Berliner Zeitung - 21.09.2019

(Ron) #1

Schönes Wochenende


Berliner Zeitung·Nummer 220·21./22. September 2019 (^19) ·························································································································································································································································································
Winterkürbissuppe
KOCHSTUNDE
N
agut,Winteristesnunwirklichnochnicht.AberdieSom-
mersachenwerdengeradelangsamdurchMäntelundJa-
ckenersetzt,indiemansichindenkühlerwerdendenherbst-
lichenMorgenallzugerneschmiegt.Undsomitwirdesauch
Zeitfüretwas,wasdiesefrühherbstlicheZeitbesondersschön
macht:Suppen!NichtsbietetsichdabesseranalsderKürbis,
dessenSaisonnunbeginnt.In„SeelenwärmerSuppen“(Dor-
lingKindersley,16,95Euro)findetmanweitereverflüssigte
VersionenvonGemüsewiedieseundaußerdemvietnamesi-
schePhos,FischsuppenundGazpachos,vondeftigbiscremig
leicht.(sap.)
RezeptderWoche
DORLING KINDERSLEY
Zutaten
50gButter,
2Zwiebeln,gehackt
2Knoblauchzehen,feingehackt
1kleinerHokkaidokürbis,entkerntundfeingewürfelt
1/2Butternutkürbis,geschält,entkerntundfeingewürfelt
1,5lGemüsefond
2Steinpilze,indünneScheibengeschnitten
200gSchlagsahne
MeersalzundfrischgemahlenerschwarzerPfeffer
ZumGarnieren:frischgehacktePetersilie,Thymianblätter,
Trüffelöl,zumBeträufeln(nachBelieben)
Zubereitung
DreiViertelderButterineinemgroßenTopfzerlassen.Zwie-
beln,KnoblauchundKürbisfruchtfleischdarinweichdüns-
ten.DenGemüsefondzugießenundaufkochen.DieTem-
peraturherunterschaltenundalles15Minutenköcheln,bis
dieKürbiswürfelgarsind.DenTopfvomHerdnehmenund
dieSuppemiteinemStabmixerpürieren.DierestlicheBut-
terineinerPfannezerlassenunddiePilzedarinbeischwa-
cherHitzeeinigeMinutendünsten,bissieweichsind,ohne
Farbeanzunehmen.DiePilzezurSuppegebenunddie
Sahneeinrühren.MitSalzundPfefferabschmecken.Die
Suppeauf Suppenschalenverteilen,mitPetersilieundThy-
mianbestreuenundnachBeliebenmitetwasTrüffelölbe-
träufeln.
Gewerbeflächen inWest-Berlin leer.
Künstler entdeckten die alteFabrik
und konnten große Räume günstig
vonder Wohnungsbaugesellschaft
Gesobau mieten. Viele andere
Künstler folgten und engagierten
sichfürdieHöfe.
VonAnfanganwaresihnenwich-
tig,gemeinsamzuarbeitenundeine
offeneAtelierkulturzuleben.Sieha-
ben dieGerichtshöfe zu einem Ort
des lebendigen Austauschs für
Nachbarn, Künstler undKunstbe-
geistertegemacht.AmWochenende
haben Siedie Möglichkeit, in den
WeddingerKunstkosmos einzutau-
chen.
Vordem Besuch lohnt einSpa-
ziergangdurchdenVolksparkHum-
boldthain, der mit einemRosengar-
ten, baumreichenWegen undruhi-
gen Alleen alsGartendenkmal ge-
schützt ist.Dererste Spielplatz, der
je in einemBerliner Park gebaut
wurde ,befandsichdort. Videoinstallation vonPeter Welz PETER WELZ „Alles immer“, einWerk desFotografen Jan von Holleben (Ausschnitt) JAN VON HOLLEBEN
TIPPS
Was:Kunst in den Gerichtshöfen,
69 Künstler öffnen ihre Ateliers.
Besucher erhalten Einblick in die
Bereiche Malerei, Zeichnung,Illustration,
Fotografie, Druckgrafik, Installation,
Klangkunst, Skulptur,Bildhauerei,
Schmuckdesign und Keramik
Wann:Sa 16–24 Uhr,So13–18 Uhr
Wo:Zugang über Gerichtstraße 12 bis
13 undWiesenstraße 62,Wedding
Führungen:Die kostenlosen Atelier-
Führungen starten am Info-Stand im
mittleren Hof amAufgang 2.
Informationenuntergerichtshoefe.de
STADT, LAND, MENSCH
Hinter
dem
Glitzer
S
iegehörtzudenschillern-
den Figuren der Berliner
Kulturszene–undsorgtnun
im „Wintergarten“ in der
Potsdamer Straße für Glamour:
SheilaWolf,BerlinsBurlesque-Köni-
gin,versammelt am Wochenende
wieder Stars der internationalen
Varieté-Szeneindemaltehrwürdi-
