Bild - 21.09.2019

(Jacob Rumans) #1
Berlin – Nach
einem halben einem halben
Jahr Vorberei-
tung und nächttung und nächt-
licher Dauer-
Beratung steht Beratung steht Beratung steht

er: der 54-Mil-
liarden-Plan für liarden-Plan für
das Klima. 22
Seiten, wie wir
bis 2030 die Zie-
le für COle für CO 2 -Redu-Redu-

zierung (–55%
im Vergleich zu im Vergleich zu
1990) erreichen
sollen.
ZENTRALER
PUNKT:PUNKT: Nach Nach
einer Schonfrist
steigt der Preis
ab 2021 von 10
Euro/Tonne auf
35 Eu-
ro/Ton-
ne im
Jahr
2025 –
später
sogar
auf 60
Euro/
Tonne. Das wirkt
sich z.B. auf Sprit,
Heizen aus.
Kanzlerin An-
gela Merkel
(CDU, 65) sag-
te, sie wolle die
Menschen nicht
überfordern.
„Deshalb haben
wir einen niedri-
gen Einstiegs-

preis gewählt.“
Im Verkehr (PendIm Verkehr (Pend-
lerpauschale,
billigere Bahnti-
ckets) oder bei
Heizungen wird Heizungen wird
mit Milliarden
der Umstieg auf
klimafreundliche-
re Lösungen ge-
fördert.
Ob
die
CO 2 -
Ziele
in den
ververver--
schie-
denen
Bereichen (u.a.
Verkehr, Woh-
nen) schrittweise
erreicht werden,
wird regelmäßig
überprüft. Klar
ist: Wer sich früh
auf Klima-Schutz
einstellt, kommt
vergleichsweise
günstig weg. Wer
spät reagiert, für

den wird‘s teuer!
BILD macht BILD macht
den Check: Was
ist gut am Klima-
paket, was nur
heiße Luft?heiße Luft?

SEITE 2 BILD DEUTSCHLAND • 21. SEPTEMBER 2019


Mehr als eine Million Klima-De-
monstranten auf den deutschen
Straßen – was für Bilder, was für
eine Wucht.
Im Vergleich dazu wirkt das Kli-
mapaket der Regierung zaghaft,
recht matt, keinesfalls ein „gro-
ßer Wurf“.
Was fehlt: Die eine Idee oder Maß-
nahme, die verblüfft und mitreißt.
Die Millionen bewegt umzuden-
ken und umzusteigen.
Herausgekommen ist ein schwer
zu entwirrendes Knäuel aus In-
vestitionen, Förderung und Ver-
teuerung. Aber wenn jedem Deut-
schen der Klimaschutz tatsächlich
so wichtig ist, wie die Jugendbe-
wegung behauptet, könnte ein ech-
tes Umsteuern in Gang kommen.
Wahr ist: Die Mehrheit im Parla-
ment muss auch an die Mehrheit
der Bürger denken. Keine Regie-
rung sollte so radikal sein wie je-
ne, die auf der Straße nach einer
Revolution rufen. Und sei es eine
Klimaschutz-Revolution.
Ob das Paket am Ende reicht, um
die deutschen Klima-Ziele im
zweiten Anlauf zu schaffen? Das
weiß in Wahrheit heute – keiner.
Weder Regierung und Opposition.
Noch die ungeduldige Jugend auf
der Straße.


Von
NIKOLAUS BLOME

KOMMENTAR


Woher kommt das Geld?


Stuttgart – Es ist das Herz
des deutschen Diesel. Es
ist aber auch das Land,
in dem laut Umfragen der-
zeit 38 Prozent Grün wäh-
len würden. Wie passt das
zusammen? Und: Wie denkt
man in Baden-Württem-
berg über die Klima-SUV-
Öko-Debatte?
★★★
BILD-Leserstammtisch
beim Karnevalsverein „Zi-
geunerinsel“ (darf hier noch
weitestgehend ungestört
so heißen). 600 Mitglieder.
Vereine wie dieser sind das
wirkliche soziale Netzwerk
in Deutschland, nicht Twit-
ter.
Top-Thema der Leser
(junge Paare, Unterneh-

