich werde das alles erst in
ein, zwei Tagen langsam begreifen, was ich er-
reicht habe“, sagte er ungläubig dreinschauend.
Von Euphorie und überbordendem Glücksemp-
finden war nichts zu spüren. Die Situation über-
forderte ihn emotional.
Auch zum Feiern war dem über Nacht zum
neuen deutschen Sportstar aufgestiegenen Mo-
dellathleten nicht zumute. Nachdem er vier Uhr
früh im Hotel angekommen war, trank er mit den
Teamkollegen Tim Nowak und Kai Kazmirek in
der Lounge ein Bier, ehe sie gemeinsam in den
Pool stiegen, um beim Sonnenaufgang die Seele
baumeln zu lassen.
Sein Handy hatte er wohlweislich im Zimmer
gelassen. Er tat gut daran, denn es stand nicht
mehr still. Über 900 Nachrichten seien einge-
troffen. „Die werde ich erst auf dem Heimflug le-
sen“, sagte Kaul sichtlich übermüdet. Am Sams-
tag ging’s bereits zurück nach Deutschland, wo er
am Abend im „Aktuellen Sportstudio“ über das
Wunder vom Persischen Golf erzählen wird.
WWWeltmeister wollte Kaul natürlich eines Tageseltmeister wollte Kaul natürlich eines Tages
werden, doch die Zeit schien jetzt dafür noch nicht
reif zu sein. Als Kind träumte er davon, bei Olym-
pischen Spielen zu starten und dass einmal für ihn
die Nationalhymne gespielt wird. Damals sei aber
noch nicht klar gewesen, ob als Leichtathlet oder
Handballspieler, wofür er auch überdurchschnitt-
liche Begabung besaß. Nun wissen wir es.
Als Kaul am Donnerstagmittag mit Nowak
(Zehnter mit 8122 Punkten) das Hotelzimmer
zum zweiten Akt verließ, schauten sie sich an
und sagten sich: Das wird heute ein guter Tag.
„Dass er aber so gut werden würde, hatte ich in
meinen kühnsten Träumen nicht vermutet“, er-
zählte Kaul.
Nach den ersten fünf Disziplinen am Vortag
hatte er nur Rang elf eingenommen. Er sprach
dabei von „Schadensbegrenzung“, die er betrie-
ben habe, was für seinen ersten Wettkampftag
zumeist gilt, da er sein schwächerer ist. Der
Rückstand auf den Führenden betrug 349 Punkte,
was schon nicht wenig ist.
Dann jedoch begann Kauls famose Aufholjagd,
die ihn 32 Jahre nach dem Sieg von Torsten Voss
zum zweiten deutschen Weltmeister im Zehn-
kampf werden ließ. Der Schweriner gewann sei-
nerzeit in Rom im DDR-Trikot und war bislang
mit 24 Jahren und 164 Tagen jüngster Weltmeis-
ter. Nun trat Kaul sein Erbe an – und das ausge-
rechnet in der letzten Stunde des 3. Oktober
nach deutscher Zeit. „Das war der absolute
Wahnsinn, wie cool Niklas sein Ding als WM-
Neuling durchgezogen hat. Der Speerwurf war
brutal“, sagte Voss WELT und wünschte ihm,
„dass er Sportler des Jahres wird“.
AAAuf Goldkurs schwenkte Kaul nach der achtenuf Goldkurs schwenkte Kaul nach der achten
Disziplin ein. Nachdem er mit fünf Metern seine
Bestleistung im Stabhochsprung eingestellt hat-
te, blickte er zu dem hinter der Bande stehenden
Bundestrainer Christopher Hallmann. Dieser sig-
nalisierte ihm mit gekreuzten Händen, dass er
Schluss machen solle. Nicht, dass er sich noch
verletze, so wie der große Favorit und Titelvertei-
diger Kevin Mayer. Der Franzose führte das Feld
der 24 Athleten bis zum Stabhochsprung souve-
rän an, ehe er sich mit lädierter Wade aus dem
Kampf der Gladiatoren zurückziehen musste.
