Alle ausser mir

(Jeff_L) #1

»Aber ganz ruhig«, fährt der Mann fort. »Noch weiß niemand davon,
obwohl es bereits vergangenen Mai passiert ist. Wir hatten also genug Zeit,
die Dinge zu ordnen, bevor die Nachricht rausgeht. Und hier brauchen wir
deine Hilfe.«
Piero fühlt, wie ihm ein heißer Schrecken durch die Glieder fährt, sich
seine Armhärchen aufstellen. Denn ihm ist klar, was auch immer der Mann
jetzt sagt, es wird gruselig.
»Wenn die Sache rauskommt, und irgendwann wird sie so oder so
rauskommen, müsst ihr im Außenministerium die offizielle Version
bestätigen.«
»Die da lautet?«
»Dass der Ministerpräsident deshalb eingegriffen hat, weil es sich um
eine Angelegenheit internationaler Beziehungen handelte. Er glaubte
nämlich, bei der jungen Frau handele es sich um die Nichte des ägyptischen
Premiers Mubarak.«
»Was soll das heißen, Nichte?«
»Wie, was soll das heißen? Eine Verwandte. Eigen Fleisch und Blut.«
»Ist sie das denn?«
»Natürlich nicht.«
Piero kneift die Augen zusammen, als koste es ihn große Anstrengung,
sich zu konzentrieren. »Ich verstehe immer noch nicht.«
Die Stimme aus dem Handy bekommt einen dozierenden Tonfall. »Also.
Die Verteidigung wird sich auf den Fakt stützen, dass er überzeugt davon
war, dass sie es wirklich ist. Mubaraks Nichte, meine ich. Und daher im
besten Glauben gehandelt hat. Und, wie gesagt, ihr vom Außenministerium
müsst bestätigen, dass auch ihr nach den euch vorliegenden Informationen
davon überzeugt wart.«
Dass alle geschlossen hinter dieser Version stehen, erklärt der Bekannte,
davon wird das Überleben nicht nur des Premiers, sondern der Regierung und
der Partei abhängen, kurz dieses auf Jahrzehnte angelegten politischen
Projekts, das nicht wegen einer Dummheit (so nennt er es) auf den
Müllhaufen der Geschichte geworfen werden darf. Und Silvio, fügt er hinzu,
scheint sehr an diesem Mädchen zu hängen, daher das verrückte Risiko, das
er für sie eingegangen ist. Dann kichert er im Vorgriff auf das, was er gleich
sagen wird. Und während Piero sein gemeinsames Leben mit Ilaria vor
seinen Augen zerstieben sieht wie eine Fata Morgana in einer Wüste aus

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