Bildung
B6 Berliner Zeitung·Nummer 231·5./6. Oktober 2019 ·························································································································································································································································································
MitfeinemGaumen
WeinmachtderWinzer,sod enkenviele.BeiderHerstellungvonWeinsindabervorallemWeintechnologenamWerk
VonAmelie Breitenhuber
K
urzbevor der Herbst
kommt,wirdess pannend.
Dann kann esvoneinem
aufdenanderenTaglosge-
hen. Hält dieWitterung?Droht ein
Hagelsturm?Wann ist der perfekte
Zeitpunkt für die Lese?Wenn die
Erntedanneingeleitetwird,mussal-
lesvorbereitetsein-dieKeltermüs-
senbereitstehen,dieAnlagengerei-
nigtundgeprüftsein.Denndannbe-
ginnt für Weintechnologen die
Hochproduktion.
Dieser Zeit fiebertJoshua Krauß
entgegen. Der20-Jährige hat vor
KurzemseindrittesAusbildungsjahr
alsWeintechnologebeiderWeinkel-
lereiRehKendermanninBingenam
Rheinbegonnen.Dortlernter,wor-
auf es bei der HerstellungvonWein
ankommt.AndersalsderWinzersei
er„näherdranamProdukt“,erzählt
Krauß.
Wieerauf den Berufgekommen
ist?„Inder Region ist derWein kein
unbekannter Begriff“, sagt er.Er
kommt selbst voneinem Weingut.
UndauchseinVaterhatschonWein-
küfer gelernt, wie die Ausbildung
zumWeintechnologennochbis2013
hieß.Die„LiebezumWeinundzum
Most“, wie er es ausdrückt,wurden
dem Azubi also quasi in die Wiege
gelegt.
DerWegdesWeins
Manchmalbeginntdie Arbeit der
Weintechnologenschon amWein-
berg, erklärtAlbrecht Ehses,Ge-
schäftsführer im Bereich Interna-
tional undWein bei der Industrie-
und Handelskammer(IHK) Trier.
ÜblicherweiseistderWeinbergdas
Revier des Winzers.Aber manch-
malwürdendieFachkräftezusam-
mendieQualitätderTraubenbeur-
teilen und entscheiden,wann der
richtigeZeitpunktfürdieErntesei,
soEhses.
Kommen dieTrauben zur Kelter-
station,wo die reifen Früchte ge-
presstwerden,gehtesfürdieWein-
technologenrichtig los.„Zunächst
kontrolliertderWeintechnologe:Wie
sehen die Trauben aus? Gibt es An-
zeichenvonFäulnis?WieistdieQua-
lität?“,erklärtEhses.Danngehendie
Trauben ihrenWegindie Quetsche,
wo sie zuFruchtbrei, auchMaische
genannt, gemahlen werden. An-
schließendgebendieWeintechnolo-
gensieindieKeltermaschine,wod ie
Maische gepresst wird, sodass der
Mostherausfließt.
In der nächsten Behandlungs-
stufekommtderMostindenTank-
dortleitendieWeintechnologenden
Gärungsprozess ein.„Diese Schritte
zu begleiten, istAufgabe desWein-
technologen“, erläutertEhses.Re-
gelmäßigkontrolliertunddokumen-
tiertdieser den Alkoholgehalt und
andereMesswerte,bis er denJung-
weinfiltrierenundklärenkann.
Zuletzt muss der Wein ge-
schmacklich abgerundet werden:
Regelmäßiges Probieren und Ver-
kosten gehörtdazu. Dasheißt aber
nicht, dass sichWeintechnologen
während der Arbeit einen kleinen
Schwipsantrinken.Siebewertendas
Produkt imGaumen, derWein wird
wieder ausgespuckt. Ehses rät de-
nen,diesichfüreineAusbildungin-
teressieren: „Es muss mir einfach
Spaß machen, insGlas zu riechen
undAromenzuentdeckenwieBirne,
Pfirsich,VanilleoderHonig.“
EinenfeinenGaumensollteman
ambestenschonvorderAusbildung
mitbringen:„Wenn man keinen gu-
tenGeschmackssinnhat,kannman
dasauchnurbedingtlernen“,findet
Krauß.„Manmusssichaberauchje-
denTagintensivdamitauseinander-
setzen.“Besondersfaszinierendfin-
det er ,wie er als angehenderWein-
technologe Weinfehler beseitigen
kann.„Es ist sehr interessant zu ler-
nen, was man machen kann,wenn
der Wein nicht so schmeckt, wie er
soll.“
Beim Überschwallen zumBei-
spiel wir ddemTank zusätzlichSau-
erstoffzugefügt,womitsichderGe-
schmack des Weins beeinflussen
lässt. Auch bei zu stärker Fäulnis
können dieWeintechnologen korri-
gierend eingreifen. Oder der Wein
wird„verschnitten“, wie dieFach-
leute sagen:AusmehrerenWeinen
entsteht dabei das verkaufsfertige
Produkt.