Mit Tränen in den Augen verabschiedete sich
der Weltrekordhalter von seiner Mission „zwei-
tes WM-Gold“. Einem Häufchen Unglück gleich,
verfolgte er fortan aus der Distanz, wer sein
Nachfolger werden würde. Mit Kaul hatte aber
auch er nicht gerechnet. Als der Shootingstar sei-
nen Stab ohne einen Fehlversuch wieder einpack-
te, wussten er und sein Betreuerteam, dass er die
Punktrückstände auf die nun noch fünf vor ihm
liegenden Rivalen im Speerwerfen und beim ab-
schließenden Lauf über 1500 Meter aufholen
würde. Beide Disziplinen gehören zu Kauls be-
sonderen Stärken. Der Abstand zum führenden
Kanadier Pierce Lepage betrug 275 Zähler.
Mit dem Wurfgerät pulverisierte der Lehr-
amtsstudent für Physik und Sport dann auch die
Konkurrenz. Obwohl er vor dem Auftaktversuch
„zum ersten Mal richtig nervös wurde. Das ist
mir noch nie bei einem Zehnkampf passiert.“
Plötzlich ratterte es in seinem Kopf: „Was pas-
siert, wenn ich nicht richtig gut werfe. Dann habe
ich auch angefangen zu rechnen.“ Doch die Auf-
regung legte sich nach dem ersten Versuch, der
mit 75,42 Metern vermessen wurde. Als er da-
nach den 800 Gramm schweren Speer in den
Nachthimmel schleuderte und er sich erst bei
79,05 Metern in den Rasen bohrte, ging ein lautes
Raunen durch das weite Rund. Noch nie hatte ein
Zehnkämpfer so weit geworfen. Satte 1028 Punk-
te waren ihm sicher, so viel wie in keiner anderen
Disziplin. Kaul streckte nach dem Zauberwurf
den rechten Arm in die Höhe, als wollte er sagen:
Ja, das war’s.
Jedenfalls keimte in diesem Moment zum ers-
ten Mal der Gedanke auf, dass es mit dem großen
Überraschungscoup etwas werden könnte. Seine
ärgsten Konkurrenten deklassierte er um 18 Me-
ter und mehr. Auf seinen dritten Versuch ver-
zichtete er dann auch. Dass Kaul außergewöhn-
lich weit werfen kann, hatte er vor vier Wochen
beim Istaf in Berlin angedeutet, als er seine Best-
weite auf 78,49 Meter verbesserte.
Als Drittplatzierter ging Kaul schließlich in die
letzte Prüfung. Spitzenreiter Maicel Uibo aus
Estland lag aber nur noch 19, der Olympiazweite
Damien Warner aus Kanada gar nur vier Zähler
vor ihm. Es war klar, nur wenn sich Kaul selbst
ein Bein stellen würde, hätte er das Gold noch
aus den Händen geben können. Als er am Start
stand, dachte er: „Diese Chance, Weltmeister im
Zehnkampf zu werden, bekommst du vielleicht
nie wieder in deinem Leben. Deshalb musst du
sie genau jetzt nutzen, egal, ob sie mich hinter-
her aus dem Stadion tragen müssen.“
Das war nicht nötig, obwohl er nach 600 Me-
tern wie entfesselt allen davonstürmte und mit
gut 50 Meter Vorsprung nach 4:15,70 Minuten die
Ziellinie passierte. Erschöpft ließ sich er auf die
Bahn fallen und vergrub sein Gesicht in den Hän-
den. Eine gute Stunde nach dem Bronzegewinn
von Kugelstoßerin Christina Schwanitz war sein
Wunderwerk vollbracht. Im Emirat war der neue
Tag bereits 36 Minuten alt. Mit der Bestleistung
von 8691 Punkten verwies er Uibo (8604) und
Warner (8529) auf die Plätze zwei und drei.
Der schwerste Zehnkampf seiner jungen Ath-
letenkarriere war es „nicht wirklich“, sagte er.
Warum? Weil er nicht mit der Erwartungshal-
tung in den Wettkampf gegangen sei, eine Me-
daille gewinnen zu müssen. „Da gab es andere
Zehnkämpfe, wo ich wusste, ich muss gewinnen,
sonst bin ich mit mir nicht zufrieden.“ Deshalb
fand der Jungspund den „ersten Tag auch ange-
nehm, weil ich einfach nach und nach die Diszip-
linen abgearbeitet habe und sah, du liegst im Soll,
manchmal etwas drüber oder drunter, und mich
dabei nie um die direkte Gegnerschaft geküm-
mert habe“. Darum sei es auch ein „einfacherer
Zehnkampf“ gewesen.
