Kapitel 12 | Event-Fotografie 233
Antwort. Das ist eine meiner Hauptdevisen. Ich versuche immer, nett und
höflich zu allen Beteiligten zu sein. Das erspart einem Ärger und öffnet so
manche Tür, die sonst verschlossen bliebe.
Diese Höflichkeit sollte allerdings auch für den Kollegen neben mir im
Graben oder vor der Bühne selbstverständlich sein. Nicht nur, dass man
„Kollege“ ist, es stört auch ungemein, wenn ewig ein Kopf oder ein Objek-
tiv vor der eigenen Linse vorbeihuscht. Rücksichtnahme und Fairness
sollten hier geboten sein. Sicherlich kann man die Fotografen verstehen,
die schnell noch ein weiteres Bild für die Zeitung oder das Magazin erha-
schen wollen, jedoch sollte man nicht vergessen, dass eben nur ein oder
zwei Bilder wirklich an die Presse gehen und gedruckt werden. Wer es
nicht schafft, während der ersten drei Lieder ein paar brauchbare Bilder zu
schießen, sollte besser bei kleineren Konzerten mehr Praxis sammeln.
Neben einer hochwertigen Ausrüstung, einer schnellen
Kamera, die auch in hohen ISO-Bereichen rauscharm sein
sollte, sollten sehr lichtstarke Objektive verwendet werden.
Was absolut gar nicht geht und auch meist unerwünscht
ist, sind Blitze auf den Kameras. Ein Einbeinstativ hilft hier
und da bei langen Brennweiten oder bei dunkler Szenerie,
da hier die Belichtungszeiten schon mal an die 1/30 Sekun-
de oder länger werden können. Auch hilft das Einbeinstativ,
um von „oben“ fotografieren zu können, was mit Weitwin-
kel schon sehr cool aussehen kann. Der Kreativität ist keine
Grenze gesetzt.
Für meinen Teil bearbeite ich die Bilder nur auf das Nötigs-
te, nämlich in Bezug auf den Schnitt und kleine störende
Elemente, wie grobe Hautunreinheiten, bei denen der
Künstler nicht so gut abschneidet. Lampen, Strahler und
Ähnliches bleiben im Bild. Der Lichttechniker oder der
Bühnenbauer/Lichtdesigner werden sich schon was dabei
gedacht haben, gerade da den Spot hinzuhängen, und mir
steht es nicht zu, deren Arbeit infrage zu stellen.
Konzertfotografie macht Spaß, aber sie ist auch sehr, sehr
anstrengend und stellt hohe Ansprüche an die Ausrüstung
und den Fotografen. Sieht ein Fan oder ein Kunde das Foto
und erkennt sofort, wann und in welcher Stimmung das
Bild aufgenommen wurde, fühlt er sich in diesen Augen-
blick zurückversetzt. Dann habe ich ein gutes Bild geschos-
sen.“
Die Bühnenbeleuchtung, die Emotion des Sän-
gers und die Einbeziehung des Instruments
machen das Foto von Jason Darr von der
Band „Neurosonic“ aus. Kamera: Canon EOS
5D mit 70-200 mm f/2.8er Objektiv – Belich-
tungszeit 1/320 Sek. bei f/2.8 – Brennweite 90
mm – ISO 1600. Foto: Torsten Brandt
(www.foto-brandt.de)