mer, Jugendliche, Rentner)
Klima. Fazit des Abends:
drei Gedanken!
ERSTENS: Klimaschutz
ja, Klimahysterie nein!
ZWEITENS: Eine
große Mehrheit
Deutschlands lebt
weitestgehend öko-
logisch. Für sie muss
es möglich sein, Teile
der Öko-Bewegung kri-
tisch zu hinterfragen, ohne
als Klimaleugner verteufelt
zu werden.
DRITTENS: Klimaschutz
muss man sich auch leis-
ten können. Weil es Men-
schen gibt, die nicht nur
fürs Klima auf die Straße,
sondern für Wohlstand al-
ler zur Arbeit gehen.

★★★
b ANGELIKA HARM
(49, UNTERNEHMERIN,
FOTO): „Jeder ist für
den Erhalt der Um-
welt. Aber diese
ständigen Demos
für den Klima-
schutz sind der
Tod für den Mit-
telstand. Die Städ-
te werden als Einkaufs-
zentren unattraktiv, weil
Kunden nicht mehr von au-
ßerhalb mit dem Auto kom-
men. Am liebsten würde
ich während dieser Demos
mit meinem E-Klasse-Cab-
rio eine Busspur blockie-
ren.“
b UNTERNEHMER RAI-
NER GLÖCKLE (76, FOTO):

„Demos ge-
gen Benzi-
ner und Die-
sel bringen
uns nicht
weiter, Elek-
troenergie ist
eine teure Zwischenlö-
sung und kann das Klima
auf Dauer auch nicht ret-
ten. Neue Antriebe wie die
Wasserstoff-Technik müs-
sen schnell entwickelt wer-
den und in Serie gehen.“
b DAJANA PFAF (35), MAR-
KETING-REFERENTIN: „Vor
ein paar Jahren wurden
Diesel-Autos noch subven-
tioniert, jetzt darf man mit
ihnen nicht mehr durch vie-
le Städte fahren. Das ist al-
les nicht zu Ende gedacht.“

BILD-Leserstammtisch


Was ist GUT und was ist


HEISSE Luft


am Klima-Paket?


Berlin – Verstörende Szenen:Vor
dem Brandenburger Tor stellten sich
gegen 11.30 Uhr drei Demonstran-
ten auf Eisblöcke. Mit Strickschlin-
gen um den Hals, die an einem
Galgen hingen – wie bei Hinrich-
tungen in Diktaturen.
MOTTO: Wenn die Temperatur
weiter steigt und das Eis schmilzt,
werden wir ermordet. Um sie herwerden wir ermordet. Um sie herwerden wir ermordet. Um sie her--
um standen viele Kinder. Von BILD
auf die Aktion angesprochen, ver-
sicherte einer der Aktivisten, dass
sich die Stricke automatisch lö-
sen, sollten sie von den Eisblö-
cken rutschen.

Geschmackloser


Galgen-Protest


Klimaschutz: JA! Klimahysterie: NEIN!


E-Autos


Bahnfahren


Strom


Heizen


Billig-


Fliegen


54 Milliarden Euro
Steuergeld sollen Steuergeld sollen
von 2020 bis 2023 in
den Klimaschutz flie-
ßen. Die Regierung
verspricht, dass sie
dafür KEINE neuen
Schulden macht.
DIE RECHNUNG
DER REGIERUNG:
Sie will nächstes
Jahr rund 2,7 MilliarJahr rund 2,7 MilliarJahr rund 2,7 Milliar--

den Euro durch den
Verkauf von CO 2 -Zer-Zer-Zer--
tifikaten einnehmen.
Zudem plündert sie
ihr allerletztes „Sparihr allerletztes „Sparihr allerletztes „Spar--
schwein“: Im so ge-
nannten „Energie-
und Klimafonds“
liegen derzeit rund
7 Milliarden Euro.
Vor allem, weil hohe
Summen an Förder-

geldern z.B. für ElekB. für ElekB. für Elek--
tro-Ladesäulen in der
Vergangenheit nicht
genutzt wurden. Die-
se Rücklage wird nun
komplett aufgezehrt.
PROBLEM: In den
nächsten Jahren stei-
gen die Ausgaben für
alle Klima-Förderpro-
gramme (u.a. für den
Austausch von Hei-

zungen und für Däm-
mung) auf mehr als
zehn Milliarden Euro
pro Jahr. Bei einem
großen Teil dieser
Summe weiß der Fi-
nanzminister nicht,
woher er sie neh-
men soll.
b Fazit: Die Finan-
zierung des Klima-
Plans wackelt!