genTheater.UnterSheilasGlitzer-
KostümstecktWolfTeichert(50)–
einBerliner,dersogarnichtinsübli-
cheSchemaderTravestie-Szenepas-
senwill.Dennim Gegensatzzuvie-
lenanderenMännern,dieinFrauen-
kleider steigen, istTeichertnicht in
der queeren Szene derHauptstadt
verwurzelt:Erlebtheterosexuell,hat
eineFrauundeinKind.„MeineGat-
tin war zuerst etwas geschockt, als
ichmitmeinerKunstbegann–aber
meine Tochter kennt es nicht an-
ders“,sagter.
Alles begann, als es ihmvorJah-
rennicht mehrreichte,ins einer
Werbeagentur nur Mitarbeiter zu
verwalten.„Ichwollteetwasanderes
machen und hatte immer einen
Hangzum Verkleiden“,sagter.Alser
über Dragqueens las,kam die Idee.
„Ich verk leidete mich, schminkte
michundgingsoaufeineParty.“Die
Reaktionenwarendurchwegpositiv.
Schon bald wurde er alsSheila für
Bühnen-Shows engagiert, aus dem
Spaß wurde einJob, aus demMann
imKleideineVarieté-Größe.
An diesemWochenende insze-
nierterz um zehnten Maldie„Vau-
devilleVariety Burlesque Revue“ im
Wintergarten. Bühnen-Künstler aus
derganzenWeltsindzuBesuch,dar-
unter Burlesque-Stars aus Amerika,
ein Messerwerfer-Duo ausEngland,
Handstand-undPoledance-Akroba-
ten.„Ich hätte nicht daran gedacht,
dassichmitderShow,dieals Experi-
ment imKeller des Admiralspalasts
begann, mal einzehnjährigesJubi-
läum feiere“, sagt er.Teichertselbst
ist Gastgeber –natürlich alsSheila!
DieVerwandlung zurFrau dauert
drei Stunden, dieGarderobe platzt
aus allen Nähten. „Und ich habe
mehr Schuhe als meineFrau“, sagt
er.„Manchmal meckertsie,aber al-
lesinallemistsieinzwischenpositiv
eingestellt.“AmAnfanghabesiesich
gefragt,waswohldieNachbarnden-
kenkönnten.„Aberichhabemiraus
der Meinung anderer nie viel ge-
macht“,sagtTeichert. Erkämpftmit
LeidenschaftgegendasSchubladen-
denken.„Ichweiß, dass es vieleHe-
tero-Männer gibt, die das gernein-
malausprobierenwürden,sichaber
nicht trauen,weil sie Angst haben,
alsschwulabgestempeltzuwerden.“
DenGegenwind müsse man über-
winden.„WennichdenSchrittnicht
gewagthätte,hätteichvielverpasst!“
Allzu nacktes Auftreten mag
Teicherts Fraunicht,dochgeradedas
ist Sheilas Markenzeichen.Teichert
entwickelte eineKostümtechnik, die
VonFlorianThalmann
Nacktheit vorg aukelt, eine zweite
Haut aus Stoff. „Darum, dass es so
realistisch aussieht, beneiden mich
viele.Bisher gibt es nurSilikon-An-
züge,ind enen man es höchstens
zehn Minuten aushält.“DieSchat-
tenseite der perfekten Kostüme:
Sheila wirdimmer wieder be-
grapscht.„Und es kommt zu Anzüg-
lichkeiten, die befremdlich sind.Ich
habeRespektvorFrauen,weilichim-
mer denke:Diemüssen das ständig
ertragen“,sagtTeichert.
Nicht jeder ist beim Anblickvon
Travestie verzückt, auch nicht im li-
beralen Berlin. Teicherthat sich als
Sheila schon Beleidigungen und
Drohungen anhören müssen. „Zu
Veranstaltungen fahreich nicht
mehr öffentlich, dieKonfrontation
ist mir zu anstrengend.“Unterkrie-
genlässtersichdavonabernicht,im
Gegenteil: Auch anderen rät er,mal
in die Kostümkiste zu greifen. „Wer
in eine andereRolle schlüpft, kann
viel Mut, Stärke undSelbstbewusst-
seingewinnen.“
VaudevilleVariety Burlesque Revue 10
imWintergarten, PotsdamerStraße 96,
Schöneberg.Sa23Uhr,So19Uhr.Weitere
Informationen untervaudeville-variety.com
WolfTeichert
verwandeltsichregelmäßig
inSheilaWolf,
BerlinsBurlesque-Königin.
Im„Wintergarten“bringter
andiesemWochenende
dieStarsderinternationalen
Varieté-Szenezusammen
Mit einemFaible fürsVerkleiden:Wolf Teichert, 50 Jahre alt undFamilienvater. BERLINER ZEITUNG/MARKUS WÄCHTER
Sheila ist die Gastgeberin der „VaudevilleVariety Burlesque Revue“. FEISTY CAT PHOTOGRAPHY

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