Harald Kroll, bei RehKender-
mannKellermeisterundgleichzeitig
für die Auszubildenden zuständig,
ergänzt: „DieNatur gibt uns jedes
Jahr neu vor, womit wir zu arbeiten
haben. Da wirdesn ie langweilig,
und gerade das macht jungen Leu-
tenandemBerufvielSpaß.“Neben
der Natur spielt dieTechnik eine
wichtigeRolle.„DieFiltrationsanla-
genwerdenzum Beispielimmermo-
derner“, sagt Krauß. Technisches
Verständnis sollten Azubis daher
mitbringen.
„Ich muss wissen, wie ich eine
Pumpeeinschalte,waseigentlichein
Filter macht und wie zumBeispiel
dieSchläucheundLeitungenanden
Tanksangebrachtwerden“,soEhses.
DasSchöne am Berufsei auch der
Kontakt zu den Menschen,die das
Produkt am Ende genießen,findet
derIHK-Experte.DaskannzumBei-
spielinderKundenberatungoderei-
nem Verkaufsgesprächsein -oder
vielleichtauchnurimFreundes-und
Bekanntenkreis,„da ist Wein ja oft
genugGesprächsthema.“
WomitmanlebenmussalsWein-
technologe:„DasArbeitenhatschon
mit Kelleratmosphärezutun“, gibt
Ehses zu bedenken.Zwölf Stunden
Tageslichtdürfemannichterwarten.
Auch der Umgang mit Feuchtigkeit
willgemochtsein-„dawirdvielge-
säubertund gespült, die Hygiene
spielteinewichtigeRolle.“
Bedarfistvorhanden
Aktuell absolvieren laut Ehses bun-
desweit 130 Lehrlingedie Ausbil-
dung zum Weintechnologen. Ihr
Einsatzortist auf dieWeinbauregio-
nen in Deutschland begrenzt. 70
sindinBetriebeninRheinland-Pfalz
beschäftigt,30 in der Region um
Trier.Imersten Jahr verdienen die
LehrlingedemIHK-Expertenzufolge
etwa 720 Euro brutto im Monat, im
zweiten sind es 770. Zuletzt steige
dasGehaltaufetwa850Euroan.Die
Ausbildungsvergütung kann aber je
nachBetriebundBundeslandvariie-
ren.
Gebraucht würden Weintechno-
logen überall, sagt Ehses.InBaden-
Württembergseiendasvorallemdie
Weingenossenschaften, in Rhein-
land-Pfalzzum Beispiel Wein- und
Sektkellereien bekannterHersteller.
NachderAusbildungstehtdenFach-
kräften der Wegzum Kellermeister
offen.GenausokannmandenWein-
bautechniker anschließen. Und
auch einStudium ist eineOption,
etwa Önologie,also Weinwissen-
schaft-oderStudiengänge,diemehr
indiekaufmännischeRichtungund
insMarketinggehen.(dpa)
Azubi Joshua Krauß entnimmt in derWeinkellerei RehKendermann eine Probe aus einemWeintank. DPA
FürStandardfragengewappnetsein
AufgeregtvordemVorstellungsgespräch?Dasmussnichtsein.WersichalsBewerberaufStandardfragengutvorbereitet,istimVorteil
VonSabine Meuter
M
it der Einladung zumVorstel-
lungsgespräch ist die erste
Hürde auf demWegzum neuen Ar-
beitsplatz genommen. Damit Be-
werberihr Zieltatsächlicherreichen,
heißtesnun,sichgutvorzubereiten.
FünfStandardfragen-wasPersona-
lerdamitbezweckenundwieBewe r-
beridealerweiseantwortenkönnen.
Frage eins:Wassind Ihre Stärkenund
Schwächen?„Mit dieserFrage wol-
len Personaler herausfinden, wie
selbstreflektiertein Bewe rber ist“,
sagtYasmin Kurzhals.Die Personal-
chefinvonAuxmoneyinDüsseldorf
ist Mitglied imPräsidium desBun-
desverbands derPersonalmanager
(BPM). Hatsich jemand schon ein-
mal mit sich selbst auseinanderge-
setzt, sich einFeedback vonVorge-
setzten eingeholt?Wichtig ist, die
Frageehrlichundauthentischzube-
antworten.
„Wer Stärken aufzählt, sollte sie
mit konkretenFallbeispielen bele-
gen können“, erklärtUte Gietzen-
Wieland.SieistBusiness-undMen-
tal-Coach in Bielefeld. Beschreibt
sich einBewe rber zumBeispiel als
durchsetzungsstark, dann sollte er
Situationen benennen, in denen er
diese Eigenschaft unterBewe is ge-
stellthat.