Bis 2030 soll es 7 bis 10 Mio.
E-Autos in Deutschland geben.E-Autos in Deutschland geben.
Die Anreize: Steuerbefreiung bis
maximal 2030 und eine Erhöhung
der Kaufprämie für Autos unter
40 000 Euro (aktuell 2000 Euro
vom Staat, 2000 Euro vom Hervom Staat, 2000 Euro vom Hervom Staat, 2000 Euro vom Her--
steller). Zudem sollen eine Mio.
frei zugängliche Ladesäulen für
E-Autos entstehen, an Tankstel-
len werden sie Pflicht.
ABER: Vor 2025 werden E-Au-
tos in Millionen-Stückzahlen nicht
produziert. Die aktuell schwache
Nachfrage wird nur anziehen,
wenn die Kaufprämie DEUTLICH
steigt, etwa verdoppelt wird.
bFAZIT: Ob der E-Plan so wirkFAZIT: Ob der E-Plan so wirkFAZIT: Ob der E-Plan so wirk--
lich zündet, ist offen.

Fotos: AXEL SCHMIDT/AFP, ALEXANDER BECHER/EPA-EFE/REX

Fotos

: SASCHA BAUMANN/ALL4FOTO.DE Foto: REUTERS

Verboten werden „Dumping“-Prei-
se, mit denen die Airlines Verlust
machen, weil sie noch unter ihren
eigenen Kosten für Gebühren, Steu-
ern etc. liegen. Heißt: Es gibt künftig
für jede Strecke einen Mindestpreis.
BEISPIEL: Für einen Flug von Frank-
furt/Main z. B. nach Mallorca fallen
derzeit Gebühren, Steuern etc. von
rund 40 Euro an. Billiger darf ein sol-
ches Ticket künftig nicht mehr sein!
Zudem wird das Fliegen insge-
samt teurer, weil die Luftverkehrs-
steuer steigen soll. Um wie viel
genau, verrät die Regierung noch
nicht. Die Mehr-Einnahmen sollen
komplett genutzt werden, um die
Bahnpreise zu senken.
b FAZIT: Die Zeit absoluter Bil-
ligpreise beim Fliegen geht zu
Ende – zumindest für Flüge von
deutschen Flughäfen aus.

Die GroKo sagt alten Die GroKo sagt alten
Ö

Die GroKo sagt alten
Ö

Die GroKo sagt alten
l- und Gasheizungen l- und Gasheizungen
den Kampf an.den Kampf an. Betroffen
sind bis zu 75 Prozent al-
ler Haushalte.
bAB 2025 WIRD DER
NEUE EINBAU VON ÖLNEUE EINBAU VON ÖLNEUE EINBAU VON ÖL--
HEIZUNGEN (FAST) GANZ
VERBOTEN.
b Die Preise für Öl und
Gas steigen wegen der
höheren Preise für CO 2 -
Ausstoß. Mehrkosten im
Jahr 2025, gerechnet auf
eine Wohnung mit 71 Qua-
dratmetern im Mehrfami-
lienhaus: 63,85 Euro/Jahr
für Gasheizungen, 85,
Euro/Jahr für Ölheizungen.

für Gasheizungen, 85,
Euro/Jahr für Ölheizungen.

für Gasheizungen, 85,

(Quelle: Uni Dortmund und
Energiedienstleister ista).
Das soll Eigentümer daDas soll Eigentümer da-
zu bringen, schnell auf zu bringen, schnell auf
klimafreundlichere Hei-
zungen umzurüsten – 40 zungen umzurüsten – 40
Prozent der Kosten für ei-
ne neue Heizung sollen ne neue Heizung sollen
erstattet werden. Mieter Mieter Mieter--
verbände befürchten, dass
Investitionen zu steigen-
den Mieten führen könn-
ten. Für Härtefälle will die
Regierung das staatliche
Wohngeld erhöhen.
bFAZIT: Viele Haushal-
te in Deutschland nutzen
veraltete Heizungen. Mit
dem Zuschuss von 40 Pro-
zent könnten viele an ei-
nen klimafreundlichen
Austausch denken.