Dass Kaul eines Tages ein ganz Großer werden
kann, prophezeiten Experten schon länger. Vo-
rausgesetzt natürlich, er bleibt von Verletzungen
verschont. Was bislang der Fall war. Lehrbuch-
mäßig entwickelte sich der 1,90 Meter große Ath-
let so über alle Altersklassen, holte sich die Welt-
meistertitel bei der U18 und der U20 und siegte
erst vor zwei Monaten bei den Europameister-
schaften der U23.
Das sportliche Talent ist ihm dabei offenbar in
die Wiege gelegt worden. Mutter Stefanie war
mehrmals Landesmeisterin Österreichs über 800
Meter und 400 Meter Hürden, die auch Vater Mi-
chael bei den deutschen Meisterschaften ge-
wann. Von seinen Eltern, die beide als Lehrer ar-
beiten, wird er auch trainiert. Ohne sie, sagte
Kaul, und das familiäre Umfeld in Mainz könne
er den Leistungssport auf diesem Niveau nicht
betreiben.
„Niklas hat eine unfassbare Performance ge-
boten“, schwärmte Kazmirek, der vom Pech ver-
folgt war. Im Hürdensprint musste der Sachse
seinen Traum von einer weiteren Medaille nach
Rang drei vor zwei Jahren in London begraben.
Der 28-Jährige blieb am vierten Hindernis hän-
gen, kam ins Straucheln und schied aus.
Voller Bewunderung spricht Kazmirek davon,
dass Kaul „für sein Alter sehr weit ist, auch im
Kopf. Er macht das Ganze so, als wäre es nichts.
Er bleibt immer fokussiert und lässt sich auch
von zwischenzeitlichen Schwächen nicht aus der
Ruhe bringen. Riesen-Chapeau.“ Selbst der Sta-
dionsprecher war derart begeistert von Kauls
Vorstellung, dass er die Besucher auf Deutsch mit
„Gute Nacht“ nach Hause schickte.
Plötzlich
KÖNIG
Zehnkämpfer Niklas Kaul schreibt mit seiner Goldmedaille die bislang sensationellste Geschichte der Leichtathletik-WM. Und das mit erst 21 Jahren –
so jung war noch nie ein Weltmeister in der Königsdisziplin. Zur Halbzeit lag der Deutsche noch auf Rang elf. Was dann passierte, sei „völlig surreal“ gewesen
SPORTREDAKTION: TELEFON: 030 – 2591 71950|FAX: 030 – 2591 71958|E-MAIL: [email protected]|INTERNET: WELT.DE/SPORT
Vor der Kamera weinte Christina Schwa-
nitzFreudentränen. Nie hatte man die
Kugelstoßerin so aufgelöst gesehen. „Ich
glaube, ich war zwischendurch mal überm
Stadion“, sagte die 33-Jährige aus Chem-
nitz nach dem Gewinn der Bronzemedaille.
„Ich bin unheimlich glücklich, stolz, zu-
frieden, in mir ruhend – mittlerweile – zu
Tränen gerührt,alles.“ Nach ihrer Baby-
pause hatten schon einige Sportlerinnen
wie Jamaikas Sprintstar Shelly-Ann Fra-
ser-Pryce in Doha Gold geholt. Jetzt steht
eine Zwillingsmutter in den Medaillenlisten.
2 013 in Moskau hatte Schwanitz Silber
gewonnen, zwei Jahre später in Peking
wurde sie gar Weltmeisterin. „Jetzt hat sie
den Medaillensatzkomplett“, sagte ihr
langjähriger Trainer Sven Lang auf seine
gewohnt trockene Art. Sein Schützling
drückte es so aus: „Dieses Bronze dieses
Jahr ist mein ganz persönliches Gold.“ Im
Juli 2017 hatte Schwanitz ein Mädchen
und einen Jungen zur Welt gebracht, in
diesem Jahr ein Bachelor-Studiumfür
Soziale Arbeit aufgenommen. Ihre 19,
Meter reichten nun, um nur von der chinesi-
schen Titelverteidigerin Gong Lijiao (19,55)
und der Jamaikanerin Danniel Thomas-
Dodd (19,47) geschlagen zu werden.
Zwillingsmutter Schwanitz
feiert Bronze wie Gold
Höhenflug: Zehnkämpfer Niklas Kaul beim
Stabhochsprung
GETTY IMAGES
/MATTHIAS HANGST
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