Auchin SachenSchwächenistOf-
fenheit angesagt. „Schwächen im
Sinne vonEntwicklungsfeldernhat
jeder“, betont Sophia vonRund-
stedt, geschäftsführende Gesell-
schafterin bei derKarriereberatung
Rundstedt &Partner in Düsseldorf.
Bekennt sich zumBeispiel einBe-
werber dazu, dass seine IT-Kennt-
nissenochnichtperfektsind,eraber
Weiterbildungskurse besucht, dann
kreiden Personaler das demKandi-
dateninallerRegelnichtan.
Frage zwei: Wie reagieren Sie,wenn
es stressig wird?Personaler wollen
erfahren, wie ein Arbeitnehmer im
Joballtag inMomenten mit hoher
Belastung tickt.„Kandidaten sollten
zeigen, dass sie belastbar sind und
welche Strategien sie imUmgang
mitStressanwenden“,rätvonRund-
stedt.Diesgelingtambesten,indem
Bewe rber stressigeSituationen aus
dem bisherigenBerufsalltag benen-
nen und ehrlich aufzeigen, wie sie
Yoga praktiziertoder Kraft schöpft
durchdasZusammenseinmitderFa-
milieundmitFreunden.
Frage drei:Warumsollten wir gerade
Sie einstellen?HiermitwollenPerso-
nalerausloten,inwieweiteinBewe r-
ber auf denPunkt genau argumen-
tierenkann.„MitAussagenwie„Weil
ichder GrößteundBestebin“kom-
men Bewe rber nichtweit“, warnt
damitumgegangensind.
„EineguteAntwortwäre,darzule-
gen, wie man sich organisiert“, so
Kurzhals,„dassmanetwaeinePriori-
tätenliste aufstellt und sie nach und
nach abarbeitet.“ BeiPersonalern
kommtnachihrenAngabenebenfalls
gutan, wennein Bewe rberaufzeigen
kann,dasserberuflichenStressprivat
bestens kompensieren kann-etwa,
weil er Entspannungstechniken wie
Eine guteVorbereitung kann dabei helfen, die Aufregung in Schach zu halten. DPA
Gietzen-Wieland.Vielmehr sollten
Kandidaten klar und detailliertauf-
zeigen, dass sie dieJobanforderun-
gen erfüllen,weil sie das passende
Profil mitbringen. „Zugleich ist es
wichtig, sich alsTeamplayer zu prä-
sentieren,dersichauchgutinneue
Arbeitssituationen einfinden kann“,
sagtKurzhals.
Frage vier:Wosehen Sie sich in fünf
Jahren?Mitdieser Frage möchten
PersonalerdieAmbitioneneinesBe-
werberskennenlernen.„DieAntwort
auf dieseFrage ist eineGratwande-
rung“,erklärtvonRundstedt.Einer-
seitssolltenBewe rbernichtzuwenig
AmbitionenzeigenundzumBeispiel
nicht sagen: „Ich lasse einfach mal
allesaufmichzukommen.“
Andererseitsistesauchnichtrat-
sam, sich überambitioniertzup rä-
sentieren und sich etwa als Ange-
stellter auf mittlererEbene in fünf
Jahren an derSpitzeeinesWeltkon-
zernszus ehen. „Bewerber können
insbesonderepunkten, indem sie
realistische Karrier eziele benen-
nen“,sovonRundstedt.Generellist
esaberfürPersonalerdurchausvon
Interesse ,obe in Bewe rber mittel-
oder langfristig eine Führungsposi-
tionanstrebt.
Frage fünf:Wofür interessieren Sie
sich in IhrerFreizeit?Hierbeigehtes
Personalerndarum, diePersönlich-
keiteinesBewe rbersnäherkennen-
zulernen. ObSport, Literatur,Fami-
lie oder Reisen -„Personaler wollen
wissen, was demBewe rber wichtig
ist undwelchen Ausgleich er zum
Berufsalltag hat“, sagtvonRund-
stedt. AusFreizeitaktivitäten ließen
sich gewisse Rückschlüsse ziehen,
erklär tKurzhals .Soi st jemand, der
malt, kreativ-eine Eigenschaft, die
auchim Joballtagwichtigseinkann.
Wersichehrenamtlichengagiert,
isthilfsbereit-auchdaraufkommtes
indenmeistenBerufenan.„Jemand,
der sich in seinerFreizeit weiterbil-
det und zumBeispiel einenFremd-
sprachenkurs besucht, untermauert
seine Bereitschaft für lebenslanges
Lernen“, sagtGietzen-Wieland.Wer
erfolgreich als Jugendtrainer im
Sportbereich oder in einer anderen
Leitungsfunktiontätigistunddavon
im Vorstellungsgespräch erzählt,
zeigt,dasserfüreineFührungsposi-
tiontaugt.(dpa)