MF-MT

(Darren Dugan) #1
Kapitel 2 | Das fotografische Sehen 13

Daneben quillt das Internet über von Bildern berühmter und weniger
berühmter Fotografen, guten wie schlechten. Schauen Sie sich ganz
bewusst jeden Tag ein paar Fotos an. Stellen Sie fest, warum Ihnen ein
Foto besonders gut gefällt, wie der Autor also erreicht hat, dass Sie das
Bild länger anschauen, sich mit ihm auseinandersetzen. Drucken Sie das
Foto vielleicht sogar aus und machen Sie sich Notizen, welche Aspekte Sie
besonders gelungen finden. Lesen Sie auch Kommentare der Betrachter
oder Anmerkungen des Fotografen zu dem Bild und trauen Sie sich ruhig
nachzufragen, warum und wie ein bestimmter gestalterischer Aspekt des
Fotos entstanden ist. People-Fotografen sind in der Regel eher extrover-
tierte Menschen, die gerne kommunizieren. Also werden Sie auch Antwor-
ten bekommen, wenn Sie nett nachfragen.


Aber achten Sie auch besonders auf Fotos, die Ihnen nicht gefallen oder
misslungen erscheinen. Analysieren Sie genau, was Ihnen falsch erscheint,
und vergleichen Sie Ihre Meinung mit anderen Kommentaren zu dem
Foto. So lernen Sie schnell aus den Fehlern anderer. Über all das dürfen
Sie aber eines nicht vergessen: Ein Foto ist neben allem Technischen und
Gestalterischem vor allem eines: Geschmackssache.


Das heißt, dass Sie zu Ihrem eigenen Stil finden müssen und Ihre persönli-
che Sicht der Dinge nicht verbiegen, um der Masse zu gefallen. Und auch
nicht alle fotografischen Regeln, Grund- und Merksätze anwenden müs-
sen, wenn Ihnen das Ergebnis nicht gefällt.


Sehen Sie die Welt durch den Sucher


Auch oder gerade wenn Sie sich auf Menschenfotografie spezialisiert
haben oder konzentrieren möchten, nehmen Sie Ihre Kamera überall hin
mit. Zumindest einmal für den Anfang. Sie werden sehen, alleine der Vor-
satz zu fotografieren reicht aus, um die Dinge im wahrsten Sinne des Wor-
tes in einem anderen Licht oder aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Nichts trainiert Ihr Sehen mehr. Und vielleicht machen Sie ganz nebenbei
noch ein paar tolle Street-Fotografien. Belasten Sie sich aber nicht mit
Ihrer gesamten Ausrüstung, die Kamera und ein Normalobjektiv reichen
dafür völlig aus.


Betrachten Sie auch Ihre Mitmenschen beim gemeinsamen Plausch unter
dem Aspekt des Fotografen. Sie werden plötzlich feststellen, dass das
Gesicht Ihrer besten Freundin oder Ihres besten Freundes zwei völlig ver-
schiedene Seiten hat, und eventuell auch ein Muttermal entdecken, das Sie
noch nie zuvor bemerkt haben, weil es einfach zu dem Menschen gehört.

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