Pkw-Fahren
Effekt der schrittweisen Erhöhung
des CO 2 -Preises: An der Tankstel-
le wird es nach und nach teurer,
zunächst um etwa 3 Cent je Liter
für Benzin und Diesel, in einem
zweiten Schritt bis 2026 dann wei-
ter um 9 bis 15 Cent je Liter.
UND: Die Kfz-Steuer soll sich künf-
tig „konsequent“ nach dem CO 2 -
Ausstoß richten, emissionsarme
bzw. -freie Autos also bevorteilen.
Ab 2021 gilt das schon bei Neu-
zulassungen.
Zum (Teil-)Ausgleich soll die
Pendlerpauschale von 30 auf 35
Cent pro Kilometer steigen. Aber:
Erst ab dem 21. Kilometer und nur
bis 2026.
b FAZIT: An der Zapfsäule wer-
den die Deutschen das Klima-
Paket anfangs kaum spüren.
Bis zu 55 Mio. Tonnen CO 2 will
die Regierung im Bereich „Ver-
kehr“ einsparen – aber so lässt
wohl kaum einer seinen Diesel
oder Benziner plötzlich stehen.

Sie stellten gestern das 22-seitige
Klimaschutzprogramm der Regierung
vor: SPD-Chefin Malu Dreyer (58),
Vizekanzler Olaf Scholz (61), Kanzle-
rin Angela Merkel (65), CDU-Chefin
Annegret Kramp-Karrenbauer (57)
und CSU-Chef Markus Söder
(52, v. l.)

Merkel bedauerte,
dass Deutschland das
Ziel für 2020, die CO 2 -
Emissionen um 40 Prozent
zu reduzieren, nicht
erreichen wird: „Das
beschäftigt mich.“

Bahntickets werden für mindes-
tens ein Jahr etwas billiger. Die
Mehrwertsteuer auf die Tickets
sinkt von 19 auf sieben Prozent,
der Staatskonzern will das an die
Kunden weitergeben und am Jah-
resende auch auf die übliche Preis-
erhöhung verzichten. Das soll im
ersten Jahr bereits fünf Millionen
mehr Passagiere anlocken.
BEISPIEL: Ein Ticket von Ber-
lin nach Hamburg kostet 87 Eu-
ro. Bei gesenkter Mehrwert-
steuer werden es noch rund 78
Euro sein. Zudem wird an zehn
Orten in Deutschland ein 365-
Euro-Jahresticket getestet: Bus
und Bahn für einen Euro/Tag.
b FAZIT: Niedrigere Preise
dürften tatsächlich mehr Men-
schen auf die umweltfreundli-
chere Bahn umsteigen lassen.
Aber ohne besseren, pünktli-
cheren Service und mehr Zü-
ge könnte der Effekt schnell
verpuffen.

N. BLOME,
L. ESSLINGER,
W. HAENTJES,
CH. STENZEL,
B. TEICHMANN
PH. VOLKMANN-
SCHLUCK und
K. WEISE

Klima-


Knäuel


Über Jahre ist Strom in Deutschland immer teurer ge-
worden. Das lag an der sogenannten EEG-Umlage, mit
der erneuerbare Energien (Wind/Sonne) gefördert wer-
den. Angesichts der hohen Energiekosten schlugen auch
Wirtschaftsverbände Alarm. Nun die gute Nachricht für
Verbraucher: Strom wird etwas billiger. Ab 2021 wird die
EEG-Umlage zunächst um 0,25 Cent pro Kilowattstun-
de gesenkt. Ein Haushalt, der 4000 Kilowattstunden pro
Jahr verbraucht, kann so etwa 10 Euro im Jahr sparen.
b Fazit: Kleines Plus für alle Verbraucher!
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